VHB 1995 § 18 § 19
Leitsatz
1. Ein Pelzmantel ist eine Wertsache i.S.d. § 19 VHB 95, für den somit auch § 18 VHB 95 gilt.
2. Ein Pelzmantel ist auch dann nach dem Neuwert zu ersetzen, wenn die Trägerin (Ehefrau des VN) vor dem Einbruchdiebstahl verstorben ist, der Mantel aber auch vom VN selbst oder einer anderen Person, ggf. nach Umarbeitung, hätte getragen werden können. Insoweit ist der Pelzmantel durch den Tod der Trägerin nicht "außer Dienst" gesetzt worden.
(Leitsätze des Einsenders)
LG Aschaffenburg, Urt. v. 28.5.2015 – 13 O 404/14
Sachverhalt
Die Parteien streiten über Ansprüche des Kl. gegen seine Hausratsversicherung.
Am 31.1.2004 erwarb der Kl. mit seiner mittlerweile verstorbenen Ehefrau bei der Fa. T Pelze.
Für Wertsachen vereinbarten die Parteien eine Höchstgrenze von 30 % der Versicherungssumme i.H.v. 94.500 EUR. Am 26.4.2013 ereignete sich in der Wohnung des Kl. ein Einbruchsdiebstahl, bei dem mehrere Gegenstände, u.a. der Pelzmantel "B" entwendet wurden. Nachdem der Kl. den Diebstahl der Bekl. Gemeldet und ihr eine diesbezügliche Schadensliste überreicht hatte, erstattete die Bekl. 20.123 EUR. Darin ersetzte die Bekl. Auch Schmuck der verstorbenen Ehefrau des Kl. Der Kl. wurde hiervon durch Schreiben vom 19.6.2013 informiert. Hinsichtlich des Pelzmantels ersetzte die Bekl. Den von ihr angenommenen gemeinen Wert i.H.v. 900 EUR.
2 Aus den Gründen:
" … Dem Kl. steht gegen die Bekl. ein Anspruch auf Zahlung von 6.400 EUR aus dem Hausratsversicherungsvertrag zu."
Gem. § 18 Abs. 2 S. 1 GKA VHB 95.1 hat der Kl. gegen die Bekl. einem Anspruch auf Erstattung des Wiederbeschaffungspreises in neuwertigem Zustand. Der Versicherungsfall und die Leistungspflicht der Bekl. sind unstreitig. Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass der Pelzmantel zum Zeitpunkt des Abhandenkommens keinen Verwendungszweck im Haushalt des Kl. hatte.
Bei dem Pelzmantel handelt es sich um eine Wertsache i.S.d. § 19 GKA VHB 95.1. Dies ergibt sich bereits aus der expliziten Auflistung von Pelzen in § 19 Abs. 1d) GKA VHB 95.1. Allerdings ist auch hinsichtlich Wertsachen § 18 GKA VHB 95.1 anwendbar. Die systematische Stellung der Normen zeigt, dass § 18 GKA VHB 91.5 generell Entschädigungsfähigkeit und Entschädigungsumfang für sämtliche Versicherungsgegenstände normiert, während § 19 GKA VHB 95.1 zusätzliche Einzelheiten beinhaltet, welche nur für Wertgegenstände gelten. Gerade die Verweisung in § 18 Abs. 6 auf § 19 verdeutlicht dieses vom Normgeber intendierte Verhältnis. Ob die Regelungen, wie der Kl. meint, insgesamt wegen Intransparenz oder Unverständlichkeit nicht angewendet werden können, kann dahinstehen, da auch bei ihrer Anwendung der Neuwert des Mantels zu erstatten ist. Zweck der Neuwertentschädigung ist, den VN in die Lage zu versetzen, sich gestohlene Dinge neu anzuschaffen. Da die Leistungen den tatsächlich erlittenen wirtschaftlichen Schaden übersteigen, ist dies zur Vermeidung einer Überprivilegierung des VN nur angebracht, wenn die Sache im Haushalt auch tatsächlich noch einen Nutzen hat.
Maßgeblich für die Annahme, dass diese Verwendung nicht mehr gegeben ist und nur der gemeine Wert ersetzt werden muss, ist der objektive Zustand der Sache und der Umstand, ob die Sache außer Dienst gesetzt ist … . Für diese Umstände ist die Bekl. darlegungs- und beweisbelastet. Da es sich hierbei um einen negativen Beweis handelt, ist dieser Pflicht Genüge getan, wenn der VR Umstände, die der VN substantiiert darzulegen hat, auszuräumen vermag. Der Bekl. ist dies nicht gelungen.
Dass der Pelzmantel aufgrund seines objektiven Zustandes nicht mehr verwendet hätte werden können, ist nicht dargetan. Gleiches gilt für den Umstand, dass der Kl. den Mantel “außer Dienst gesetzt hätte’: Der Kl. hat eine Verwendung des Pelzmantels in seinem Haushalt auch nach dem Tod der Ehefrau, seiner ursprünglichen Trägerin, substantiiert dargelegt. Er schilderte überzeugend, dass der Mantel von der Stange gekauft und bis auf die Versetzung eines Knopfes nicht individuell an die Ehefrau angepasst worden sei, sodass er auch von anderen Personen getragen werden könne. Weiterhin führt er aus, dass der Mantel auch von ihm selbst oder seiner neuen Lebensgefährtin zu bestimmten Anlässen getragen werden könne. Die klägerischen Ausführungen zur Verwendung des Pelzmantels wurden von der Bekl. nicht hinreichend widerlegt. Die Bekl. verhielt sich bei der Regulierung des Versicherungsfalls auch widersprüchlich: Es ist für das Gericht nicht erkennbar, weshalb die Bekl. den Damenschmuck der Ehefrau des Kl. zum Wiederbeschaffungspreis ersetzt hat, obwohl nach ihrer Auffassung auch für diesen keine Verwendung mehr gegeben sein dürfte; für den Mantel jedoch nur der gemeine Wert erstattet werden soll.
Den Neuwert des Mantels hat der Kl. mit (mindestens) 7.300 EUR substantiiert dargelegt. Durch Vorlage der Quittung hat der Kl. dargelegt, dass der Mantel neu 9.950 EUR kostete und reduziert für 7.300 EUR erworben wurde. Zwar wurde Qualität und gute Verarbeitung des Mantels von der Bekl. bestritten; dies erfolgte aber in nic...