Der ASt. begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die sofortige Vollziehung des Bescheids v. 24.11.2016, mit dem ihm die AG gestützt auf §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG, § 46 Abs. 1 FeV die Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, L und M entzogen und ihn unter Androhung eines Zwangsgelds und Fristsetzung zur Abgabe des Führerscheins verpflichtet hatte. In den Gründen ist u.a. ausgeführt, dem ASt. fehle wegen der von ihm begangenen und mit 8 Punkten registrierten Verkehrsverstöße gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG die Eignung zum Führen von Kfz. Er sei mit Schreiben v. 7.11.2013 beim Stand von 9 Punkten (§ 4 Abs. 3 Nr. 1 StVG a.F.) und mit Schreiben v. 30.7.2015 beim Stand von 6 Punkten (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 StVG n.F.) verwarnt worden. Erfolge die Entziehung der Fahrerlaubnis erst am oder nach dem 5.12.2014, fänden § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 und § 4 Abs. 6 S. 4 StVG in der ab 5.12.2014 geltenden Fassung auch dann Anwendung, wenn der Tattag einer Zuwiderhandlung, die vor dem Ergreifen dieser Maßnahme begangen und der Fahrerlaubnisbehörde erst nach Ergreifen dieser Maßnahme bekannt geworden sei, vor dem 5.12.2014 liege. Diese Zuwiderhandlung sei punktmäßig zu berücksichtigen. Eine nach dem Erreichen von 8 Punkten eintretende Tilgung sei für die Rechtmäßigkeit einer auf § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 StVG gestützten Fahrerlaubnisentziehung ohne Bedeutung. Der Führerschein sei nach § 3 Abs. 2 StVG, § 47 Abs. 1 FeV unverzüglich abzuliefern; die Verpflichtung sei gem. § 47 Abs. 1 S. 2 FeV sofort vollziehbar.
Am 2.12.2016 ging der Führerschein des ASt. bei der AG ein.
Am 22.12.2016 ließ der ASt. durch seinen Bevollmächtigten Klage erheben und Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stellen, den das VG München mit Beschl. v. 27.4.2017 – M 6 S 16.5923 – ablehnte. In den Gründen wird auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen und weiter ausgeführt, das nach § 4 Abs. 5 StVG vorgesehene Verfahren sei eingehalten worden. Die fehlerhafte Ersatzzustellung der dem ASt. an seine vormalige Wohnanschrift im Elternhaus zugestellten Verwarnung sei durch tatsächlichen Zugang geheilt worden. Er habe bei der Kfz-Zulassungsstelle einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zum Punkteabbau im Einzelunterricht gestellt und die für die Verwarnung angefallenen Verwaltungskosten bezahlt. Am 30.7.2015 habe er beim Stand von 6 Punkten eine weitere Verwarnung erhalten. Da bei der Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 4 Abs. 5 S. 5 StVG auf den Tattag, hier den 19.7.2015, abzustellen sei, habe die Fahrerlaubnisbehörde auch solche Punkte berücksichtigen dürfen, die seit dem 25.9.2015 tilgungsreif und seit dem 25.9.2016 gelöscht seien. Nach § 4 Abs. 5 S. 7 StVG blieben spätere Verringerungen des Punktestands aufgrund von Tilgungen unberücksichtigt.
Mit seiner Beschwerde begehrt der ASt. die Aufhebung des gerichtlichen Beschlusses und begründet dies unter Berufung auf sein erstinstanzliches Vorbringen damit, dass die Ersatzzustellung der ersten Verwarnung im November 2013 fehlerhaft sei und das VG in der Beibehaltung der elterlichen Wohnadresse im Melderegister zu Unrecht einen Rechtsmissbrauch gesehen habe. Zudem habe es nicht zur Kenntnis genommen, dass zum Zeitpunkt der Entziehung der Fahrerlaubnis die am 22.8.2011, 24.3.2012, 15.5.2013 und 16.5.2013 begangenen Taten gelöscht gewesen seien. Sowohl die Tilgungs- als auch die Überliegefrist seien abgelaufen, letztere mit Ablauf des 25.9.2016. Nach dem Beschl. des Niedersächsischen OVG v. 22.2.2017 – 12 ME 240/16 [zfs 2017, 360, Ls.] – komme es hinsichtlich der Verwertung von Eintragungen zum Zwecke der Entziehung der Fahrerlaubnis auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses an. Es sei nicht davon auszugehen, dass das Tattagsprinzip gem. § 4 Abs. 5 S. 5 StVG als lex specialis das in § 29 Abs. 7 S. 1 StVG angeordnete Verwertungsverbot verdränge. § 4 Abs. 5 S. 7 StVG beziehe sich auf Tilgungen und könne nicht auf Verringerungen des Punktestands durch Löschungen übertragen werden.
Die AG tritt der Beschwerde entgegen. Sie sei bereits unzulässig, weil ihr ein bestimmter Antrag und eine Begründung fehlten, soweit sie sich gegen die Zwangsgeldandrohung richte, sowie unbegründet. Hinsichtlich der Zustellung der Verwarnung v. 7.11.2013 habe sich der ASt. nicht mit der erstinstanzlichen Entscheidung auseinandergesetzt. Zutreffend habe das VG dargelegt, dass die Einbeziehung von seit dem 25.9.2016 tilgungsreifen bzw. gelöschten Punkten wegen § 4 Abs. 5 S. 5 und 7 StVG nicht zu beanstanden sei. Der Rechtsauffassung des Niedersächsischen OVG sei nicht zu folgen. Es gelte das Tattagsprinzip, nach dem spätere Veränderungen des Punktestands für die Fahrerlaubnisentziehung irrelevant seien. In Bezug auf ältere Punkte stelle § 4 Abs. 5 S. 6 Nr. 2 StVG ausdrücklich klar, dass bei der Berechnung des Punktestands Zuwiderhandlungen nur dann berücksichtigt würden, wenn deren Tilgungsfrist zum Datum der letzten Tat noch nicht abgelaufen sei. Zum Zeitpunkt der Begehung der letzten Tat am 19.5.2015 seien aber weder die Tilgungs-...