“ … II.
9 Die [Sprung-] Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das VG hat die angefochtenen verkehrsrechtlichen Verfügungen mit Recht aufgehoben. Die Durchfahrverbote waren, soweit sie durch Verkehrszeichen umgesetzt wurden, rechtswidrig, weil sie nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht wurden (1.). Auch die mit der Korridorregelung bezweckten Ausnahmen wurden nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht; zudem war die Korridorregelung zu unbestimmt (2.). Danach kann es der Revision nicht mehr zum Erfolg verhelfen, dass das VG das Vorliegen der Voraussetzungen für verkehrsbeschränkende Maßnahmen nach § 45 Abs. 9 S. 3 StVO zu Unrecht verneint hat (3.).
10 1. Soweit die angegriffenen Durchfahrverbote durch Verkehrszeichen umgesetzt wurden, waren sie rechtswidrig, weil sie nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden sind. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts genügte die Bekanntgabe nicht den Anforderungen an die Erkennbarkeit der Regelung, die nach dem Sichtbarkeitsgrundsatz für Verkehrszeichen gelten. Das ergibt sich schon aus der Zahl der verwendeten Verkehrszeichen; die Regelung umfasste das Zeichen 253 sowie vier Zusatzzeichen. Hinzu kommt, dass das Zusatzzeichen, mit dem die Zufahrt zum Landkreis Ansbach bzw. zu den Landkreisen Ansbach und Donau-Ries freigegeben werden sollte, nicht ohne Rückgriff auf Hilfsmittel erfasst werden konnte.
11 a) Da Verkehrszeichen sofort befolgt werden müssen (vgl. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwGO), muss eine durch das Aufstellen von Verkehrszeichen bekannt gegebene Regelung klar und eindeutig sein. Verkehrszeichen sind deshalb nach dem Sichtbarkeitsgrundsatz so aufzustellen oder anzubringen, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon “mit einem raschen und beiläufigen Blick’ erfassen kann. Unter dieser Voraussetzung äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht (st. Rspr, vgl. u.a. Urt. v. 11.12.1996 BVerwG 11 C 15.95 [zfs 1997, 196 =] BVerwGE 102, 316 <318>; BGH, Urt. v. 8.4.1970 III ZR 167/68 NJW 1970, 1126 f., jeweils m.w.N.).
12 Dementsprechend wird in Abschnitt III Nr. 11 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung vom 22.10.1998 (VwV-StVO) vorgegeben, dass Häufungen von Verkehrszeichen zu vermeiden sind. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass die Bedeutung von Verkehrszeichen bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit zweifelsfrei erfassbar sein muss. Da mehr als drei zugleich angebrachte Verkehrszeichen die individuelle Wahrnehmbarkeit überschreiten, sie die Reaktion verzögern und dadurch gefährdend wirken können (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl. 2007, § 39 StVO Rn 36 m.w.N.), dürfen gem. Abschnitt III Nr. 11 Buchst. a VwV-StVO am gleichen Pfosten oder sonst unmittelbar über- oder nebeneinander nicht mehr als drei Verkehrszeichen angebracht werden. Auch Zusatzzeichen sind gem. § 39 Abs. 2 S. 2 StVO Verkehrszeichen. Abschnitt III Nr. 17 Buchst. b S. 1 VwV-StVO regelt, dass mehr als zwei Zusatzzeichen an einem Pfosten, auch zu verschiedenen Verkehrszeichen, nicht angebracht werden sollen. Bei diesen durch Verwaltungsvorschrift getroffenen Regelungen handelt es sich zwar nicht um Rechtsvorschriften, doch binden sie die nachgeordneten Behörden und sind auch für die gerichtliche Entscheidung eine Auslegungshilfe.
13 Danach ergibt sich hier ein Verstoß gegen die Anforderungen des Sichtbarkeitsgrundsatzes bereits aus der Vielzahl der gleichzeitig verwendeten Verkehrszeichen. Die angegriffenen Verkehrsverbote wurden durch eine Kombination aus fünf Einzelzeichen, nämlich dem Zeichen 253 und vier Zusatzzeichen umgesetzt. Bei dieser Vielzahl war das Gebot einer raschen und zuverlässigen Erfassbarkeit der Regelung nicht mehr erfüllt.
14 Zwar sieht bereits § 41 Abs. 2 Nr. 6 S. 5 StVO selbst die Ergänzung des Zeichens 253 um zwei Zusatzzeichen vor (“Durchgangsverkehr’; “12 t’), so dass schon für die Grundregelung drei Verkehrszeichen erforderlich sind. Angesichts dessen wird ein weiteres Zusatzzeichen, das wie die zeitliche Begrenzung des Durchfahrverbots (“22 – 6 Uhr’) rasch erfasst werden kann, noch hinzunehmen sein. Die Grenze des Erfassbaren wird aber durch das vierte Zusatzzeichen überschritten. Dieses vierte Zeichen (“B 25 Zufahrt Landkreise Ansbach und Donau-Ries frei’ bzw. “B 25 Zufahrt Landkreis Ansbach frei’) lässt sich ohnehin nicht auf einen Blick erfassen, sondern muss erst verstanden werden.
15 Entgegen der Ansicht des VG konnte dem Gebot einer sofortigen Erkennbarkeit und Erfassbarkeit der Verkehrszeichen nicht dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass die Durchfahrverbote vorab durch Hinweiszeichen angekündigt wurden. Die eingesetzten Vorwegweiser wiesen dieselbe Zahl von Einzelzeichen auf, sie enthielten darüber hinaus sogar noch weitere Zusatzzeichen. Damit war aber auch hinsichtlich dieser Vorwegweiser die nach dem Sichtbarkeitsgrundsatz erforderli...