MB/KT 2009 § 4
Leitsatz
Sehen die Versicherungsbedingungen der Krankentagegeldversicherung eines Selbstständigen vor, dass bei einer Erhöhung des "Nettoeinkommens" ein Anspruch auf Erhöhung des Tagessatzes besteht (und stellen die Bedingungen für das "Nettoeinkommen" auf den Durchschnittsverdienst der letzten zwölf Monate ab), dann reicht für eine solche Erhöhung des "Nettoeinkommens" nicht schon eine bloße Steigerung von Betriebskosten und/oder Abschreibungen.
OLG Hamm, Urt. v. 13.4.2016 – 20 U 170/15
Sachverhalt
Der Kl. nimmt die Bekl. aus einem Krankentagegeldversicherungsvertrag auf Erhöhung der versicherten Krankentagegeldbeträge in Anspruch. Die Bekl. verweigert eine solche Erhöhung, weil der Kl. eine bedingungsgemäße Erhöhung seines Nettoeinkommens nicht dargelegt habe.
Ursprünglich war für den Kl. ein Krankentagegeld von insgesamt 150 DM versichert, das bis zum Jahr 2002 auf insgesamt 127,82 EUR (250 DM) erhöht wurde. Aufgrund von Steigerungen der Betriebsergebnisse des vom Kl. geführten Transport- und Bauunternehmens in den Jahren 2002 und 2005 wurde das Krankentagegeld im Jahr 2003 auf insgesamt 160 EUR und im Jahr 2006 auf insgesamt 215 EUR erhöht, wobei sich die Erhöhung im Jahr 2006 auf einen Vergleich des jeweiligen betrieblichen Erlöses ohne Berücksichtigung von Einkauf und Abschreibungen stützte.
Mit Antrag v. 3.1.2014 machte der Kl. eine weitere Erhöhung seiner betrieblichen Einkünfte im Jahr 2013 gegenüber den Vorjahren geltend und verlangte eine entsprechende Erhöhung der Krankentagegelder. Dazu heißt es in § 4 der dem Vertrag zugrundeliegenden MB/KT 2009:
"I"
1 ( … )
2 Das Krankentagegeld darf zusammen mit sonstigen Krankentage- und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete, aus beruflicher Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigen. Maßgebend für die Berechnung des Nettoeinkommens ist der Durchschnittsverdienst der letzten zwölf Monate vor Antragstellung bzw. vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, sofern der Tarif keinen anderen Zeitraum vorsieht.
( … )
II
1 Erhöht sich das Nettoeinkommen aus der beruflichen Tätigkeit, so kann das Krankentagegeld im Verhältnis der Steigerung des Nettoeinkommens auf Antrag höher versichert werden … “
Die Bekl. lehnte den Antrag auf Erhöhung der Krankentagegelder nach Einholung diverser Auskünfte des Kl. mit Schreiben v. 16.6.2014 ab und verwies darauf, dass die versicherten Tagegelder Einkünften aus Gewerbebetrieb i.H.v. 77.400 EUR jährlich entsprächen. Demgegenüber habe der Kl. eine Erhöhung seiner Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht dargetan, vielmehr seien für 2012 und 2013 niedrige Einkünfte anzunehmen.
Der Kl. war seit Anfang 2011 bis über das Jahr 2013 hinaus – mit allenfalls kürzeren Unterbrechungen – durchgehend krank.
2 Aus den Gründen:
" … Der geltend gemachte Anspruch auf Erhöhung der versicherten Krankentagegelder besteht nicht."
1. Eine Erhöhung des Krankentagegeldes kommt nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 der dem Vertrag zugrundeliegenden MB/KT 2009 nur in Betracht, wenn sich das “Nettoeinkommen‘ des Versicherten “aus seiner beruflichen Tätigkeit‘ erhöht hat. Eine Erhöhung seines Nettoeinkommens aus beruflicher Tätigkeit im Sinne dieser Bestimmung hat der Kl. mit den von ihm vorgelegten Zahlen indes nicht dargelegt. Jedenfalls nämlich genügt im Streitfall eine bloße Steigerung der Betriebskosten und/oder Abschreibungen nicht, sondern – außer einer Erhöhung des persönlichen/privaten Nettoeinkommens – allenfalls eine Erhöhung der zur Sicherung des persönlichen Bedarfs des Versicherten notwendigen Mittel. Dies aber ist nicht dargetan.
Im Einzelnen:
a) Es spricht viel dafür, die in diesem Streitfall vereinbarte Regelung in § 4 MB/KT dahin auszulegen, dass das Nettoeinkommen des selbstständigen Versicherten dem Betrag entspricht, den der Versicherte für seinen privaten Bedarf zur Verfügung hat, also seinem persönlichen/privaten Einkommen, d.h. dem Betriebsergebnis nach Steuern, Betriebskosten und – jedenfalls grds. – auch nach Abschreibungen.
Die Vertrags- und Tarifbedingungen der Bekl. definieren … den Begriff des Nettoeinkommens nicht ausdrücklich, stellen aber in § 4 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 MB/KT für dessen Berechnung auf den “Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate‘ ab. Für die Auslegung der Begriffe “Nettoeinkommen‘ und “Durchschnittsverdienst‘ ist maßgeblich, wie ein durchschnittlicher VN diese bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Es kommt auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an. …
Maßgebend ist damit zunächst der Wortlaut der Klausel.
Dazu gilt, dass es keinen allgemein verbindlichen oder auch nur allgemein anerkannten/gebräuchlichen Einkommensbegriff gibt. Der Einkommensbegriff ist für jedes Rechtsgebiet, in dem er verwandt wird, und für jede vertragliche Regelung, die auf das Einkommen Bezug nimmt, nach Sinn und Zweck der Regelung gesondert zu ermitteln. …
Der Begriff “Nettoeinkommen‘ verweist nun jedenfalls au...