Die Entscheidung macht zwei Hinweise notwendig:
1. Ob ein "relativ fahruntüchtiger" VN seine versicherungsvertragliche Obliegenheit aus AKB 2008 D.1.2 verletzt hat, hängt davon ab, ob ihm ein alkoholbedingter Fahrfehler vorgeworfen werden kann. Da es sich insoweit um den objektiven Tatbestand der Verletzung einer vor dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit handelt, trägt der VR – anders als das AG zu meinen scheint – dafür die Beweislast. Angesichts der Typik des Unfallgeschehens ist ein Beweis indessen durch den VR geführt: Es kommt nicht darauf an, ob auch einem nüchternen Fahrer beim Rückwärtsfahren aus einer Parkbucht unterlaufen kann, ein anderes geparktes Fahrzeug zu touchieren, sondern ob dieser Fehler typischerweise einem alkoholisierten Fahrer unterläuft.
2. Die Annahme, eine Erhöhung des Regressanspruchs wegen der Verletzung der Anzeigeobliegenheit komme nicht in Betracht, weil nicht erkennbar sei, dass die Kl. bei rechtzeitiger Anzeige "einen höheren Regressanspruch hätte realisieren können", ist verfehlt und unterlässt es, eine genaue Prüfung der Rechtsfolgen der weiteren Obliegenheitsverletzung vorzunehmen. Denn mehrere Obliegenheitsverletzungen können durchaus einen nennenswerten Einfluss auf die Bildung der "Gesamtquote" haben. Also hätte geprüft werden müssen:
Die Bekl. hat (1) die Anzeigeobliegenheit objektiv verletzt. Das ist (2) erkennbar vorsätzlich geschehen. Den (3) Kausalitätsgegenbeweis kann die Bekl. nicht führen, weil allein durch die zweimonatige Verzögerung der Regulierung der Kl. Zinsnachteile entstanden sein können. Ungeachtet dessen spricht im Streitfall viel dafür, dass sich die Bekl. – ausnahmsweise in Fällen der Verletzung der Anzeigeobliegenheit – (4) arglistig verhalten hat, weil sie im Bewusstsein der Obliegenheit und angesichts des offenbaren Willens, sie zu missachten, schwerlich plausibel machen kann (was ihr im Rahmen einer sekundären Darlegungslast gleichfalls obläge), aus welchen anderen Gründen als jenen der Beeinflussung der Regulierung sie auf die Erinnerungen der Kl. nicht reagiert hat. Und schließlich (5) hätte es die nach der Quotenbildung zu beachtende Regressobergrenze (E.6.3) durchaus zugelassen, eine weitere Leistungskürzungsquote für die Verletzung der Anzeigeobliegenheit festzusetzen und – richtigerweise – sodann eine "Gesamtquote" zu bilden.
PräsOLG Prof. Dr. Roland Rixecker
zfs 12/2015, S. 697 - 698