RBE Ziffer I S. 1
Leitsatz
Die Tätigkeit eines Rentners als "Hausmeister" in einer Tennishalle ist Ausübung eines Berufes i.S.d. Besonderen Bedingungen für die Privathaftpflichtversicherung, wenn diese Tätigkeit bereits seit zehn Jahren ausgeübt wird, der VN monatliche Abrechnungen über geleistete Arbeitsstunden erstellt und er bei der zuständigen Berufsgenossenschaft angemeldet worden ist. Auch die geringe Höhe des Verdienstes (hier: weniger als 100 EUR monatlich) lässt eine solche Tätigkeit nicht als Freizeit- oder Hobbytätigkeit erscheinen.
OLG Hamm, Beschl. v. 3.8.2011 – 20 W 18/11
Sachverhalt
Der ASt. nimmt die AG aus einer seit 1985 bestehenden privaten Haftpflichtversicherung in Anspruch.
Er führte am 29.5.2010 auf dem Dach einer in G gelegenen Tennishalle mit einem Bunsenbrenner Schweißerarbeiten aus, in deren Verlauf das Dach Feuer fing. Dadurch entstand ein Zeitwertschaden von rund 240.000 EUR. Das gegen den ASt. gerichtete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft B wegen eines Vergehens nach § 306d StGB wurde nach § 153 StPO eingestellt, weil der ASt. bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei und ihm "allenfalls leichte Fahrlässigkeit" vorgeworfen werden könne. Nachdem die A Versicherungs-AG als Sach(Feuer)VR der Eigentümerin der Tennishalle die Inanspruchnahme des Ast. als Regressschuldner angekündigt hatte, ließ die AG dem ASt. mit Schreiben vom 26.11.2010 mitteilen, dass nicht ersichtlich sei, dass die gesetzliche Haftpflicht des ASt. als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens betroffen sei.
2 Aus den Gründen:
“… Nach Ziffer I S. 1 der einbezogenen “Risikobeschreibungen, Besonderen Bedingungen für Erläuterungen (RBE) für die Privathaftpflichtversicherung' ist im Rahmen der ebenfalls vereinbarten AHB, die den Musterbedingungen 2000 entsprechen, die gesetzliche Haftpflicht des VN als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens mit Ausnahme der Gefahren eines Betriebes, Berufes, Dienstes, Amtes (auch Ehrenamtes), einer verantwortlichen Betätigung in Vereinigungen aller Art oder einer ungewöhnlichen und gefährliche Beschäftigung versichert.
Während aus der Formulierung “aus den Gefahren des täglichen Lebens' keine Beschränkung des Versicherungsschutzes folgt, die über die in Ziffer I S. 1 RBE genannten Ausnahmen hinausgeht (vgl. Voit/Knappmann, Privathaftpflicht Nr. 2 Rn 2) stellt die Klausel “mit Ausnahme der Gefahren eines Berufes' eine negative Risikobeschreibung dar (vgl. Voit/Knappmann in Prölss/Martin, 27. Aufl., Versicherungsvertragsgesetz, Privathaftpflicht Nr. 1 Rn 5, 6). Dem beruflichen bzw. dem gleichgestellten nebenberuflichen Bereich ist dabei eine auf Dauer angelegte Tätigkeit zuzuordnen, während gelegentliche, nach Art und Umfang als Hobby- und Freizeitbeschäftigung anzusehende Tätigkeiten gedeckt sind, auch wenn der VN berufliche Kenntnisse einsetzt und einen Nebenverdienst erzielt (Voit/Knappmann a.a.O. Privathaftpflicht Nr. 1 Rn 6 …). Allerdings bleibt der berufliche Charakter erhalten, wenn die Tätigkeit im Einzelfall oder häufiger unentgeltlich ausgeübt wird, falls es sich nicht um einen spontanen, ungeplanten Einsatz beruflicher Kenntnisse aus akutem Anlass handelt (vgl. Senat VersR 1980, 1037). Der Bezug eines Entgelts ist kein geeignetes Abgrenzungskriterium (BGH VersR 2004, 59; 1981, 271); allerdings können Art und Höhe des Entgelts für die Frage von Bedeutung sein, ob die Tätigkeit zur dauernden Aufgabe mit dem Zweck des Erwerbs des Lebensunterhalts geworden ist (BGH VersR 1981, 271). Entscheidend ist die Bestimmung des Schwergewichts (Senat VersR 80, 1037), was nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen ist … Aus dem Vorliegen einer negativen Risikobeschreibung (Risikoausschluss) folgt, dass es Sache des VR ist, zu beweisen, dass der Schaden Folge einer berufIichen Tätigkeit ist (BGH VersR 2004, 591; Senat VersR 1980, 1037). Demgegenüber fallen nach der Neufassung der Musterbedingungen 2007 in den Risikobereich der Privathaftpflichtversicherung ausschließlich Risiken, die den VN als Berufstätigen treffen, so dass es nach der Neufassung Sache des VN ist, anspruchsbegründend zu beweisen, dass ihn ein privates und nicht ein Risiko des Berufes oder Betriebes getroffen hat …
Gemessen an diesen Grundsätzen liegt hier eine berufliche Tätigkeit des ASt. und keine Hobby- oder Freizeitbeschäftigung vor. Denn der ASt. hat über Jahre hinweg planmäßig und regelmäßig eine Tätigkeit als Hausmeister ausgeübt. Der ASt. hat bereits vor seiner etwa im Jahr 2000 erfolgten Verrentung nach Errichtung der Tennishalle im Jahre 1990 dort immer mal wieder kleinere Arbeiten ausgeführt. Seit seiner Verrentung, also seit etwa zehn Jahren, hat der ASt. in der Tennishalle eine Hausmeistertätigkeit ausgeübt; als Hausmeister hat ihn nicht nur die Halleneigentümerin angesehen; in der Schadensanzeige hat der ASt. selbst seine Tätigkeit als “Hausmeistertätigkeit' bezeichnet. Die Halleneigentümerin hat ihn als bei ihr “beschäftigt' bezeichnet; er ist von ihr bei der Verwaltungsberufsgenossenschaft angemeldet worden. Der...