In seiner Entscheidung hat das LG Mannheim[62] auch hervorgehoben, dass die Betriebsschließung bei dem hier verwendeten Bedingungswerk nicht auf einer Gefahr beruhen muss, die alleine vom VN selber ausgeht (sogenannter intrinsischer Grund). Eine solch weitreichende Einschränkung des Versicherungsschutzes aus Sicht des durchschnittlichen VN wird in der Tat auch in der Literatur kontrovers erörtert. Das LG sieht jedenfalls bei der betroffenen Klausel bereits dem Wortlaut nach keine nachvollziehbare Einschränkung in diesem Sinne und diese Ansicht wird auch von vielen Stimmen in der Literatur geteilt.[63] Auch das LG München hat sich dieser Auffassung zwischenzeitlich angeschlossen: Nach Ansicht der 12. Kammer des LG München I ist es nicht erforderlich, dass das Coronavirus im Betrieb des VN auftritt, denn nach den Allgemeinen Versicherungsbedingungen komme es lediglich darauf an, dass der Betrieb des Klägers aufgrund des Infektionsschutzgesetzes geschlossen worden sei.[64]

Dem gegenüber wird in der Literatur mit einer durchaus gewichtigen Argumentation darauf gewiesen, dass grundsätzlich nur intrinsische Gefahren nach Sinn und Zweck der betroffenen Klausel erfasst werden sollen: Aus ihrer Sicht spricht für die Notwendigkeit einer intrinsischen Gefahr, dass sich das für den Versicherungsfall maßgebliche Risiko im Versicherungsort zu realisieren hat und beispielsweise auch die Obliegenheiten der Betriebsschließungsversicherung alleine auf diese Gefahren abstellen, bei denen der VN Einfluss auf das Risiko hat. Denn all dies wäre bei Umständen außerhalb seines Betriebes regelmäßig gerade nicht der Fall.[65] Dafür spricht auch, dass i.d.R. in den AVB ein Versicherungsschutz nur "innerhalb des Versicherungsorts" bestehen soll, der in den folgenden Abschnitten mit den konkret aufgelisteten Betriebseinrichtungen definiert wird. Dies ist wiederum ein anschauliches Argument dafür, dass auch aus Sicht eines VN nur die im Betrieb auftretenden Krankheitsfälle erfasst sein sollen. Letztendlich bleibt auch zu diesem Themenkreis die weitere Entwicklung der Rechtsprechung abzuwarten.

Autor: RA Dr. Michael Nugel, FA für VerkehrsR und VersR, Essen

zfs 12/2020, S. 672 - 679

[62] LG Mannheim, Urt. v. 29.4.2020 – 11 O 66/20 = zfs 2020, 392.
[63] Fortmann, VersR 2020, 1073; Rixecker in Schmidt, COVID 19 – Rechtsfragen zur Coronakrise § 11 Rn 61; Armbrüster, VersR 2020, 577.
[64] LG München, Urt. v. 1.10.2020 – 12 O 5895/20 = BB 2020, 2306.
[65] Günther/Piontek, r+s, 243.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge