VVG § 117 Abs. 2
Leitsatz
Die Dauer der Nachhaftung beträgt auch dann einen Monat, wenn ein Kurzkennzeichen lediglich für wenige Tage ausgestellt war.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Frankfurt, Urt. v. 26.9.2018 – 13 U 43/17
Sachverhalt
Der Kl. nimmt die Bekl. wegen eines Verkehrsunfalls in Anspruch, der sich am 15.6.2014 ereignete. Der Unfallverursacher hatte für sein Fahrzeug mit dem Kurzzeitkennzeichen (…) bei der Bekl. Versicherungsschutz für die Zeit vom 10.6.–14.6.2014. Gegenüber dem Geschädigten verweigerte die Bekl. die Regulierung des Schadens i.H.v. 8.384,32 EUR, weil der Schaden nach Ablauf des 14.6.2014 entstanden war. Daraufhin hat sich der Geschädigte an den Kl. gewandt. Dessen Regulierungshelfer, hat den Schaden bezahlt und dem Kl. neben der Schadenssumme eine Regulierungsgebühr i.H.v. 1.348,04 EUR in Rechnung gestellt. Nachdem die Bekl. eine Regulierung auch gegenüber dem Kl. verweigert hat, hat dieser mit der Klage eine Forderung von 10.334,94 EUR geltend gemacht, sowie die Feststellung verlangt, dass die Bekl. verpflichtet sei, weitere Aufwendungen des Kl. anlässlich des Unfalls zu ersetzen.
Die Bekl. ist der Ansicht, sie sei nicht einstandspflichtig, und hat dies damit begründet, dass eine Nachhaftung von einem Monat bedeuten würde, dass der Versicherungsvertrag nur für fünf Tage abgeschlossen werde, die Versicherung aber insgesamt einen Monat und fünf Tage hafte. Es bestehe zudem kein Rechtsschein für das Bestehen von Versicherungsschutz für den Geschädigten, da auf dem Kfz-Kennzeichen die Dauer des Versicherungsschutzes und der Zulassung aufgedruckt sei. Außerdem komme eine Nachhaftung nach § 117 Abs. 2 S. 5 VVG nicht in Betracht, wenn es keine Stelle gebe, welche zur Entgegennahme einer Mitteilung über das Nichtbestehen bzw. die Beendigung des Versicherungsverhältnisses bestimmt sei. Bei Kurzkennzeichen sei dies der Fall, weil bei diesen keine Mitteilung gem. § 25 Abs. 5 FZV erforderlich sei.
Das LG hat der Klage mit dem angefochtenen Urteil in der geforderten Höhe stattgegeben und lediglich den Feststellungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Aus § 25 FZV ergebe sich nicht, dass es keine zuständige Stelle für die Mitteilung des Erlöschens des Versicherungsschutzes gebe. Vielmehr würden der Zulassungsstelle bei der Bekanntgabe der Deckung gleichzeitig auch die Angaben über das Ende der Versicherungsdauer mitgeteilt. Einziger Unterschied bei Kurzkennzeichen sei, dass die Zulassungsstelle nicht tätig werden und keine Stilllegung durchführen müsse. Die Rechtsscheinsargumentation überzeuge nicht, weil gerade ein Vertrag vorgelegen habe. Der Hinweis auf die Kommentierung greife nicht, da der Rechtschein erörtert werde im Zusammenhang mit jenen Fällen, in denen ein Versicherungsvertrag gerade nicht zustande gekommen sei. Nur bei diesen Fällen bedürfe es eines Rechtsscheins. Nicht dagegen in Fällen, in denen ein Vertrag rechtswirksam zustande gekommen war und beendet ist.
2 Aus den Gründen:
"… Die Entscheidung des LG begegnet – (…) keinen berufungsrechtlichen Bedenken. Das LG hat zu Recht festgestellt, dass die Bekl. für den streitgegenständlichen Schaden haftet. (…)"
Soweit die Bekl. weiter geltend macht, es sei unangemessen, für eine nur auf fünf Tage abgeschlossene Versicherung dem VR eine Nachhaftung von einem Monat aufzubürden und dies finanziell nicht tragbar sei, lässt sie unberücksichtigt, dass es dem VR obliegt, bei den Tarifen für die Kurzkennzeichen die Nachhaftung mit einzukalkulieren.
Nicht überzeugend ist auch die Ansicht der Bekl., für den Geschädigten bestehe aufgrund des Aufdrucks auf dem Kennzeichen kein Rechtsschein für eine bestehende Versicherung. Hierbei verkennt die Bekl., dass die Frage des Rechtschein nur jene Fälle betrifft, in denen ein Versicherungsverhältnis – beispielsweise wegen Anfechtung oder Widerruf – gerade nicht existent dar. In diesem Fall würde ein Kraftfahrzeug am Straßenverkehr teilnehmen und es bestünde aufgrund des Kennzeichens der Rechtsschein, dass ein Versicherungsvertrag tatsächlich besteht. Dies betrifft aber nicht die vorliegende Fallgestaltung bei Kurzkennzeichen. Bei dem streitbefangenen Fahrzeug war ein Versicherungsvertrag wirksam zustande gekommen; das Versicherungsverhältnis war nur einen Tag vor dem Unfall ausgelaufen. Es stellt sich somit nicht die Frage eines Rechtsscheins, sondern es geht um die vom Gesetz bestimmte Nachhaftung nach Ablauf eines wirksam geschlossenen Versicherungsvertrages.
Der Hinweis der Bekl. in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des BGH vom 1.12.1960 (BGH NJW 1961, 309) verfängt nicht. In dem dieser Entscheidung zugrundliegenden Fall hatte die Versicherung dem Straßenverkehrsamt bereits mitgeteilt, dass keine Haftpflichtversicherung besteht und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln sei, was einige Tage vor dem Unfall auch erfolgt war. Der BGH hat in der zitierten Entscheidung ausgeführt, es gelte eine starre Monatsfrist und die Vorschrift diene ausschließlich der Sicherung der Schadenersatzansprüche der durch den Haftpflichtversiche...