StPO 68 b; RVG § 7; VV RVG Nr. 1008; Vorbem. 4 Abs. 1
Leitsatz
1) Wird in einem Strafverfahren ein Rechtsanwalt gem. § 68 b StPO mehreren Zeugen beigeordnet, so ist seine Tätigkeit nach § 7 i.V.m. Nr. 1008 RVG unter Erhöhung der Verfahrensgebühr zu vergüten.
2) Dem einem Zeugen beigeordneten Rechtsanwalt stehen die in Teil 4 (Strafsachen) Abschnitt 1 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG bestimmten Gebühren eines Verteidigers zu.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.9.2009 – III-4ws 322/09
Sachverhalt
Im Laufe der Hauptverhandlung vor dem LG Duisburg ordnete der Vorsitzende der Strafkammer zwei Zeugen, die vernommen wurden, RA E. gem. § 68b StPO als Zeugenbeistand bei. Nach Beendigung seiner Tätigkeit hat RA die Festsetzung von 2 × 980,79 EUR beantragt. Nach Erinnerungen des RA und des Bezirksrevisors gegen die Festsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle hat der Einzelrichter des LG lediglich 401,96 EUR festgesetzt, im Wesentlichen eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4301 VV RVG i.H.v. 168 EUR nebst Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG zuzügl. Auslagen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des RA hatte teilweise Erfolg.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „… II. 1. Zutreffend geht der Einzelrichter der Strafkammer von einer einheitlichen Festsetzung der Vergütung aus, obwohl der Rechtsanwalt für zwei Zeugen, denen er beigeordnet wurde, tätig geworden ist. Dies folgt aus der Regelung in § 7 Abs. 1 RVG. Danach erhält der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal, wenn er In derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig geworden ist.
Vorliegend wurde der Rechtsanwalt zwar nur durch einen Auftraggeber beauftragt, jedoch im Interesse für verschiedenen Personen; dies steht der Regelung des § 7 RVG mit der Möglichkeit der Gebührenerhöhung nach § 7 Abs. 2 RVG gleich; denn die Beauftragung durch das Gericht für mehrere Zeugen im Rahmen einer Beiordnung kann gebührenrechtlich nicht anders zu behandeln sein als eine unmittelbare Beauftragung durch die Zeugen selbst. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist entgegen dem Wortlaut darauf abzustellen, wem die Beauftragung nützt (Hartmann, KostG, 39. Aufl., § 7 RVG Rn 4). Es ist i.S.v. § 7 RVG also von einer Beauftragung durch mehrere auszugehen.
Die Beauftragung des Rechtsanwalts erfolgte im Rahmen derselben Angelegenheit; dem steht nicht entgegen, dass die einzelnen Gegenstände, für die der Rechtsanwalt tätig geworden ist, verschieden sind (vgl. hierzu Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl., § 7 Rn 20).
Vorliegend handelt es sich um ein Strafverfahren mit einem einheitlichen Aktenbestand. Ein Rechtsanwalt, der in einem Strafverfahren mehrere Zeugen vertritt, wäre ohne sachlichen Grund bevorzugt, wenn er anders als ein Verteidiger für seine Einarbeitung in den Fall mehrfach entlohnt würde.
Insgesamt sind mithin auf der Grundlage des § 7 RVG einheitliche Gebühren festzusetzen (ebenso OLG Koblenz JurBüro 2005, 589; Hartmann, a.a.O., 1008 VV Rn 15; a.A. Gerold/Schmidt/Madert/v. Eicken/Müller-Rabe, 17. Aufl., 1088 VV Rn 151).
Gem. Nr. 1008 VV RVG tritt zwar für die zweite Angelegenheit, für die der Rechtsanwalt tätig geworden ist, also hier der Beistand für einen weiteren Zeugen, eine Erhöhung um 30 % ein, nach dem Wortlaut jedoch allein für die Verfahrensgebühr, hingegen nicht auch für andere Gebühren, etwa die Grund- und die Terminsgebühr (vgl. OLG Koblenz a.a.O.).
2. Dem einem Zeugen beigeordneten Rechtsanwalt stehen die in Teil 4 (Strafsachen) Abschnitt 1 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG bestimmten Gebühren eines Verteidigers zu. Dies ergibt sich aus der hierzu ergangenen Vorbemerkung 4 Abs. 1. Danach sind ausdrücklich die Vorschriften über die Gebühren eines Verteidigers für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts als Beistand eines Zeugen entsprechend anwendbar.
Dies entspricht auch dem erklärten Willen des Gesetzgebers, wie er in der Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 11.11.2003 niedergelegt ist. Danach soll einer stärkeren Stellung des Opfers im Strafverfahren Rechnung getragen werden; neu sei, dass der Rechtsanwalt auch im Strafverfahren als Beistand eines Zeugen die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger erhalten solle (BT-Drucks 16/1971, 220).
Es besteht kein Grund, von der nach dem gesetzlichen Wortlaut klaren und vom Gesetzgeber so auch gewollten Regelung abzuweichen. Insbesondere liegt in der Beistandsleistung für einen Zeugen keine Tätigkeit, die gem. Nr. 4301 Nr. 4 VV RVG als Einzeltätigkeit zu vergüten wäre. Anders als in der oben dargestellten Vorbemerkung 4 Abs. 1 wird die Leistung des Rechtsanwalts als Beistand für einen Zeugen nicht ausdrücklich angesprochen; auch in der Entwurfsbegründung hierzu (BT-Drucks 15/1971, 230) findet sie keine Erwähnung. Mithin ist eine derartige – reduzierte – Vergütung vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht gewollt.
Die Gleichstellung eines Zeugenbeistandes mit einem Verteidiger ist auch sachgerecht. Gleich einem Verteidiger muss sich der Beistand umfassend über das Verfahren informieren, in dem der Zeuge aussagen soll. Er muss prüfen, inwieweit der Z...