"… 2b) Mit Recht hat das LG dem Kl. allerdings keine höhere als die von der Bekl. nach Vorlage des gerichtlichen Sachverständigengutachtens anerkannte Invaliditätsleistung zugesprochen. Der Kl. hat nämlich nicht bewiesen, dass er durch das streitgegenständliche Unfallereignis in weitergehendem Umfang dauerhaft geschädigt worden ist, als erstinstanzlich festgestellt."
aa) Das LG ist nach Einholung eines Gutachtens des SV Prof. Dr. R. vom 8.3.2016 nebst Ergänzungsgutachten vom 30.5.2016 zu der Erkenntnis gelangt, dass durch den Unfall vom 3.10.2013 bei dem Kl. eine Invalidität nach Maßgabe der zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen in einer Größenordnung von 7/20 Armwert gemäß Gliedertaxe eingetreten sei. Ausgehend vom Ort der Verletzung, hier: des Ellennervs im Unterarmbereich, müsse auf den Armwert als Bezugsgröße abgestellt werden. Festgestellte Beeinträchtigungen der Handfunktion beträfen allein den Grobgriff – nicht den Spitzgriff – und diesen auch nicht vollständig, nachdem der Faustschluss vollständig durchgeführt und eine Kompressionskraft von 140 mm/Hg aufgebracht werden könne. Daraus resultierende Einschränkungen allein der Handfunktion, die der SV, bezogen auf dieses Körperglied – rein vorsorglich und zu Erläuterungszwecken – auf ⅓ geschätzt habe, seien mit Blick auf die Systematik der Gliedertaxe im Rahmen des Armwertes mit berücksichtigt. Eine vom Kl. zuletzt geforderte Addition von Arm- und Handwert komme nicht in Betracht, weil letzterer in ersterem mit enthalten sei.
bb) Diese tatsächlichen Feststellungen, die sich auf die Ergebnisse des gerichtlichen Sachverständigengutachtens stützen können und die auch mit den weiteren Erkenntnissen aus der vorangegangenen Begutachtung durch die Oberärzte des H-Klinikums in Einklang stehen, sind im Berufungsverfahren nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legen. (…)
(1) Zu Recht hat das LG nach sachverständiger Beratung den in der vereinbarten Gliedertaxe (§ 2 I. Abs. 2 Buchstabe b AUB 2011) niedergelegten – höheren – Armwert (70 %) und nicht den – niedrigeren – Handwert (55 %) bei der Ermittlung des Invaliditätsgrades zugrunde gelegt.
(a) Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass für die Bemessung der Invalidität vorrangig die – hier in § 2 I. Abs. 2 Buchstabe a AUB 2011 vorgesehene – Gliedertaxe Geltung beansprucht; allein die anderen, darin nicht genannten Köperteile oder Organe sind außerhalb der Gliedertaxe zu bewerten (§ 2 I. Abs. 2 Buchstabe d AUB 2011). Die Gliedertaxe bestimmt nach einem abstrakten und generellen Maßstab feste Invaliditätsgrade bei Verlust oder diesem gleichgestellter Funktionsunfähigkeit der mit ihr benannten Glieder; gleiches gilt auch bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines durch die Gliedertaxe abgegrenzten Teilbereichs eines Gliedes. Demgemäß beschreibt die Regelung abgegrenzte Teilbereiche eines Armes und Beines und ordnet jedem Teilbereich einen festen Invaliditätsgrad zu, der mit Rumpfnähe des Teilgliedes steigt. Die Gliedertaxe stellt damit für den Verlust und für die Funktionsunfähigkeit der in ihr genannten Gliedmaßen oder deren Teilbereiche durchgängig allein auf den Sitz der unfallbedingten Schädigung ab (BGH, VersR 2012, 351; VersR 2015, 617). Dieser ist maßgeblich für die Frage, welcher “feste' Invaliditätsgrad im Einzelfall als maßgebend zugrunde zu legen ist. Abzustellen ist insoweit auf die rumpfnächste Stelle, an der sich die Verletzung auswirkt. Entscheidend ist nicht, an welchem Glied die Verletzung eingetreten ist, sondern vielmehr, welches Glied in seiner Funktionsfähigkeit eingeschränkt ist, so dass etwa bei einer Mittelfußfraktur, die aufgrund von Nervenschädigungen auch die Funktionsfähigkeit des Beins beeinträchtigt, der für die Invalidität eines Beins angesetzte Grad zu berücksichtigen ist (vgl. OLG Frankfurt, VersR 2006, 964; OLG Naumburg, VuR 2017, 360). Dagegen sind die Auswirkungen auf die Gebrauchsfähigkeit eines verbliebenen, nicht selbst geschädigten Restglieds oder Teilbereichs eines Glieds oder die in diese Bereiche ausstrahlenden Schmerzen bereits in den Prozentsätzen der Taxe berücksichtigt (vgl. BGH, VersR 1991, 413).
(b) Das LG hat – sachverständig beraten – unter Beachtung dieser Grundsätze die beim Kl. eingetretene Invalidität anhand des Armwertes (70 %) nach Gliedertaxe bemessen; dies begegnet keinen durchgreifenden Bedenken und findet die Billigung des Senats. Der SV Prof. Dr. R. hat in seinem Gutachten vom 8.3.2016 nachvollziehbar unter Rückgriff auf die vom Kl. angestoßene Problematik ausgeführt, dass Verletzungen der vorliegenden Art in der gutachterlichen Literatur mit Blick auf deren Auswirkung und Bedeutung für den gesamten Arm üblicherweise unter Rückgriff auf den Armwert bemessen würden. Natürlich treffe es zu, dass durch eine Verletzung des Ellennervs am Unterarm im Wesentlichen die Handfunktion beeinträchtigt werde; bei einer voll ausgebildeten proximalen Nervus-ulnaris-Läsion sei dies aber eben nicht nur die Handfunktion: vielmehr seien hier dann auch Muskeln betroffe...