Die Klage ist zulässig und weitestgehend begründet. Der Kl. steht gegen die Bekl. ein Anspruch auf weitere Versicherungsleistungen aus dem zwischen ihnen bestehenden Unfallversicherungsvertrag in Höhe von 32.500,00 EUR zu.
1. Der Anspruchsprüfung liegen die AUB 2012 … zugrunde, Das ergibt sich aus dem Versicherungsantrag. Warum, wie die Bekl. meint, die AUB 2015 gelten sollen, hat diese auch auf Hinweis nicht dargelegt.
2. Der Unfall selbst, die an beiden Beinen von der Kl. erlittenen Brüche sowie die sich daraus ergebenden Folgen sind zwischen den Parteien weitgehend unstreitig. Sie streiten sich vor allem darüber, welches Maß an Invalidität sich daraus ergeben hat. Maßgeblicher Zeitpunkt ist angesichts des Unfalles im Februar 2016 gemäß Klausel 3.2.1 b) der Monat August 2017. Zu diesem Zeitpunkt waren Unfallfolgen nur an den Beinen der Kl. eingetreten, so dass allein maßgeblich für die Bemessung des Invaliditätsgrades die Gliedertaxe gemäß Klausel 3.2.2 a) der Versicherungsbedingungen ist. Die Rückenbeschwerden lagen ausweislich der Einlassung des SV im Termin vom 16.6.2021 im August 2017 noch nicht vor und waren nach seinen Ausführungen auch nicht vorhersehbar.
3. Maßgeblich für die Bemessung des Invaliditätsgrades nach der Gliedertaxe sind nicht jegliche nachteiligen körperlichen Veränderungen (vom Sachverständigen Dr. S Strukturveränderungen genannt), die durch den Unfall herbeigeführt werden, sondern allein Funktionsbeeinträchtigungen, also solche Beeinträchtigungen, die sich nachteilig auf den praktischen Gebrauch eines der in der Gliedertaxe genannten Körperteils, Organs oder Sinnesorgans auswirken. Das folgt aus dem Begriff der Invalidität, der in Klausel 3.2.2 a) mit deren Verlust oder deren (Teil-)Funktionsunfähigkeit definiert wird. Diese Sicht hat auch der Sachverständige seiner Begutachtung zugrundegelegt, wie sich aus Seite 4 seines Ergänzungsgutachtens vom 16.11.2020 ergibt.
4. Die Kl. hat aufgrund des Unfalles nach den Feststellungen des SV als Folge der Brüche in beiden Beinen vor allem eine Innenrotationsfehlstellung des rechten Fußes und eine Arthrose III. Grades im linken Knie erlitten. Ausdruck dieser Folgen im Sinne einer Funktionsbeeinträchtigung sind ein hinkendes Gangbild und Schmerzen im linken Knie.
Soweit die Kl. weitere Beeinträchtigungen anführt, wie die Beinlängendifferenz, Veränderungen der Wirbelsäule, eine Verplumpung des Sprunggelenks oder eine eingeschränkte Beweglichkeit des Sprunggelenks handelt es sich um Nebenfolgen, die ihren Ausdruck im hinkenden Gangbild finden und deshalb keine eigenständigen Funktionsbeeinträchtigungen darstellen. Die geringere Beugefähigkeit des linken Beins (Reduzierung um 20 Grad gegenüber einem gesunden) hat nach den überzeugenden Ausführungen des SV im praktischen Leben keine Auswirkungen und stellt deshalb ebenfalls keine Funktionsbeeinträchtigungen dar. Die Arthrose im rechten Kniegelenk ist nach den Ausführungen des SV in seinem Ausgangsgutachten altersentsprechend degenerativ und damit nicht auf den Unfall zurückzuführen. Störungen des Gleichgewichts oder der Durchblutung konnte der SV nicht feststellen.
5. Dies zugrundegelegt besteht im rechten Bein ein Invaliditätsgrad von 3/20 Beinwert.
Gegen diese Bewertung des SV Dr. S, die mit derjenigen der Beklagten übereinstimmt, hat die Kl. nichts Wesentliches vorgebracht. Sie beruft sich auf die andersartige Einschätzung ihres Privatsachverständigen Dr. V, der aber fehlerhaft von den einzelnen körperlichen Veränderungen im rechten Bein ausgeht und nicht von Funktionsbeeinträchtigungen ausgeht. …
Den Beinwert hierfür hat der SV Dr. S anhand des Standardtabellenwerks von Schiltenwolf (Schiltenwolf/Hollo/Gaidzik, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, Thieme Verlag) ermittelt. Konkrete Einwendungen hiergegen wurden von der Kl. nicht erhoben. Der BGH hat die Verwendung derartiger standardisierter medizinischer Übereinkünfte gebilligt (vgl. Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl., § 180, Rn 7) und es ist nicht ersichtlich, dass hierdurch für das rechte Bein die Invalidität unangemessen bemessen wird.
6. Für das linke Bein besteht ein Invaliditätsgrad von 8/20 Beinwert. Die Kl. hat durch den knienahen Unterschenkelbruch eine Arthrose III. Grades erlitten, die sie in ihrer Gehfähigkeit erheblich beeinträchtigt.
a. Der Bemessung der Invalidität mit 8/20 Beinwert stehen die gutachterlichen Ausführungen des SV Dr. S nicht entgegen. Dieser hat den von ihm für richtig gehaltenen Beinwert von 3/20 ebenfalls anhand des Standardwerkes von Schiltenwolf ermittelt, das für eine Arthrose III. Grades einen solchen Wert ausweist. Die Bewertung von Arthroseschmerzen (und wohl auch die Bewertung von Schmerzen insgesamt) erfolgt dort jedoch grundsätzlich fehlerhaft, so dass die hierauf gestützte sachverständige Bewertung ebenfalls unzureichend ist.
Denn in dem Tabellenwerk von Schiltenwolf werden – ähnlich wie in anderen, ähnlichen Tabellenwerken – die vom Verunfallten bei der Funktionsausübung (hier beim Gehen) z...