Die üblicherweise praktizierte außergerichtliche Schadenregulierung erfolgt beim Schmerzensgeldanspruch dergestalt, dass zur Vorbereitung der Bezifferung des sachgerechten Schmerzensgeldanspruchs entweder durch den Versicherer oder besser durch den Geschädigten Arztberichte eingeholt werden. Diese werden dann regelmäßig an den Versicherer übersandt und im Folgenden wird ein Schmerzensgeldanspruch beziffert. Diese Vorgehensweise kann zu Haftungsrisiken beim tätigen Rechtsanwalt führen, die u.a. auf der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Einheitlichkeit des Schmerzensgeldanspruchs beruht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gebietet es der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldanspruchs, dass die Höhe des dem Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldanspruchs aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadenfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadenbildes bemessen wird. Dies führt bei der notwendigen Bezifferung des Schmerzensgeldes dazu, dass der sachbearbeitende Rechtsanwalt sich nicht nur Klarheit darüber verschaffen muss, welche Verletzungsfolgen bereits eingetreten sind, sondern er muss weitergehend prüfen, ob mögliche Verletzungsfolgen noch eintreten können. Hier wird er regelmäßig überfordert sein. Von daher ist der sachbearbeitende Rechtsanwalt gut beraten, sich medizinischen Rates zu bedienen. In diesem Sinne sollte ein nicht in die Behandlung eingebundener Mediziner im Sinne einer Gutachtenerstellung befragt werden, welche weitergehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen möglich sind. Die insoweit aufzuwendenden Kosten für die ärztlichen Gutachten hat der Haftpflichtversicherer zu erstatten. Der durch einen unbeteiligten Sachverständigen beratene Rechtsanwalt wird dann nach Rücksprache mit der Mandantschaft zu entscheiden haben, ob er bei der Bezifferung des Schmerzensgeldanspruchs diese zukünftigen möglichen weitergehenden Beeinträchtigungen einpreist oder aber ob er den Weg der offenen Teilklage wählt. Versicherer wenden häufig ein, dass eine Teilklage nicht zulässig sei. Sie begründen dies mit der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldanspruchs. Das Gegenteil ist richtig. Ein Teil-Schmerzensgeld kann außergerichtlich und im Zweifel durch offene Teil-Schmerzensgeldklage geltend gemacht werden, wenn sich die künftige Entwicklung noch nicht überschauen lässt, weshalb das insgesamt angemessene Schmerzensgeld noch nicht endgültig beurteilt werden kann und sich deshalb das Gericht außerstande sieht, den Betrag in voller Höhe zu ermitteln. Bereits das Reichsgericht hat es für zulässig erachtet, den Betrag des Schmerzensgeldes zuzusprechen, der dem Verletzten zum Zeitpunkt der Entscheidung mindestens zusteht und später den zuzuerkennenden Betrag auf die volle abzuschätzende Summe zu erhöhen, den der Verletzte aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der für den immateriellen Schaden maßgeblichen Umstände beanspruchen kann, wenn sich nicht endgültig sagen lässt, welche Änderungen des gesundheitlichen Zustandes noch eintreten können. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung fortgeführt und ausdrücklich die offene Schmerzensgeldteilklage für zulässig erachtet. Dass der sachbearbeitende Rechtsanwalt häufig gut beraten sein wird, den Schmerzensgeldanspruch im Wege der offenen Schmerzensgeldteilklage geltend zu machen, zeigt nachdrücklich die Entscheidung des OLG Düsseldorf aus dem Jahre 2021. Der Leitsatz 1 der Entscheidung lautet wie folgt:
"Verlangt der Geschädigte wegen der Chronifizierung seiner unfallbedingten, behandlungsbedürftigen Erkrankung ein weiteres Schmerzensgeld, kann dem die Rechtskraft des vorangegangenen Schmerzensgeldurteils entgegenstehen."
Das Oberlandesgericht hat dann in den Entscheidungsgründen ausgeführt:
"Wegen der vielfältigen Hinweise der Sachverständigen auf die Behandlungsbedürftigkeit der Erkrankung hatte die Klägerin im Vorprozess Gelegenheit wie auch Anlass, entweder einen Aufschlag auf das Schmerzensgeld wegen des fortbestehenden Risikos der Chronifizierung geltend zu machen oder aber sich auf eine offene Teilklage zu beschränken, mit der die mögliche aber noch nicht eingetretene Schadenfolge (Chronifizierung) aus der Schmerzensgeldbemessung herausgenommen worden wäre."
Die zuvor zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf belegt einen anwaltlichen Handlungsfehler.
Der Bundesgerichtshof hat sich schon in den 1980er Jahren mit der Rechtskraft eines Schmerzensgeldurteils hinsichtlich weiterer Verletzungsfolgen befasst. Der Leitsatz 2 dieser Entscheidung lautet wie folgt:
"Nur wenn es sich um Verletzungsfolgen handelt, an die auch ein mit der Beurteilung des Ausmaßes und der voraussichtlichen weiteren Entwicklung eines unfallursächlichen Körperschadens des Verletzten beauftragter Sachverständiger nicht zu denken brauchte, die aber entgegen aller Wahrscheinlichkeit schließlich doch eingetreten sind, darf angenommen werden, dass sie vom Streitgegenstand und Entscheidungsgegenstan...