ZPO § 91 Abs. 1 § 103 ff.; GKG § 22 Abs. 1, 29 Nr. 1 § 66 Abs. 1

Leitsatz

Mit dem der Sache nach gegen den Gerichtskostenansatz nach § 4 KostVfg gerichteten Einwand, dem gerichtlich bestellten Sachverständigen stehe wegen eines Verstoßes seiner Pflicht zur rechtzeitigen Mitteilung einer Kostenerhöhung gemäß § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO lediglich eine geringere als die im Verfahren nach § 4 JVEG festgesetzte Vergütung zu, kann die auf Erstattung der Prozesskosten in Anspruch genommene Partei im Kostenfestsetzungsverfahren jedenfalls dann nicht gehört werden, wenn sie alleinige Kostenschuldnerin ist und ihr damit – im Gegensatz zum Erstattungsgläubiger, der die Sachverständigenkosten als Beweisführer verauslagt hat – der Rechtsbehelf der Erinnerung nach § 66 GKG zur Verfügung steht.

BGH, Beschl. v. 7.9.2011 – VIII ZB 22/10

Sachverhalt

Die Kl., die Mieter einer im Eigentum der Bekl. stehenden Wohnung sind, haben die Bekl. vor dem AG auf fachgerechte Beseitigung von zwischen den Parteien umstrittenen Mängeln an den Fenstern der Wohnung in Anspruch genommen. Das AG hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen. Auf die Berufung der Kl. hat das LG die Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens angeordnet und die Beauftragung des Sachverständigen von der Einzahlung eines Vorschusses i.H.v. 1.000 EUR durch die Bekl. abhängig gemacht. Nachdem die Bekl. diesen Betrag an die Justizkasse gezahlt hatte, hat das LG den Sachverständigen beauftragt und ihm eine Kostengrenze von 1.000 EUR angegeben. Kurz vor Fertigstellung des Gutachtens teilte der Sachverständige dem LG mit, der eingezahlte Vorschuss von 1.000 EUR reiche nicht aus, er benötige einen weiteren Vorschuss i.H.v. 3.000 EUR. Die Bekl. zahlte aufgrund des Hinweises des LG auf die Bestimmung des § 356 ZPO diesen weiteren Vorschuss ein. Der Sachverständige rechnete eine Vergütung i.H.v. gut 4.000 EUR ab. Die Bekl. zahlte auf Aufforderung auch noch den fehlenden Spitzenbetrag an die Justizkasse. Auf den gem. § 4 JVEG gestellten Antrag der Bezirksrevisorin hat das LG die Vergütung des Sachverständigen geringfügig um wenige EUR herabgesetzt.

Das LG hat die Berufung der Kl. auf deren Kosten zurückgewiesen. In dem Gerichtskostenansatz des LG wird für die Sachverständigenvergütung – soweit hier von Interesse – aufgrund der von der Bekl. erfolgten Zahlungen keine Partei mehr in Anspruch genommen. Die Rechtspflegerin des AG hat auf Antrag der Bekl. die von ihr verauslagten Gerichtskosten – darunter die Vergütung des vom LG bestellten Sachverständigen i.H.v. gut 4.000 EUR – gegen die Kl. festgesetzt. Mit ihrer hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde haben die Kl. geltend gemacht, die Sachverständigenvergütung sei überhöht, weil der Sachverständige gegen seine Anzeigepflicht gem. § 407a Abs. 3 ZPO verstoßen habe. Lediglich eine Sachverständigenvergütung in Höhe 1342,10 EUR nahmen die Kl. hin. Das LG hat die sofortige Beschwerde als zulässig angesehen, hat jedoch die Auffassung vertreten, die Verletzung der Mitteilungspflicht des Sachverständigen führe mangels Ursächlichkeit zu keiner Kürzung seines Vergütungsanspruchs.

2 Aus den Gründen:

“"… II."

[5] Die zulässig erhobene Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

[7] 2. Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass die Kl. der Bekl. die im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschl. v. 22.4.2009 ausgewiesenen Kosten i.H.v. 4.248,83 EUR zu erstatten haben, da es sich insoweit um notwendige Kosten der Rechtsverfolgung i.S.d. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO handelt.

[8] a) Es kann offenbleiben, ob die Auffassung des Beschwerdegerichts zur fehlenden Kausalität zwischen der vom Beschwerdegericht unterstellten Pflichtverletzung des Sachverständigen und den tatsächlich entstandenen Kosten der Tätigkeit des Sachverständigen einer rechtlichen Nachprüfung standhielte. Denn mit dem der Sache nach gegen den Gerichtskostenansatz nach § 4 KostVfg gerichteten Einwand, dem Sachverständigen stehe wegen eines Verstoßes seiner Pflicht zur rechtzeitigen Mitteilung einer Kostenerhöhung gem. § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO lediglich eine Vergütung i.H.v. 1.342,10 EUR zu, können die Kl. im Kostenfestsetzungsverfahren, das nur das Ziel verfolgt, die Kostengrundentscheidung des Ausgangsverfahrens der Höhe nach zu beziffern (BGH NJW 2004, 366 unter 3), nicht gehört werden. Da die Kl. sowohl als Verfahrensveranlasser nach § 22 Abs. 1 GKG als auch nach der Kostengrundentscheidung aufgrund ihres vollständigen Unterliegens im Ausgangsrechtsstreit gem. § 29 Nr. 1 GKG für die Gerichtskosten haften, mithin alleinige Kostenschuldner des Ausgangsrechtsstreits sind, steht ihnen der Weg offen, sich gegen die Höhe des Ansatzes der Gutachterkosten im Wege der nicht fristgebundenen Erinnerung nach § 66 GKG zu wenden. Der Einwand, die Gutachterkosten seien wegen eines Verstoßes des Sachverständigen gegen seine in § 407a Abs. 3 S. 2 ZPO normierte Mitteilungspflicht nicht in der geltend gemachten Höhe anzusetzen, kann von den Kl. ungeachtet der vom LG im Rahmen des Verfahrens gem. § 4 Abs. 1 JVEG getroff...

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