1. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Antragsteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten. Dies gilt im Fahrerlaubnisrecht angesichts der staatlichen Schutzpflicht für das Leben und die Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer in besonderem Maße, da das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge im Straßenverkehr mit erheblichen Gefahren für diese Rechtsgüter einhergeht, wenn der Betroffene nicht fahrgeeignet oder zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht befähigt ist. Ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache ist demnach zu verneinen, wenn die Fahrerlaubnisbehörde von dem Fahrerlaubnisbewerber im Wiedererteilungsverfahren zu Recht die Vorlage eines positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens verlangt und dieser das Gutachten nicht beigebracht hat.
2. Eine einmalig gebliebene Trunkenheitsfahrt mit einer BAK unter 1,6 Promille genügt ohne zusätzliche aussagekräftige Umstände nicht, um als sonstige Tatsache im Sinne des i.S.d. § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 2 FeV ("Zusatztatsache") die Annahme von Alkoholmissbrauch zu begründen (BVerwG, Urt. v. 6.4.2017 – 3 C 24.15, zfs 2017, 594). Das Fehlen alkoholbedingter Ausfallerscheinungen bei einer Fahrt mit einer BAK von 1,1 ‰ oder mehr, ist eine aussagekräftige, auf Alkoholmissbrauch hinweisende Zusatztatsache, sofern dies aktenkundig festgestellt und dokumentiert worden ist. Hier ist zur Klärung von Zweifeln an der Fahreignung ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen (BVerwG, Urt. v. 17.3.2021 – 3 C 3.20, zfs 2021, 474, 475).
3. Die Beendigung von Alkoholmissbrauch setzt nach Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV bzw. Nr. 3.13.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (v. 27.1.2014, VkBl S. 110, in der Fassung vom 17.2.2021, VkBl S. 198), die nach Anlage 4a zur FeV Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind, eine stabile und gefestigte Änderung des Trinkverhaltens voraus. Eine länger bestehende Trinkpause bietet für sich allein genommen noch keine ausreichende Gewähr für eine positive Verkehrsverhaltensprognose. (Leitsätze der Schriftleitung)
BayVGH, Beschl. v. 16.10.2023 – 11 CE 23.1306