Vor einigen Jahren jubelte man, dass bereits Anfang der 20er Jahre, spätestens aber 2025, vollautomatisierte Fahrzeuge zum Straßenbild gehören würden.
Wenn es auch den Verkehrsrechtlern keinen konjunkturellen Aufschwung verspricht, so sind die Vorteile der Automatisierung doch mannigfaltig: Kosteneinsparungen im Transportwesen, Vereinfachung der Shared Mobility durch Autoruf per Knopfdruck, problemlose Parkplatzsuche nebst Einparken, weniger Unfälle und nicht zuletzt kann man während der Fahrt auch Besseres zu tun haben.
Der Hype scheint sich seit einigen Jahren abzuschwächen. Die Euphorie ist verflogen.
Schlagzeilen über Unfälle trugen dazu bei. Während Tesla als mutiger Pionier seine Fahrzeuge schon früh mit einem Autopiloten ausrüstete, der weitgehend autonome Fahrfunktionen erlaubte, häuften sich die You-Tube-Videos über Fehlfunktionen. Manche nur lustig, andere tödlich. Hindernisse wurden nicht als solche erkannt, die Fahrt ungebremst fortgesetzt. Auch ein selbstfahrendes Uber-Fahrzeug geriet vor zwei Jahren in die Schlagzeilen, als dieses eine Fußgängerin, die ein Fahrrad schob, nicht rechtzeitig erkannte und tötete.
Nicht nur der Technologieführer Waymo wird zurückhaltender und bekennt, wahrscheinlich noch "Jahrzehnte der Arbeit" vor sich zu haben. Man habe die technischen Herausforderungen unterschätzt. Bis man bei allen Straßen- und Wetterverhältnissen autonom fahren könne, würden Dekaden vergehen, führte der Chef von Waymo auf einem Kongress in Turin aus. So gibt es auch erhebliche Unterschiede zwischen Stadt und Land. Osnabrück testete einen Bus für den Personennahverkehr, dessen Sensorik die Gebäude an den Straßenrändern zum "Abtasten" braucht. Ein ebensolches Projekt wurde in Mecklenburg-Vorpommern gestoppt, da diese Technik eben nur innerorts mit nennenswerter Bebauung verwendbar sei.
Zudem beklagen Autohersteller, das regulatorische Umfeld sei nicht günstig. Was sich bereits in Deutschland nicht ganz einfach gestalte, entbehre international harmonisierter rechtlicher Rahmenbedingungen. Hinzu kommen die Debatten der Ethiker über die "Entscheidungsfindung" bei drohenden Unfällen.
Die Vision einiger deutscher Politiker, wonach Bürger ab 2027 nur noch mit Sondergenehmigung selbst ein Fahrzeug steuern dürfen, scheint in weite Ferne zu rücken.
Während Datenschützer die mögliche 360°-Grad-Überwachung durch Sensoren und Videokameras sowie die weitreichende Vernetzung beklagen, betrachten Ethiker die sich stetig weiter entwickelnde künstliche Intelligenz mit Misstrauen. Aber auch eine Vielzahl der Verbraucher scheint der neuen Technik skeptisch bis abweisend gegenüber zu stehen. Viele Konsumenten beurteilen das autonome Fahren kritisch und die Technik als nicht sicher.
Für die Studie "Autonomes Fahren der Zukunft" befragte AlixPartners 2019 6700 Verbraucher, davon 1072 in China, 1019 in Frankreich, 1015 in Deutschland, 1037 in Italien, 1009 im Vereinigten Königreicht und 1594 in den USA. Am wenigsten Vertrauen hatten die Deutschen. Nur 18 % hatten volles Vertrauen in die neue Technologie, während die Chinesen mit 58 % am zuversicherlichsten waren. Eine Mobilitätsstudie der Bitkom (2019) ergab, dass 50 % der Deutschen aufgrund von Sicherheitsbedenken und Angst vor Hackerangriffen kein autonomes Fahrzeug nutzen würden. Zudem machten sich rund 60 % Sorgen, bei Unfällen für die Fehler der Technik haften zu müssen. Kombiniert mit den befürchteten Mehrkosten in der Anschaffung scheint die automatisierte Mobilität (noch) kein Erfolgsmodell zu werden. Nach alledem dürfen wir Verkehrsrechtler wohl hoffen, dass Fälle mit verkehrsrechtlichen Bezügen noch nicht allzu schnell versiegen.
Autor: Dr. Daniela Mielchen
RAin Dr. Daniela Mielchen, FAin für Verkehrsrecht, Hamburg
zfs 12/2020, S. 661