" … (II.B.3.) Gem. § 28 Abs. 1 S. 1 FeV in der bis 18.1.2009 gültigen Fassung vom 7.8.2002 i.V.m. der 2. Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 91/439-EG des Rates vom 29.7.1991) muss der polnische Führerschein im Inland nicht anerkannt werden, da der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen nicht im Besitz einer gültigen EU-Fahrerlaubnis war."
Nach Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 91/439-EG des Rates vom 29.7.1991 über den Führerschein werden von den Mitgliedstaaten ausgestellte Führerscheine gegenseitig anerkannt. War dem Inhaber eines von einem Mitgliedstaat erteilten Führerscheins vor dessen Ausstellung die Fahrerlaubnis entzogen worden, besteht eine Anerkennungspflicht nur dann, wenn der Ausstellerstaat zuvor mit der Prüfung befasst war, ob die sich aus dem Recht der Europäischen Union ergebenden Mindestvoraussetzungen für die Erteilung eines entsprechenden Dokuments erfüllt sind (vgl. BVerwG Urt. v. 29.1.2009 – 3 C 31/07, zit. n. juris, dort Rn 20 m.w.N. [= zfs 2009, 298]; OLG Stuttgart, Beschl. v. 6.2.2012 –6 Ss 605/11 zit. n. juris, dort Rn 19 m.w.N.; Urt. der Dritten Kammer des EuGH v. 19.9.2009 in der Rechtssache C – 321/07 in dem Strafverfahren gegen Schwarz Rn 76, 91, 92 m.w.N. [= zfs 2009, 293]).
Ein EU-Führerschein besitzt nach dieser Rspr. nur dann Gültigkeit, wenn er nach Durchführung eines der Regelung des Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29.7.1991 über den Führerschein entsprechenden Verfahrens erteilt worden ist. Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie hängt die Ausstellung des Führerscheins außerdem ab
a) vom Bestehen einer Prüfung der Fähigkeiten und Verhaltensweisen, vom Bestehen einer Prüfung der Kenntnisse und von der Erfüllung gesundheitlicher Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III;
b) vom Vorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes oder vom Nachweis der Eigenschaft als Student – während eines Mindestzeitraums von sechs Monaten – im Hoheitsgebiet des ausstellenden Mitgliedstaats.
Es kommt deshalb entgegen der Meinung der Revision durchaus darauf an, unter welchen Umständen ein EU-Führerschein erworben wurde.
Wird ein Führerschein in einem Mitgliedstaat lediglich im Wege des Umtauschs erteilt, ist eine entsprechende (Über-)Prüfung nicht vorgeschrieben; der Ausstellerstaat des neuen Führerscheins hat sich in diesem Fall nur darüber zu vergewissern, ob der vorgelegte Führerschein tatsächlich noch gültig ist (OLG Stuttgart a.a.O.). Schon dies wäre nicht der Fall gewesen, weil dem Angeklagten durch Strafbefehl des AG A. vom 5.1.2004 in Verbindung mit dem Urt. des AG C. v. 23.3.2004, rechtskräftig seit dem 31.3.2004, die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis bis zum 22.3.2005 festgesetzt worden war.
Nach den Urteilsfeststellungen wurde nur ein gefälschter belgischer Führerschein mit dem Ausstellungsdatum 18.5.1998 umgeschrieben und nicht ein neuer polnischer Führerschein erteilt. Die oben benannten Vorschriften der FeV sind anwendbar, weil die Umschreibung vor dem 19.1.2009 erfolgte. Diese Vorschriften sind nicht nur bei einer Neuerteilung einer Fahrerlaubnis, sondern auch bei dem Umtausch einer zuvor in einem Drittland erworbenen Fahrerlaubnis anwendbar (Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 40. Auflage, FeV § 28 Rn 4).
Nach den Feststellungen ist die Kammer davon ausgegangen, dass die Führerscheinstelle in Ratibor/Polen am 12.1.2007 den Führerschein ausgestellt hat, ohne i.S.v. Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie zuvor eine “Prüfung der Fähigkeiten und Verhaltensweisen des Angeklagten’ vorgenommen zu haben, noch dass die Ausstellung des Führerscheins vom “Bestehen einer Prüfung der Kenntnisse’ und von der “Erfüllung gesundheitlicher Anforderungen’ abhängig gemacht worden war. Dem Angeklagten wurde lediglich ein neues Führerscheindokument ausgehend von den im vorgelegten gefälschten belgischen Führerschein mit dem Ausstellungsdatum 18.5.1998 enthaltenen Daten ausgestellt, nicht eine neue Fahrerlaubnis erteilt. Ebenso verhält es sich mit dem am 11.7.2007 ausgestellten Ersatzdokument für den am 9.3.2007 als verlustig gemeldeten Führerschein mit dem Ausstellungsdatum 12.1.2007.
Der polnische Führerschein konnte deshalb im Bundesgebiet nur die Wirkung entfalten, wie sie die Totalfälschung des belgischen Führerscheins entfaltet hätte. Dieser berechtigte den Angeklagten nicht zum Führen von Kfz im Bundesgebiet, der polnische Führerschein konnte diese Berechtigung auch nicht bewirken (vgl. OLG Stuttgart a.a.O. Rn 20 m.w.N.). Eine nicht bestehende Fahrerlaubnis konnte nicht durch die Verwendung des gefälschten belgischen Führerscheins und dessen Umschreibung in polnische Führerscheindokumente generiert werden.
Dass ein im Wege eines Umtauschs oder einer Umschreibung nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 91/439 erworbener EU-Führerschein nicht ohne Weiteres dieselbe Wirkung entfalten kann, wie ein nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie erworbener Führerschein ergibt sich schon aus dem Wortlaut von Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie. Hiernach kann...