" … 1. Dem Kl. steht gegen die Bekl. wegen des Unfallschadens seines bei der Bekl. vollkaskoversicherten Pkw gem. §§ 1 S. 1, 88 VVG i.V.m. A.2.1.1, A.2.6.1 a), e) AKB 2013 ein Anspruch auf eine weitere Entschädigungszahlung i.H.v. 9.579,83 EUR zu (= Wiederbeschaffungswert von 60.000 EUR brutto abzgl. Restwert von 10.320 EUR abzgl. 300 EUR Selbstbeteiligung abzgl. der bereits von der Bekl. geleisteten Zahlung von 39.800,17 EUR)."
a) Die Leistungspflicht der Bekl. dem Grunde nach ist nicht im Streit.
b) Der Kl. kann wegen des Totalschadens eine Schadensregulierung auf der Grundlage eines Wiederbeschaffungswerts von 60.000 EUR verlangen (A.2.6.1 a), e) AKB 2013).
Unstreitig beläuft sich der Wiederbeschaffungswert auf 60.000 EUR brutto. Der Kl. hat – wie die Bekl. nach Vorlage einer entsprechenden Bestätigung des Verkäufers nicht mehr bestritten hat – für die Wiederbeschaffung Kosten aufgewendet, die den Brutto-Wiederbeschaffungswert übersteigen (64.500 EUR netto).
Hat der VN bei einem Totalschaden für die Ersatzbeschaffung des Fahrzeugs tatsächlich mindestens Kosten in Höhe des Brutto-Wiederbeschaffungswerts aufgewendet, kann er gem. A.2.6.1 a), e) AKB 2013 deren Erstattung bis zur Höhe des Brutto-Wiederbeschaffungswerts verlangen, ohne dass es darauf ankommt, ob und ggf. in welcher Höhe der aufgewendete Betrag Umsatzsteuern enthält. Die Klausel A.2.6.5 AKB 2013 steht dem nicht entgegen. Diese Regelung betrifft aus der Sicht des durchschnittlichen VN lediglich die fiktive Abrechnung.
Das OLG Saarbrücken hat zu einer nahezu gleichlautenden Klausel (§ 13 AKB 2005) Folgendes ausgeführt (zfs 2009, 336):
“Im Versicherungsrecht ergibt die Auslegung von § 13 AKB nach den oben dargelegten Grundsätzen in diesem Fall mit ausreichender Klarheit, dass der VN – ebenso wie im Schadensrecht – den tatsächlich aufgewendeten Betrag bis zur Höhe des Bruttowiederbeschaffungswertes unabhängig davon erhält, ob im Kaufpreis eine Regelumsatzsteuer, eine Differenzsteuer oder keine Umsatzsteuer enthalten ist. Der durchschnittliche VN, der nicht über juristischen Kenntnisse zu § 249 Abs. 2 S. 2 BGB verfügt, bezieht nämlich die Regelung in § 13 Abs. 6 AKB auf den Fall der fiktiven Abrechnung, also den Sachverhalt, in dem die Ersatzbeschaffung oder Reparatur – nach einem Sachverständigengutachten, welches eine Umsatzsteuer ausweist – tatsächlich nicht erfolgt. Er kommt nicht auf den Gedanken, dass § 13 Abs. 6 AKB den von der Kl. herangezogenen Fall überhaupt erfasst, weil beim Privatkauf keine Umsatzsteuer anfällt und eine Differenzierung danach, ob sie anfällt oder nicht, für ihn fernliegend erscheint. Fernliegende Auslegungsvarianten können jedoch regelmäßig nur in Betracht gezogen werden, wenn ausreichende Anhaltspunkte für eine solche Beurteilung der Bestimmungen vorliegen. … Solche Anhaltspunkte gibt es nicht. Vielmehr hält sich der durchschnittliche VN aus seiner Sicht im Rahmen des Wiederbeschaffungswertes nach § 13 Abs. 1 S. 2 AKB, und wird an keiner Stelle auf eine bestimmte Art der Wiederbeschaffung durch Erwerb einer Ersatzsache vom Händler oder von Privat festgelegt. Auch erkennt der durchschnittliche VN nach der Interessenlage der Beteiligten und dem Sinnzusammenhang der Regelungen des § 13 AKB nicht, dass eine Differenzierung bei der Berechnung der Versicherungsleistung – beim nicht vorsteuerabzugsberechtigten Anspruchsinhaber – danach angezeigt wäre, ob bei einer konkreten Ersatzbeschaffung Umsatzsteuer anfällt oder nicht. Wegen dieses eindeutigen Auslegungsergebnisses ist weder für die Anwendung der Unklarheitenregelung nach § 305c Abs. 2 BGB noch für die Annahme eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Raum.‘
Der Senat folgt diesen überzeugenden Ausführungen (so auch Stomper, in: Halm/Kreuter/Schwab, AKB, 2. Aufl., A.2.5.4 Rn 17 f.; Meinecke, in: Stiefel/Maier, AKB, 18. Aufl., A.2.9 Rn 4, 5 u. 6). Dass dieses Auslegungsergebnis zutreffend ist, zeigt sich insb. in dem Fall, wenn der VN ein Ersatzfahrzeug genau zu einem Kaufpreis in Höhe des ermittelten Wiederbeschaffungswertes erwirbt. Ein durchschnittlicher VN wird davon ausgehen, dass ihm der aufgewendete Kaufpreis vollständig erstattet wird. Er wird nicht auf den Gedanken kommen, dass ihm seine Kosten dann nicht vollständig erstattet werden, wenn er den Pkw von Privat erworben hat und das Wertgutachten den ermittelten Wiederbeschaffungswert inklusive Umsatzsteuer ausweist. Auch die Berücksichtigung der Interessen des VR führt den VN zu keinem anderen Verständnis der maßgeblichen Bestimmungen. Für den durchschnittlichen VN ist nicht ersichtlich, dass es in diesem Fall im Interesse des VR liegen könnte, dass das Ersatzfahrzeug (umsatzsteuerpflichtig) von einem Kfz-Händler erworben wird.
Schließlich spricht auch der Zweck der Kaskoversicherung für diese Auslegung, die im Ergebnis zu einem Gleichlauf mit der schadensrechtlichen Regelung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB führt (s. hierzu: BGHZ 162, 270 ff.). Mit dem Abschluss einer Fahrzeugkaskoversicherung erst...