ZPO §§ 91, 104, 404,406; VV RVG Nr. 3500
Die 0,5 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3500 VV RVG, die dem beauftragten Rechtsanwalt für seine Tätigkeit im Beschwerdeverfahren betreffend die Ablehnung eines Sachverständigen zusteht, gehört zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits.
OLG Celle, Beschl. v. 7.6.2010 – 2 W 147/10
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hörte das LG Lüneburg den zuvor gerichtlich bestellten Sachverständigen an. Hieraufhin lehnte der Kläger den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das LG erklärte das Ablehnungsgesuch für unbegründet. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers hat das OLG Celle "auf Kosten" des Klägers zurückgewiesen. Der im Beschwerdeverfahren durch seinen Prozessbevollmächtigten vertretene Beklagte hat eine 0,5 Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV RVG nebst Postentgeltpauschale und Umsatzsteuer zur Festsetzung angemeldet. Die Rechtspflegerin des LG hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens antragsgemäß festgesetzt. Die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers hat das OLG Celle zurückgewiesen.
Aus den Gründen:
Die Rechtspflegerin hat zwar mit einer unzureichenden Begründung, aber jedenfalls im Ergebnis zu Recht die beantragten Rechtsanwaltsgebühren für das durchgeführte Beschwerdeverfahren festgesetzt. Den Beklagten sind Rechtsanwaltskosten in Form einer 0,5 Verfahrensgebühr im Beschwerdeverfahren vor dem OLG erwachsen, die als notwendige Kosten des Rechtsstreits festsetzungsfähig sind.
1. Zwar gehört die Ablehnung von Richtern und Sachverständigen gem. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RVG zu den Neben- oder Abwicklungstätigkeiten eines Rechtszuges oder des Verfahrens, so dass ein gesonderter Gebührenanspruch des Rechtsanwalts nicht besteht (vgl. Gerold/Schmidt/MüllerRabe, RVG, 18. Aufl., § 19 Rn 2). Dies gilt jedoch nur für das Ablehnungsverfahren als solches, nicht aber für das Beschwerdeverfahren. Hier entspricht es ganz herrschender Meinung, dass dem Anwalt ein Anspruch auf Erstattung einer 0,5 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3500 VV RVG erwächst (vgl. Gerold/Schmidt/MüllerRabe, a.a.O., Rn 52. Schneider/Wolf/Mock, RVG, 5. Aufl., § 19 Rn 53). Eine Erstattung kommt indes nur dann in Betracht, wenn der Anwalt mit der Vertretung der Partei im Beschwerdeverfahren beauftragt worden ist. Anhaltspunkte dafür, dass dies vorliegend nicht der Fall gewesen ist, bestehen nicht. Ungeachtet dessen ist nach der Rspr. des Bundesgerichtshofs (NJW 2005, 2233, 2234) in der Regel von einer Auftragserteilung auszugehen, wenn der Anwalt die Partei im Hauptsacheverfahren vertritt. Der Kläger hat eine Auftragserteilung auch nicht in Abrede gestellt.
2. Die entstandenen Kosten zählen auch zu den erstattungsfähigen notwendigen Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 ZPO.
Die Notwendigkeit kann nicht mit der Erwägung verneint werden, dass es sich bei der Sachverständigenablehnung genauso wie bei der Richterablehnung um ein nicht kontradiktorisches Verfahren handele, bei dem eine Kostenerstattung nur dann in Betracht komme, wenn der Prozessgegner zur Stellungnahme aufgefordert oder von sich aus aktiv am Beschwerdeverfahren beteiligt war (vgl. Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 16.7.2008, – 12 W 15/08 –, zitiert nach juris, Rn 15, sowie MDR 2002, 1092 = OLGR 2002, 370 ff.)
Der BGH hat mit Beschl. v. 6.4.2005 (NJW 2005, 2233) für das Richterablehnungsverfahren gem. §§ 46 ff. ZPO entschieden, dass das Richterablehnungsverfahren kein auf das Verhältnis zwischen der ablehnenden Partei und dem Gericht beschränktes Verfahren sei, weil die Entscheidung darüber, ob der zuständige Richter zur Entscheidung berufen sei, nicht nur die Interessen der ablehnenden Partei berühre. Ihrem Recht auf Bereitstellung eines unparteiischen Richters stehe der Anspruch des Gegners auf den gesetzlichen Richter gegenüber, der bei Ersetzung eines tatsächlich nicht befangenen Richters verletzt werde. Demgemäß sei beiden Parteien rechtliches Gehör zu gewähren, woraus auch folge, dass der Gegner der ablehnenden Partei Beteiligter des Ablehnungsverfahrens sei. Die Rechtsanwaltskosten der gegnerischen Partei seien daher festsetzungsfähig.
Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für das Sachverständigenablehnungsverfahren gem. § 406 ZPO. Auch wenn umstritten ist, wer wann zu einem Ablehnungsgesuch anzuhören ist (vgl. Musielak/Huber, ZPO, 7. Aufl., § 406 Rn 17), kann ein Anspruch der gegnerischen Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs im Ablehnungsverfahren nicht generell verneint werden. Ein solches Recht ist in jedem Fall dann zu bejahen, wenn das Gericht beabsichtigt, der Ablehnung stattzugeben (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 406 Rn 12). In diesem Zusammenhang darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Sachverständige die Stellung eines neutralen Richtergehilfen bzw. Beraters des Tatrichters hat (vgl. Musielak/Huber, a.a.O., § 406 Rn 1), der durch seine Feststellungen maßgeblichen Einfluss auf den Prozessverlauf hat. Schon aus diesem Grunde ist ein schützenswerte...