VVG § 81; AKB A 2.2.2
Leitsatz
Die für das äußere Bild eines versicherten Diebstahls erforderlichen Mindesttatsachen können nur dann durch informatorische Anhörung des VN bewiesen werden, wenn Zeugen hierfür nicht zur Verfügung stehen.
Die Berufung auf eine Obliegenheitsverletzung seitens des VR erfordert in der Regel die Vorlage der Versicherungsbedingungen, die eine solche Obliegenheit enthalten.
Werden Fahrzeugschlüssel nicht so aufbewahrt, dass sie vor dem unbefugten Zugriff Dritter geschützt sind, kann hierin ein grob fahrlässiges Verhalten liegen.
OLG Dresden, Beschl. v. 5.7.2021 – 4 U 428/21
Die Kl. betreibt eine Spedition und hat für einen Lkw einen Anhänger … jeweils eine Teilkaskoversicherung unter. Sie meldete am 29.1.2018 den Diebstahl der Zugmaschine und des Anhängers am 26.1.2018 um 23:10 Uhr.
1 Aus den Gründen:
Zu Recht hat das LG der Klage im tenorierten Umfang stattgegeben. Der Kl. steht gegen die Bekl. ein Anspruch auf Erstattung des Wiederbeschaffungswertes aus dem zwischen den Parteien bestehenden Teilkaskoversicherungsvertrag (Ziff. A 2.2.2) zu.
1. Der Kl. ist der Beweis für die Entwendung der Fahrzeuge gelungen.
Beim Fahrzeugdiebstahl kommen der Kl. Beweiserleichterungen zugute. Sie muss den Beweis für das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung erbringen. Der Beweis für das äußere Bild ist erbracht, wenn ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen, bewiesen ist (…). Dieses Mindestmaß wird in der Regel erfüllt, wenn bewiesen wird, dass das Fahrzeug vom VN an einen bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit abgestellt, dort aber nicht wieder aufgefunden worden ist …
Das LG hat angenommen, dass der Kl. der Beweis für das Abstellen nach dem Ergebnis der Einvernahme des Zeugen S. und der Anhörung des Geschäftsführers J. K. gelungen ist. Der Zeuge S. – von Beruf Kraftfahrer – hat vor dem Landgericht angegeben, dass er den Schlüssel am Haken auf dem Briefkasten nicht vorgefunden habe und sich den Zweitschlüssel aus der Werkstatt geholt habe. Er habe dann das Fahrzeug umgeladen und verschlossen wieder abgestellt und anschließend den Zweitschlüssel in der Werkstatt abgegeben. Der Geschäftsführer J. K. erklärte bei seiner Anhörung, dass er dem Zeugen S. nach der Rückkehr des Lkw's und des Hängers den Auftrag gegeben habe, die Container zu tauschen. Der Zeuge S. habe dann zwei Wechselbrücken vom Lkw und Anhänger entfernt, abgestellt und zwei neue Container, die mit Haushaltsgeräten beladen gewesen seien, aufgeladen. Der Zeuge S. habe den Lkw mit den Hängern auf die gleiche Position zurückgefahren, wo er vorher schon abgestellt worden sei. Das LG hat den Zeugen S. für glaubwürdig gehalten und seine Aussage für glaubhaft. Sie stimmt mit den Angaben des Geschäftsführers J. K. im Wesentlichen überein. Dies ist berufungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Ohne Erfolg bemängelt die Bekl. die vermeintliche Inkonsistenz der Angaben des Geschäftsführers der Kl. in der mündlichen Verhandlung vor dem LG und im Rahmen der Schadensanzeige, insofern als in der Schadensanzeige angegeben wurde, dass der Geschäftsführer J. K. am 27.1.2018 den Lastzug zu Wartungsarbeiten in eine Werkstatt nach Bodenbach habe bringen wollen, in Abweichung hiervon aber nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung die Fahrzeuge mit neuen Containern – mit Haushaltsgeräten – für die nächste Fahrt beladen worden seien. Ob hierdurch die Redlichkeitsvoraussetzung der Geschäftsführer der Kl. erschüttert ist, kann dahinstehen, denn die Kl. konnte den Beweis bereits durch die Angaben des Zeugen S. führen. Nur wenn die Kl. den Beweis nicht mit unmittelbaren Zeugen führen kann, so kann die Beweisführung auch durch die informatorische Anhörung des VN geführt werden (vgl. OLG Dresden BeckRS 2015, 4606; BGH NJW-RR 2002, 671). Voraussetzung hierfür ist dann seine Glaubwürdigkeit (vgl. BGH NJW-RR 1997, 598). Hier hat der Zeuge S. bereits das Abstellen der Fahrzeuge bestätigt. Bedenken an seiner Glaubwürdigkeit sind nicht ersichtlich und wurden von der Bekl. auch nicht geäußert. Die Fahrzeuge wurden am nächsten Morgen, dem 27.1.2018, vom Geschäftsführer der Kl. J. K. nicht wieder aufgefunden. Die Entwendung wurde bei der Polizei gemeldet. Dies hat die Bekl. weder in erster Instanz noch im Berufungsverfahren in Abrede gestellt.
2. Die Bekl. kann sich nicht mit Erfolg auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung von Obliegenheiten berufen. Sie hat schon nicht dargelegt, welche vertraglichen Obliegenheiten bestehen und inwieweit die Kl. dagegen verstoßen haben soll. Nach § 28 Abs. 2 VVG rechtfertigt die Verletzung einer Obliegenheit, die Leistungsfreiheit oder die Kürzung der Versicherungsleistung nur dann, wenn die Obliegenheit vertraglich begründet ist. Obliegenheiten müssen klar vereinbart sein (vgl. Armbrüster in Prölss/Martin in Kommentar zum VVG, 31. Aufl., § 28 Rn 3). Die Bekl. hat weder ihre Allgemeinen Versicherungsbedingungen vorgelegt noch substantiiert dargelegt, welche Obliegenheiten der Kl. a...