1 Straßenverkehrsrecht
1.1 Bundesrat stoppt die Änderung des StVG und StVO-Novelle
Das vom Bundestag beschlossene Zehnte Gesetz zur Änderung der Straßenverkehrsordnung erhielt am 24.11.2023 nicht die erforderliche Zustimmung des Bundesrates. Damit fehlt es an der Rechtsgrundlage für die von der Bundesregierung geplante Novelle der StVO. Die Abstimmung über die 56. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften wurde daher ausgesetzt. Die Bundesregierung oder der Bundestag haben nun die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Ziel der geplanten Änderungen war es, bei behördlichen Anordnungen neben der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auch Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigen zu können (siehe dazu das Editorial im November-Heft, zfs 2023, 601).
Quelle: BundesratKOMPAKT v. 24.11.2023 zur 1038. Sitzung des Bundesrates
2 Haftungsrecht
2.1 Ersatzfähigkeit der Kosten für die Verwahrung eines privat abgeschleppten Kfz (BGH, Urt. v. 17.11.2023 – V ZR 192/22)
Mit Urt. v. 17.11.2023 (V ZR 192/22) hat der V. Zivilsenat des BGH entschieden, dass zu den nach den Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 577, 683 Satz 1 i.V.m. § 670 BGB) erstattungsfähigen Kosten für die Entfernung eines unbefugt auf einem Privatgrundstück abgestellten Fahrzeugs grundsätzlich auch die Kosten zählen, die im Zusammenhang mit der Verwahrung des Fahrzeugs im Anschluss an den Abschleppvorgang entstehen. Der Grundstücksbesitzer ist allerdings gehalten, den Halter des abgeschleppten Fahrzeugs unmittelbar im Anschluss über den Abschleppvorgang zu unterrichten. Eine Verletzung dieser Pflicht kann zu einer Anspruchskürzung führen, wenn sie zur Folge hat, dass der Halter die Herausgabe seines Fahrzeugs erst mit einer zeitlichen Verzögerung verlangen kann. Der Erstattungsanspruch ist zudem zeitlich bis zu einem Herausgabeverlangen des Halters begrenzt, da die danach anfallenden Verwahrkosten nicht mehr der Abwicklung des Abschleppvorgangs dienen. Für die Zeit nach dem Herausgabeverlangen kommt jedoch ein Ersatz von Verwahrkosten nach § 304 BGB in Betracht, wenn der das Fahrzeug herausverlangende Halter nicht bereit ist, im Gegenzug die Abschleppkosten und die bisher angefallen ortsüblichen Kosten der Verwahrung des Fahrzeugs zu zahlen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Herausgabe des Fahrzeugs dem Halter ordnungsgemäß in einer den Annahmeverzug begründenden Weise angeboten worden ist.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 190/2023 v. 17.11.2023
3 Prozessrecht
3.1 Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten
Der Bundestag hat am 15.11.2023 den Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten in der Fassung des Rechtsausschusses (BT-Drucksache 20/9354) in dritter Lesung angenommen. Damit soll die Durchführung von mündlichen Verhandlungen im Wege der Videokonferenz gefördert werden. Das Gesetz sieht u.a. vor, dass dem Antrag eines Verfahrensbeteiligten auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung per Video in der Regel stattgegeben werden soll. Zudem sollen vollvirtuelle Verhandlungen ermöglicht werden, bei denen auch das Gericht per Video zugeschaltet wird.
Quelle: Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages 20/138 v. 17.11.2023
4 Straßenverkehrsordnung
4.1 Kein Rückwärtsfahren in der Einbahnstraße, um einem ausparkenden Fahrzeug Platz zu machen (BGH, Urt. v. 10.10.2023 – VI ZR 287/22)
Mit Urt. v. 10.10.2023 (VI ZR 287/22) hat der BGH klargestellt, dass ein Rückwärtsfahren in Einbahnstraßen (Vorschriftszeichen 220) nur zum unmittelbaren Rückwärtseinparken ("Rangieren") oder zum Rückwärtseinfahren von einem Grundstück auf die Straße ausnahmsweise erlaubt ist. Demgegenüber sei ein Rückwärtsfahren auch dann nicht erlaubt, wenn es dazu diene, erst zu einer freien oder freiwerdenden Parklücke zu gelangen. Entsprechendes gelte, wenn ein Rückwärtsfahren dazu diene, einem Fahrzeug die Ausfahrt aus einer Parklücke zu ermöglichen, um anschließend selbst in diese einfahren zu können. Im entschiedenen Fall war der Beklagte einige Meter rückwärtsgefahren, um einem ausparkenden Fahrzeug Platz zu machen.
Quelle: www.bundesgerichtshof.de
Autor: Karsten Funke
Karsten Funke, Richter am Landgericht, München
zfs 12/2023, S. 662