StVG § 3 Abs. 1; FeV § 46
Leitsatz
Zu den Anforderungen an den Nachweis des Amphetaminkonsums bei Entziehung der Fahrerlaubnis.
(Leitsatz der Schriftleitung)
NdsOVG, Beschl. v. 23.11.2011 – 12 ME 245/11
Sachverhalt
Der ASt. wendet sich gegen die mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung versehene Entziehung seiner Fahrerlaubnis unter anderem der Klassen CE. Ihm war bereits im März 2010 die Fahrerlaubnis entzogen worden, nachdem er ein medizinisch-psychologisches Gutachten, zu dessen Beibringung er aufgrund eines Kokainkonsums aufgefordert worden war, nicht vorgelegt hatte. Am 26.7.2010 wurde dem ASt. die hier streitige Fahrerlaubnis wiedererteilt, nachdem er sich zuvor einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterzogen und an einem Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung teilgenommen hatte.
Am 26.11.2010, geriet der ASt. als Führer eines Kfz in eine Verkehrskontrolle durch die Polizeiinspektion D. Die Polizeibeamten stellten fest, dass die Augenlider des Betroffenen stark flatterten und die Pupillen einen sog. Reboundeffekt aufwiesen. Der mit Zustimmung des ASt. vor Ort durchgeführte Urintest fiel positiv auf Amphetamine aus. Die daraufhin entnommene Blutprobe ergab nach dem Endbefund des Labors Dr. E. einen Wert von 11 ng/ml Amphetamin im Serum.
Im Rahmen einer Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis machte der ASt. unter Vorlage eines Attestes des Facharztes für Innere Medizin Dr. F. v. 6.1.2011 geltend, er nehme das Raucherentwöhnungsmittel Zyban ein, welches den Wirkstoff Bupropion enthalte und zu einem falsch positiven Drogentest führen könne; der Laborbefund entspreche nicht den fachlichen Standards und sei nicht aussagekräftig.
Unter dem 7.6.2011 forderte der AG den ASt. wegen der neuerlich aufgetretenen erheblichen Zweifel an seiner Eignung zum Führen von Kfz zur Vorlage des Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Kraftfahreignung einschließlich einer Haaranalyse auf und setzte dafür eine Frist von vier Wochen. Nachdem ein Gutachten nicht vorgelegt worden war, entzog der AG mit Bescheid v. 13.7.2011 die Fahrerlaubnis des ASt. und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung der Maßnahme an.
Den Antrag des ASt., die aufschiebende Wirkung seiner dagegen erhobenen Klage wiederherzustellen, lehnte das VG Hannover mit Beschl. v. 6.9.2011 – 5 B 2852/11 – ab und führte im Wesentlichen zur Begründung aus: Die Straßenverkehrsbehörde habe dem ASt. angesichts der nachgewiesenen Einnahme von Betäubungsmitteln die Fahrerlaubnis rechtmäßig entzogen. Das Gericht habe keinen Zweifel daran, dass das Untersuchungsergebnis der Blutprobe zutreffend sei und ein Regelfall gem. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV vorliege. Soweit der ASt. behaupte und an Eides statt versichere, er habe keine Amphetamine zu sich genommen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fielen, sei dies als Schutzbehauptung zu werten und werde durch das Ergebnis der toxikologischen Untersuchung durch das Labor Dr. E. widerlegt. Es gebe bei summarischer Prüfung keine Anhaltspunkte dafür, dass die Messung nicht verwertbar sein könnte. Soweit der ASt. einwende, der gemessene Wert könne nur auf dem Konsum des Raucherentwöhnungsmittels Zyban beruhen, welches den Wirkstoff Bupropion enthalte und zu einem falsch positiven Drogentest führen könne, habe das Labor eine praktische Überprüfung vorgenommen und dahin Stellung genommen, dass im chromatographischen Verfahren zwischen Bupropion und Amphetamin deutlich unterschieden werde. Auch durch die – im gerichtlichen Verfahren vorgelegte – Haaranalyse v. Juni 2011 werde das Ergebnis der chemisch-toxikologischen Untersuchung durch das Labor Dr. E. nicht infrage gestellt. Besondere Umstände, die entgegen den in Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV zum Ausdruck gekommenen Erfahrungssätzen ausnahmsweise die Annahme rechtfertigten, dass der Fahrerlaubnisinhaber trotz des Drogenkonsums (wieder) zum Führen von Kfz geeignet sei, lägen nicht vor.
2 Aus den Gründen:
“ … II. Die Beschwerde des ASt. hat keinen Erfolg. Die dargelegten Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO) geben keinen Anlass, die erstinstanzliche Entscheidung zu ändern.
Der ASt. meint, die Annahme seiner fehlenden Fahreignung habe nicht auf die Analyse des Labors Dr. E. gestützt werden können. Das Messergebnis von angeblich 11 ng/ml sei nicht korrekt, sondern liege aufgrund der Messunsicherheit von 23,4 % unterhalb der Grenze der Bestimmbarkeit von Amphetamin. Das in dem ergänzten zweiten Befundbericht angegebene Analyseverfahren, die hier angewandte LC-MS/MS-Methode, sei nicht uneingeschränkt einsetzbar und enthalte verschiedene Nachteile. Angaben zur Messunsicherheit fehlten. Berücksichtige man diese, liege das Analyseergebnis unter der Bestimmungsgrenze und lasse keine sichere quantitative Aussage zu. Nach den Richtlinien der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie (GTFCh) müsse Amphetamin aber sowohl qualitativ als auch quantitativ bestimmt werden können. Das sei hier aber unter Berücksichtigung der Messunsicherheit bei einem dann bestehenden Wert unterhalb der Bestimm...