[6] “… 1. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des BG, dass dem Geschädigten ein Schadensersatzanspruch gegen den Bekl. gem. § 823 Abs. 1 BGB und gem. § 823 Abs. 2 BGB, § 223 Abs. 1, § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB zusteht. Die Revision nimmt weiter hin, dass das BG die Voraussetzungen für die Leistungspflicht des klagenden Landes gem. § 1 Abs. 1 S. 1 OEG angenommen hat.
[7] 2. Mit Erfolg rügt die Revision aber, dass das BG eine analoge Anwendung des § 116 Abs. 6 SGB X auf den Forderungsübergang gem. § 5 Abs. 1 OEG, § 81a Abs. 1 S. 1 BVG abgelehnt hat.
[8] In der Literatur wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass das Familienprivileg des § 116 Abs. 6 SGB X auch in diesem Fall gilt (Dahm, Die Sozialversicherung 2002, 119, 121; Fehl, in: Fehl/Förster/Leisner/Sailer, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl., § 81a BVG Rn 4; Geigel/Plagemann, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kapitel 30 Rn 156; Heinz, OEG, 2007, Teil F Rn 36 f.; Rohr/Sträßer/Dahm, Bundesversorgungsrecht mit Verfahrensrecht, 6. Aufl., § 81a BVG Anm. 4 [Stand: Dezember 2006]; vgl. Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 34 Rn 19, wonach entweder § 116 Abs. 6 SGB X oder § 86 Abs. 3 VVG analog anzuwenden sei; a.A. Doering-Striening, Die Versagung von Opferentschädigungsleistungen gem. § 2 Abs. 1 OEG, 1988, S. 327 ff.).
[9] Diese Ansicht ist zutreffend.
[10] a) Im Ausgangspunkt ist zu beachten, dass die Anwendung des Familienprivilegs bei der Geltendmachung von Regressansprüchen aufgrund erbrachter Versicherungsleistungen oder der Leistungen sonstiger Drittleistungsträger auf einem allgemeinen Rechtsgedanken beruht (vgl. Senatsurt. v. 21.9.1976 – VI ZR 210/75, VersR 1977, 149, 150; Greger, a.a.O., § 32 Rn 73; vgl. auch Verkehrsgerichtstag 2007 in Goslar, Arbeitskreis 1, Empfehlung 1). Dieser fand seinen Ausdruck zunächst nur in § 67 Abs. 2 des Gesetzes v. 30.5.1908 über den Versicherungsvertrag (RGBl S. 263; VVG a.F.). Eine entsprechende Regelung fehlte im Sozialversicherungsrecht, solange der den Regress ermöglichende Forderungsübergang in § 1542 RVO geregelt war. Gleichwohl hat der erkennende Senat entschieden, dass dieser Forderungsübergang bei Schädigungen unter Familienangehörigen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Versicherten leben, durch den Schutzzweck der Versicherungsleistung in der Art des § 67 Abs. 2 VVG a.F. ausgeschlossen ist und dass dieser Ausschluss für alle Zweige der Sozialversicherung gilt (Senatsurt. v. 11.2.1964 – VI ZR 271/62, BGHZ 41, 79, 82 ff.; v. 14.7.1970 – VI ZR 179/68, BGHZ 54, 256, 257 f.; v. 5.12.1978 – VI ZR 233/77, 1979, 256, 257; v. 15.1.1980 – VI ZR 270/78, VersR 1980, 644; v. 15.1.1980 – VI ZR 181/78, VersR 1980, 526, 527). Sinn und Zweck des § 67 Abs. 2 VVG a.F. war, zu verhindern, dass der VN durch einen Rückgriff gegen einen in seiner häuslichen Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen selbst in Mitleidenschaft gezogen wird. Dabei ist davon auszugehen, dass die in häuslicher Gemeinschaft zusammenlebenden Familienangehörigen meist eine gewisse wirtschaftliche Einheit bilden und dass bei der Durchführung des Rückgriffs der Versicherte im praktischen Ergebnis das, was er mit der einen Hand erhalten hat, mit der anderen wieder herausgeben müsste. Zugleich soll im Interesse der Erhaltung des häuslichen Familienfriedens verhindert werden, dass Streitigkeiten über die Verantwortung von Schadenszufügungen gegen Familienangehörige ausgetragen werden (vgl. Senatsurt., v. 11.2.1964 – VI ZR 271/62, BGHZ 41, 79, 83; v. 12.11.1985 – VI ZR 223/84, VersR 1986, 333, 334; v. 1.12.1987 – VI ZR 50/87, BGHZ 102, 257, 259 f.; BGH, Urt. v. 30.4.1959 – II ZR 126/57, BGHZ 30, 40, 45 unter Hinweis auf die amtl. Begründung zu § 67, RT-Drucks., 11. Legislaturperiode, II. Session Nr. 22, S. 127, abgedr. bei Gerhard/Hagen, VVG S. 312; v. 22.4.2009 – IV ZR 160/07, BGHZ 180, 272, 275 Rn 10; BVerfG, Beschl. v. 12.10.2010 – 1 BvL 14/09, FamRZ 2010, 2050 Rn 47 ff.).
[11] b) § 116 Abs. 6 SGB X, der erst für Schadensfälle ab dem 30.6.1983 gilt, normiert diese Rspr. für den Bereich des Sozialgesetzbuchs. Die Gesetzesbegründung lässt erkennen, dass es dem Gesetzgeber darauf ankam, in dieser Vorschrift die in der Rspr. des BGH entwickelten Rechtsgrundsätze zur Geltung zu bringen, nach denen der Forderungsübergang gem. § 1542 RVO a.F. bei fahrlässigen Schädigungen durch Familienangehörige, die mit dem Versicherten in häuslicher Gemeinschaft leben, entsprechend der Regelung des § 67 Abs. 2 VVG a.F. ausgeschlossen ist (Senatsurt. v. 1.12.1987 – VI ZR 50/87, BGHZ 102, 257, 259 mit Hinweis auf BT-Drucks 9/95 S. 28; vgl. ferner Fenn, Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung 1983, 107, 112 f.).
[12] Schon deshalb kann entgegen der Auffassung des BG daraus, dass eine entsprechende ausdrückliche Regelung bei Forderungsübergängen, die außerhalb des Sozialgesetzbuchs geregelt sind, fehlt, nicht geschlossen werden, es fehle eine planwidrige Regelungslücke, welche die Anwe...