StPO § 318 § 327; StGB § 142; StVG § 21
Leitsatz
Bei wirksamer Beschränkung der Berufung ist eine Änderung des Schuldspruches durch das Berufungsgericht ausgeschlossen.
OLG Hamm, Beschl. v. 22.8.2017 – 5 RVs 41/17
Sachverhalt
Das AG hat den Angekl. wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in vier Fällen sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit unterlassener Hilfeleistung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie einer Sperrfrist von drei Jahren verurteilt. Auf die durch den Angekl. und die StA zu Ungunsten des Angekl. eingelegte Berufung, die beide Seiten auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt haben, hat das LG das Urteil des AG Iserlohn aufgehoben und dahingehend neu gefasst, dass es den Angekl. wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in vier tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie einer Sperrfrist von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt hat.
Auf die Revision des Angekl. hin hat das OLG Hamm das angefochtene Urteil mit der klarstellenden Maßgabe im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben, dass der Angekl. wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in vier Fällen sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit unterlassener Hilfeleistung verurteilt ist, und die Sache im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.
2 Aus den Gründen:
" … 1. Die zulässige Revision des Angekl. hat mit der Sachrüge zumindest vorläufig Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit klarstellender Tenorierung und zur Zurückverweisung der Sache nach § 354 Abs. 2 S. 1 StPO."
Das LG ist zutreffend von einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch ausgegangen. Die Feststellungen des AG tragen die erfolgte Verurteilung. Die Beschränkung der durch den Angekl. und die StA eingelegten Berufung war auch wirksam ungeachtet einer durch das LG angenommenen fehlerhaften Beurteilung des gegebenen Konkurrenzverhältnisses der einzelnen Taten bzw. der Bejahung einer unterlassenen Hilfeleistung.
Eine Beschränkung der Berufung ist dann nicht möglich, wenn die Feststellungen zur Tat knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, so dass sie keine hinreichende Grundlage für die Prüfung der Rechtsfolgenentscheidung bilden können (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl. 2017, § 318 Rn 16). Auch wenn ein Konkurrenzverhältnis nicht bestimmt ist, ist eine Beschränkung ausgeschlossen (vgl. OLG Köln, Urt. v. 17.3.2015 – 1 RVs 247/14). Hat das AG hingegen das geltende Recht nur falsch angewendet, z.B. fehlerhaft Tatmehrheit statt Tateinheit angenommen, ist die Beschränkung auf das Strafmaß dennoch wirksam (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., Rn 17a; BGH, NStZ-RR 1996, 267; OLG Hamm, Beschl. v. 8.6.2010 – 3 RVs 43/10; OLG Hamm, Beschl. v. 24.1.2008 – 2 Ss 4/08; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.11.2003 – 1 Ss 291/03).
Vorliegend ist das AG davon ausgegangen, dass sowohl mit der erfolgten Kontrolle durch die Polizeibeamten als auch in Folge des gravierenden zweiten Unfalls und der danach zu Fuß erfolgten Flucht eine Zäsurwirkung eingetreten ist, so dass die Taten bis bzw. ab diesen Zeitpunkten zueinander in Tatmehrheit stehen. Ein Konkurrenzverhältnis ist damit – unabhängig zunächst von der Richtigkeit dieser Einordnung – bestimmt, die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch war möglich.
Mit der damit eingetretenen horizontalen Teilrechtskraft war die rechtliche Würdigung des Konkurrenzverhältnisses jedoch der Prüfung durch das LG entzogen, eine Änderung des Schuldspruches durch das LG war nicht möglich.
Ist nur der Strafausspruch angegriffen, so sind der Schuldspruch mit den angenommenen Konkurrenzverhältnissen und die ihm zugrundeliegenden Feststellungen für das Revisionsgericht bindend (vgl. BGH, a.a.O.). Damit ist eine Änderung des Schuldspruches ausgeschlossen, der neu zu findende Strafausspruch hat von dem bindenden Schuldspruch auszugehen. Auch eine geänderte Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses ist nicht möglich. Hat das Berufungsgericht trotz einer wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch auch zu dem in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch entschieden, so ist das Urteil insoweit aufzuheben (vgl. OLG Köln, VRS 110, 120). Dies ist vorliegend der Fall.
2. Keiner Entscheidung bedurfte es danach, ob mit dem AG von einer zumindest teilweise tatmehrheitlichen Begehung und einer Verwirklichung der unterlassenen Hilfeleistung oder mit d...