"… II."
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 2 OWiG statthaften und auch sonst zulässigen Rechtsbeschwerde deckt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. auf (§ 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG).
1. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch. Insbesondere handelt es sich bei der Abstandsmessung mit dem Verfahren VKS 3.0 um ein standardisiertes Messverfahren, bei dem es grds. ausreicht, dass im Urteil das angewendete Messverfahren und das Messergebnis – also die gemessene Geschwindigkeit nebst Toleranzabzug sowie der ermittelte vorwerfbare Abstandswert – mitgeteilt werden. Erst bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte dafür, dass Verfahrensbestimmungen nicht eingehalten wurden oder – substantiiert – Messfehler behauptet werden, müssen im Urteil hierzu Ausführungen gemacht werden (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 3.11.2017 – 6 Ss 681/17). Für derartige Fehler geben die im Rahmen der Sachrüge allein maßgeblichen Urteilsfeststellungen keine Anhaltspunkte.
2. Auch die Rechtsfolgenentscheidung lässt keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Betr. erkennen.
a) Zur Begründung kann zunächst auf die zutreffende Stellungnahme der GenStA in ihrer Antragsschrift vom 11.8.2020 Bezug genommen werden.
b) Der ergänzenden Erörterung bedarf allerdings die von der Rechtsbeschwerde unter Berufung auf die Nichtigkeit der am 28.4.2020 in Kraft getretenen 54. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20.4.2020 [BGBl I, 814] eingewandte “Ahndungslücke'. Eine solche Ahndungslücke, welche über die Regelung des § 4 Abs. 3 OWiG zur Sanktionslosigkeit der im vorliegenden Fall führen könnte oder zumindest die Verhängung eines Fahrverbotes verbietet, besteht nicht.
aa) Der Senat kann in der hier inmitten stehenden Fallkonstellation (Zeitpunkt der Tat vor Inkrafttreten der StVO-Novelle und Zeitpunkt der Urteilsfindung nach Inkrafttreten der StVO-Novelle; keine Änderung der Sanktion durch die Neufassung der BKatV) dahin stehen lassen, ob aufgrund des fehlenden Zitats der Ermächtigungsgrundlage des § 26a Abs. 1 Nr. 3 StVG in der genannten Verordnung ein Verstoß gegen das Zitiergebot nach Art. 80 Abs. 1 S. 3 GG vorliegt und ob ein solcher mutmaßlich auf einem redaktionellen Versehen beruhender Verstoß zur Nichtigkeit der Regelung führt (vgl. hierzu grundlegend BVerfG NJW 1999, 3253, 3256; jüngst auch OLG Oldenburg, Beschl. v. 8.10.2020 – 2 Ss [OWi] 230/20). Damit kann auch die Frage offen bleiben, ob der genannte Verstoß zur vollständigen Nichtigkeit der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 20.4.2020 (vgl. Deutscher VRR 2020 Nr. 7, S. 4–6) oder nur zur Nichtigkeit der Neuregelung der BKatV oder gar nur von Teilen derselben führt, was insbesondere für Fallkonstellationen der hier vorliegenden Art, die von der StVO-Novelle gar nicht betroffen sind, von Bedeutung wäre (vgl. Grube in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, § 4 BKatV (Stand: 9.7.2020) Rn 12.4; grundlegend zur Problematik der Teilnichtigkeit beim Zitat einer unzutreffenden Ermächtigungsgrundlage Schubert NZV 2011, 369, 372 f.).
bb) Selbst wenn anzunehmen wäre, dass sich die Änderung der BKatV in der zuletzt gültigen Fassung vom 6.6.2019 (BGBl I, 756) durch die 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften v. 20.4.2020 als nichtig erweist, führt dies nicht dazu, dass die BKatV in ihrer bisherigen Form keine Grundlage mehr für die Ahndung darstellt. Die Rechtsbeschwerde verkennt, dass durch Art. 3 der 54. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften die BKatV “wie folgt geändert' werden sollte. Damit ist die BKatV in ihrer bisherigen Fassung nicht aufgehoben worden, sondern sollte lediglich abgeändert werden. Für Änderungsgesetze ist anerkannt, dass bei deren Verfassungswidrigkeit die ursprüngliche Gesetzesfassung in Kraft bleibt, da eine nichtige Regelung nicht in der Lage ist, ein Gesetz zu ändern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96 = BeckRS 2000, 22589 Rn 53, 88; Hömig in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, 59. EL April 2020, BVerfGG § 95 Rn 39; Schlaich/Korioth, Das Bundesverfassungsgericht, 11. Aufl. Rn 457 f.). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn sich aus dem Reformgesetz ergibt, dass der Gesetzgeber die alte Regelung auf jeden Fall abschaffen wollte (vgl. Schlaich/Korioth a.a.O. Rn 459).
cc) Diese Grundsätze, die im Falle der Nichtigkeit eines Änderungsgesetzes anzuwenden sind, haben auch im Falle der Nichtigkeit der Änderung einer Rechtsverordnung Geltung zu beanspruchen. Bezogen auf die beabsichtigte Neuregelung der BKatV kann keine Rede davon sein, dass die bisherige BKatV auf jeden Fall oder gar ersatzlos aufgehoben werden sollte. Zum einen ließ der Verordnungsgeber große Teile der bisherigen Regelung unverändert, zum anderen wollte er die Verkehrssicherheit durch die teilweise Erhöhung von Regelgeldbußen und die erleichterte Einführung von Regelfahrverboten erkennbar er...