StVZO § 31a Abs. 1 S. 1
Leitsatz
1. In Bezug auf die Frage, ob die Feststellung des Fahrzeugführers i.S.d. § 31a Abs. 1 StVZO nicht möglich war, weil die Antragstellerin als Fahrzeughalterin an der Aufklärung nicht mitgewirkt hat, ist es unerheblich, ob es ihr möglich gewesen wäre, die für die Überprüfung des Messergebnisses erforderlichen Daten vor Ablauf der Verjährungsfrist von der Bußgeldstelle zu erhalten.
2. Auf die Einhaltung dieser Zweiwochenfrist, die ohnehin weder ein formales Tatbestandsmerkmal des § 31a Abs. 1 S. 1 StVZO noch eine starre Grenze darstellt, kann sich der Halter nach ständiger Rechtsprechung des Senats und anderer Obergerichte nicht bei Verkehrsverstößen berufen, die mit einem Firmenfahrzeug eines Kaufmanns im geschäftlichen Zusammenhang begangen worden sind.
3. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BVerwG wird davon ausgegangen, dass das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung, wenn eine Fahrtenbuchanordnung auf die mit einem standardisierten Messverfahren ermittelte Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gestützt wird, nur dann von Amts wegen überprüft werden muss, wenn der Adressat der Anordnung plausible Anhaltspunkte für einen Messfehler vorträgt oder sich solche Anhaltspunkte sonst ergeben.
4. Der Adressat einer Fahrtenbuchanordnung, der sich gegen die Verwertbarkeit der Geschwindigkeitsmessung mit einem standardisierten Messverfahren wendet, kann sich nicht mit Erfolg auf die Verweigerung des Zugangs zu bei der Bußgeldstelle gespeicherten Daten – also um Daten, die sich außerhalb der Akten des Fahrtenbuchverfahrens befinden – berufen, wenn er nicht seinerseits alles ihm Zumutbare unternommen hat, um den gewünschten Zugang von der Bußgeldstelle zu erhalten. (Leitsätze der Schriftleitung)
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 6.10.2023 – 8 B 960/23
1 Aus den Gründen: "…"
Die Beschwerde der Antragstellerin [gg. den Beschl. des VG Köln v. 16.8.2023 – 18 L 1042/23] hat keinen Erfolg. Ihr Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO beschränkt ist, stellt den angegriffenen Beschluss nicht durchgreifend in Frage.
1. Die in Ziffer 1 der Ordnungsverfügung vom 22.5.2023 geregelte Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs findet ihre rechtliche Grundlage in § 31a Abs. 1 S. 1 StVZO. Hiernach kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
Die Feststellung des verantwortlichen Fahrers ist im Sinne dieser Vorschrift nicht möglich, wenn die Bußgeldbehörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Zu den danach angemessenen Ermittlungsmaßnahmen gehört in erster Linie, dass der Halter möglichst umgehend – im Regelfall innerhalb von zwei Wochen – von dem mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoß benachrichtigt wird, damit er die Frage, wer zur Tatzeit sein Fahrzeug geführt hat, noch zuverlässig beantworten kann und der Täter Entlastungsgründe vorbringen kann. Eine solche Benachrichtigung begründet für den Halter eine Obliegenheit, zur Aufklärung des mit seinem Fahrzeug begangenen Verkehrsverstoßes so weit mitzuwirken, wie es ihm möglich und zumutbar ist. Dazu gehört es insbesondere, dass er den bekannten oder auf einem vorgelegten Lichtbild erkannten Fahrer benennt oder zumindest den möglichen Täterkreis eingrenzt und die Täterfeststellung durch Nachfragen im Kreis der Nutzungsberechtigten fördert. Lehnt der Halter erkennbar die Mitwirkung an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Person ab und liegen der Bußgeldbehörde auch sonst keine konkreten Ermittlungsansätze vor, ist es dieser regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben (vgl. OVG NRW, Urt. v. 31.5.2023 – 8 A 2361/22 –, juris Rn 27 f., m.w.N.)
Auf die Einhaltung dieser Zweiwochenfrist, die ohnehin weder ein formales Tatbestandsmerkmal des § 31a Abs. 1 S. 1 StVZO noch eine starre Grenze darstellt, kann sich der Halter nach ständiger Rechtsprechung des Senats und anderer Obergerichte nicht bei Verkehrsverstößen berufen, die mit einem Firmenfahrzeug eines Kaufmanns im geschäftlichen Zusammenhang begangen worden sind (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 30.6.2020 – 8 A 1423/19 –, juris Rn 15 f., m.w.N.).
a) Ausgehend von diesen Grundsätzen, die das VG seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt hat und mit denen sich das Beschwerdevorbringen im Übrigen auch nicht auseinandersetzt, war die Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers für die Bußgeldbehörde nicht möglich. Die Antragstellerin hat an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verantwortlichen Person nicht mitgewirkt. Die Bußgeldbehörde hat sie mit Zeugenfragebogen vom 2.2.20...