Der BGH hat endlich die in Rechtsprechung und Literatur seit vielen Jahren umstrittene Frage dahin geklärt, dass die Beiordnung als Pflichtverteidiger sich automatisch auch auf das Adhäsionsverfahren erstreckt (s. hierzu auch eingehend Burhoff, ZAP Fach 22 R, 673 ff.). Somit erwirbt der Pflichtverteidiger, ohne dass es einen Beschlusses des Gerichts zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe und zur Beiordnung des Rechtsanwalts bedarf, kraft der Bestellung zum Pflichtverteidiger für seine Tätigkeit im Adhäsionsverfahren gegen die Staatskasse gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 RVG einen Anspruch auf die gesetzlich bestimmte Vergütung. Für die Tätigkeit im erstinstanzlichen Adhäsionsverfahren ist dies nach Nr. 4143 VV RVG eine 2,0 Gebühr, im Berufungs- und Revisionsverfahren erhält der Pflichtverteidiger nach Nr. 4144 VV RVG eine 2,5 Gebühr, die sich beide nach dem Gegenstandswert des Adhäsionsverfahrens berechnen.

Angesichts der großen praktischen Bedeutung seiner Entscheidung verwundert es etwas, dass der 6 Strafsenat des BGH diese nicht mit einem amtlichen Leitsatz versehen hat. Deshalb ist zu befürchten, dass es längere Zeit dauern wird, bis die Instanzgerichte von der Entscheidung des BGH Kenntnis nehmen. Um Probleme bei der nach § 55 RVG vorzunehmenden Festsetzung der aus der Staatskasse für das Adhäsionsverfahren zu zahlenden Vergütung zu vermeiden, sollte der Pflichtverteidiger beim Gericht unter Hinweis auf die Entscheidung des 6. Strafsenats des BGH vorsorglich die Feststellung beantragen, dass sich die Bestellung zum Pflichtverteidiger auch auf das Adhäsionsverfahren erstreckt. Mit einer solchen gerichtlichen Feststellung wird dem für die Festsetzung der Vergütung zuständigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle klargemacht, dass dem Pflichtverteidiger auch die für das Adhäsionsverfahren geltend gemachten Gebühre(en) und Auslagen aus der Staatskasse zustehen.

Der Verteidiger, der dem Angeschuldigten nicht gem. § 140 StPO als Pflichtverteidiger bestellt worden ist, muss nach wie vor daran denken, gem. § 404 Abs. 5 StPO einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Adhäsionsverfahren und auf seine Beiordnung bei dem Gericht stellen, das mit der Sache befasst ist. Daran hat die Entscheidung des 6. Strafsenats des BGH nichts geändert.

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens

zfs 12/2021, S. 703 - 705

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