AKB A 2.2.2.2
Leitsatz
Ein schadenverursachendes Überfahren einer Fahrbahnschwelle stellt keinen Unfall im Sinne der AKB 2015, sondern lediglich einen von der Vollkaskoversicherung nicht abgedeckten Betriebsschaden dar, da sich lediglich ein Risiko auswirkt, dem das Fahrzeug nach seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb ausgesetzt ist.
OLG Stuttgart, 30.7.2020 – 7 U 57/20
Sachverhalt
Der Kl. begehrt Leistungen aus einer bei der Bekl. abgeschlossenen Vollkaskoversicherung.
Die dem Versicherungsvertrag zugrundeliegenden lauten auszugsweise wie folgt:
"A.2.2.2 Welche Ereignisse sind in der Vollkaskoversicherung versichert? Versicherungsschutz besteht bei Beschädigung, Zerstörung, Verlust oder Totalschaden des Fahrzeugs einschließlich seiner mitversicherten Teile durch die nachfolgenden Ereignisse …"
Unfall
A.2.2.2.2 Versichert sind Schäden am Fahrzeug durch Unfall. Ein Unfall ist ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis.
Keine Unfallschäden sind deshalb insbesondere: …
– Schäden am Fahrzeug, die ausschließlich aufgrund eines Betriebsvorgangs eintreten, z.B. durch falsches Bedienen, falsches Betanken oder verrutschende Ladung oder durch eine sich während der Fahrt öffnende Motorhaube.
Vorhersehbare Beschädigungen des Fahrzeugs, die üblicherweise im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung des Fahrzeugs entstehen, gelten nicht als Unfallschaden.
Der Kl. behauptet, er sei mit dem bei der Bekl. versicherten Pkw am 6.1.2017 auf einer asphaltierten Straße am Ortsanfang des Ortes G., Island mit 30 bis 40 km/h bei einer unstreitig zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h über eine quer zur Fahrbahn angelegte Fahrbahnschwelle gefahren. Diese Fahrbahnschwelle sei für den Kl. aufgrund von Schneebedeckung und Dunkelheit nicht erkennbar gewesen.
Aufgrund dessen habe der Pkw Totalschaden erlitten, ihm stehe aus der Vollkaskoversicherung unter Berücksichtigung des Restwerts des Fahrzeugs und der vertraglich vorgesehenen Selbstbeteiligung ein Betrag i.H.v. 9.110 EUR zu.
2 Aus den Gründen:
"… Die zulässige Berufung des Kl. ist nicht begründet, nachdem die Klage ihrerseits vom LG zutreffend mangels Begründetheit abgewiesen wurde. Der gegenständliche Sachverhalt vermag eine Eintrittspflicht der Bekl. aus der Vollkaskoversicherung des Kl. nicht zu begründen."
1. Gem. Ziff. A.2.2.2.2 der AKB 2015 der Bekl. sind Schäden am Fahrzeug durch Unfall versichert. Ein Unfall ist dort definiert als ein unmittelbar von außen plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkendes Ereignis. Danach gelten insbesondere nicht als Unfallschäden solche aufgrund eines Betriebsvorgangs.
a) Die Bestimmungen in Ziffer A.2.2.2.2 AKB sind wirksam und insbesondere nicht intransparent. Der Ausschluss von Betriebsschäden aus dem Versicherungsschutz stellt eine rein erläuternde Einschränkung des Unfallbegriffs dar.
Der durchschnittliche VN, auf dessen Verständnis es insofern ankommt, versteht diese Erläuterung dahin, dass Ursachen, die zwar von außen kommen, aber dem normalen Betriebsrisiko zuzuordnen sind, nicht als Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen gelten.
Ausweislich der zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen mit den Beispielen wird für den durchschnittlichen VN deutlich, dass für die Annahme eines “Unfalls' eine Einwirkung “von außen' notwendig ist, dass der Gegenstand, von dem die auf das versicherte Fahrzeug wirkende mechanische Gewalt ausgehen muss, nicht Teil des Fahrzeugs selbst sein darf (vgl. Stiefel/Maier/Stadler, 19. Aufl. 2017, AKB 2015, Rn 320).
Durch die beispielhafte, aber nicht abschließende (“insbesondere') Aufzählung in A.2.2.2.2 wird deutlich aufgezeigt, dass das Fehlen der erforderlichen Einwirkung von außen wesentlich für Betriebsschäden und damit für solche, die nicht unter Unfallschäden fallen, ist. Auch aus dem Umstand, dass einige Betriebsschäden ausdrücklich genannt sind (falsches Bedienen, falsches Betanken, verrutschende Ladung, eine sich während der Fahrt öffnende Motorhaube), kann ein verständiger VN nicht schließen, dass nur die genannten Ursachen als Betriebsschäden gelten sollen. Das ist bereits durch die einleitende Formulierung “z.B.' ausgeschlossen. Dem VN wird dadurch vielmehr deutlich gemacht, dass es sich bei der Aufzählung um mögliche Varianten von Betriebsschäden handelt, dass dies aber nicht abschließend verstanden werden kann.
b) Der Kl., der als VN die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Unfalls trägt (OLG Braunschweig, BeckRS 2019, 13569 Rn 28), konnte diesen Nachweis nicht erbringen. Es ist vielmehr von einem Betriebsschaden auszugehen, mithin von einem Schaden, der durch normale Abnutzung, durch Material- oder Bedienungsfehler an dem Fahrzeug oder seinen Teilen entsteht (vgl. dazu OLG Hamm, NJW-RR 2014, 812).
c) Das LG hat zu Recht in dem vom Kl. behaupteten schadensverursachenden Überfahren einer Fahrbahnschwelle am 6.1.2017 einen Betriebsschaden gesehen; es hat sich ein Risiko ausgewirkt, dem das Fahrzeug des Kl. nach seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetri...