1.) Die Kl. kann aus dem mit der Bekl. geschlossenen Vollkaskoversicherungsvertrag für Kraftfahrzeuge aufgrund des unstreitigen Versicherungsfalls keine höheren Leistungen der Bekl. verlangen, als ihr das LG erstinstanzlich zugesprochen hat. Insbesondere steht ihr kein Anspruch auf Neupreisentschädigung gem. Ziffer A.2.6.2 AKB zu, da die erforderlichen Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen.
a) Nach Ziffer A.2.6.2 AKB ersetzt die Bekl. bei Pkw (ausgenommen Mietwagen, Taxen, und Selbstfahrervermiet-Pkw) den Neupreis des Fahrzeugs nach Ziffer A.2.6.10 AKB, wenn bei vereinbartem Basisschutz innerhalb von 12 Monaten und bei vereinbartem Comfortschutz innerhalb von 24 Monaten nach Vertragsbeginn eine Zerstörung, ein Totalschaden oder ein Verlust eintritt und der Zeitraum zwischen Erstzulassung des Fahrzeugs und Vertragsbeginn nicht mehr als einen Monat beträgt. Weitere Voraussetzung ist, dass sich das Fahrzeug bei Eintritt des Schadenereignisses im Eigentum dessen befindet, der es als Neu- oder Vorführfahrzeug vom Kfz-Händler oder Kfz-Hersteller erworben hat. Ein vorhandener Restwert des Fahrzeugs wird abgezogen. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass das versicherte, streitgegenständliche Fahrzeug die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt, da die Erstzulassung bereits am 10.4.2019, mithin fast fünf Monate vor Versicherungsbeginn, erfolgte und damit die Monatsfrist nach Ziffer A.2.6.2 AKB überschritten ist.
b) Entgegen der Ansicht der Kl. ist Ziffer A.2.6.2 AKB auch weder unwirksam noch unklar.
Zunächst scheidet eine Inhaltskontrolle der Bestimmung gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB aus. Ziffer A.2.6.2 AKB ist als primäre Leistungsbeschreibung einer Inhaltskontrolle entzogen, denn die Klausel legt Art und Umfang der Neupreisentschädigung, mithin der geschuldeten Leistung des VR fest (BGH, Urt. v. 12.3.2014 – IV ZR 295/13; v. 26.1.2022 – IV ZR 144/21). Ein Ausnahmefall, in dem § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB die Inhaltskontrolle einer Leistungsbeschreibung ausnahmsweise nicht hindert (vgl. BGH NJW-RR 2008, 189 …), ist vorliegend nicht gegeben.
Auch der Einwand fehlender Transparenz verhilft der Klage hier nicht zum Erfolg. Zwar erstreckt sich die Transparenzkontrolle gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB grundsätzlich auf das Hauptleistungsversprechen. Jedoch ist A.2.6.2 AKB von vornherein von einer Unwirksamkeitsfolge ausgeschlossen, weil es ansonsten – mangels gesetzlicher Definition – keine Regelung zur Neupreisentschädigung gäbe und der VN insoweit ohne den erweiterten Versicherungsschutz stünde.
Demgegenüber ist die Unklarheitenregel des § 305c BGB zwar grundsätzlich auch auf Klauseln anwendbar, die als Leistungsbeschreibungen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 BGB entzogen sind (vgl. Langheid/Rixecker, VVG, 7. Aufl., § 1 Rn 60). Diesbezüglich ist das LG mit einsichtiger Argumentation, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend Bezug genommen wird, zu dem vom Senat geteilten Ergebnis gekommen, dass die Klausel nicht überraschend i.S.v. § 305c BGB unwirksam ist. Nach dieser Vorschrift werden Bestimmungen in AGB, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Eine überraschende Klausel i.S. des § 305c Abs. 1 BGB ist allein dann anzunehmen, wenn ihr ein Überrumpelungseffekt innewohnt, Sie muss eine Regelung enthalten, die von den Erwartungen des VN in einer Art und Weise deutlich abweicht, mit der er nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (…). Das ist hier nicht der Fall.
c) Der Kl. steht auch kein weitergehender Anspruch aus der sog. "GAP-Deckung" zu. Nach A.2.6.11 b AKB ersetzt die Bekl. bei finanzierten Fahrzeugen den sich aus dem Darlehensvertrag ergebenden Darlehensrestbetrag am Tag des Schadens. Der Betrag vermindert sich um den Zinsvorteil, den die Bank durch die vorzeitige Beendigung des Darlehensvertrags erlangt. Grundlage für die Erstattung ist die Abrechnung des Kreditgebers. Als Höchstentschädigung leistet die Bekl. neben der Entschädigung aus A.2.6.1 maximal 6 Monatsdarlehensraten, Diese Leistung hat die Bekl. vollständig erbracht.
2.) Die Kl. hat gegen die Bekl. auch keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Verletzung von Beratungspflichten (§ 6 Abs. 5 VVG). Pflichtverletzungen der Bekl. gegenüber der Kl., aus denen ihr Schadensersatzansprüche erwachsen sein könnten, sind nicht ersichtlich; darüber hinaus fehlt es aber auch unter Berücksichtigung des bisherigen Vorbringens der Kl. am Nachweis eines ersatzfähigen Vermögensschadens.
a) Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 VVG hat ein VR seinen VN, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des VN und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom VN zu zahlenden Prämien, zu beraten.
aa) Diese...