GG Art. 19 Abs. 4; VwGO § 123
Leitsatz
Kann über eine Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht kurzfristig entschieden werden, gebietet die durch Art. 19 Abs. 4 GG geforderte Garantie effektiven Rechtsschutzes, dass von dem angerufenen Gericht eine Zwischenregelung getroffen wird, wenn der ASt. ohne diese unzumutbar schweren, nicht anders abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre.
(Leitsatz der Schriftleitung)
Sächsisches OVG, Beschl. v. 17.8.2012 – 4 B 138/12
Sachverhalt
Die AG (Stadt Leipzig) wird durch den Beschl. des SächsOVG verpflichtet, der ASt. bis zur Entscheidung im Beschwerdeverfahren weiterhin Ausnahmegenehmigungen zum Befahren der Umweltzone (Sichtkarten) für die Fahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen … zu erteilen.
2 Gründe:
" … Der Senat erlässt auf Antrag der ASt. die aus dem Beschlusstenor ersichtliche Zwischenregelung. Deren Erlass ist aus Art. 19 Abs. 4 GG zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten."
Kann über eine Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nicht kurzfristig entschieden werden, gebietet die durch Art. 19 Abs. 4 GG geforderte Garantie effektiven Rechtsschutzes, dass von dem angerufenen Gericht eine Zwischenregelung getroffen wird, wenn der ASt. ohne diese unzumutbar schweren, nicht anders abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 123 Rn 29). Dabei darf das einstweilige Rechtsschutzziel nicht offensichtlich aussichtslos erscheinen.
Weitere verfahrensrechtliche Voraussetzungen (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 10.2.2012 – 8 L 204/12.GI, Rn 4 bei juris) sind vorliegend nicht zu verlangen. Auf die Beschwerde der ASt. hat die AG mit Schriftsatz v. 2.3.2012 erklärt, bis zur Entscheidung des Senats weiterhin Ausnahmegenehmigungen zu erteilen. Hiervon ist sie nach unwidersprochener Darstellung der ASt. nunmehr abgerückt und hat sich geweigert, weitere Ausnahmegenehmigungen zu erteilen. Zu dem hierauf gestellten Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung v. 15.8.2012 hat sich die AG ungeachtet der Bitte des Senats, sich hierauf bis zum 17.8.2012, 12.00 Uhr zu äußern, nicht eingelassen. Ein rechtfertigender Grund für die Änderung der Genehmigungspraxis ist für den Senat nicht ersichtlich.
Eine Entscheidung über die Beschwerde war dem Senat bisher nicht möglich, da sich die AG auf das umfangreiche Beschwerdevorbringen v. 23.2.2012 erst am 9.7.2012 ebenfalls umfangreich geäußert hat, so dass der ASt. zunächst ausreichende Zeit zur Wahrnehmung rechtlichen Gehörs geboten werden musste, was dieser urlaubsbedingt erst zum Ende August 2012 möglich erschien.
Das Verfahren wirft komplexe rechtliche und tatsächliche Fragestellungen auf, insb. auch im Hinblick auf eine wirtschaftliche Existenzgefährdung der ASt. bei einer Einstellung der Gewährung von Ausnahmegenehmigungen. Der Eilantrag erscheint insb. in Ansehung des umfangreichen Beschwerdevorbringens auch nicht als offensichtlich aussichtslos.
Das Verfahren auf Erlass einer Zwischenregelung löst keine eigenständige Kostenfolge aus. Einer Kostenentscheidung nebst Streitwertfestsetzung bedarf es daher nicht (SächsOVG, Beschl. v. 15.9.2011 – 5 B 135/11, juris Rn 2 m.w.N.).
Dieser Beschl. ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).“