OWiG § 67, StVG § 25
Leitsatz
1. Wie die Einlegung des Einspruchs selbst ist auch die Beschränkung des Einspruchs als Prozesshandlung bedingungsfeindlich. Ergibt sich aus Erklärungen des Betr. oder seiner Verteidigung, dass (weiterhin) auch die Schuld oder deren Umfang angegriffen wird, ist die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam (u.a. Anschluss an OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.3.2016 – 2 Ss OWi 52/16, NStZ-RR 2016, 152; BayObLG, Beschl. v. 4.9.2000 – 1 ObOWi 443/00).
2. Eine über die Beschränkung auf den sich aus Geldbuße und Fahrverbotsanordnung zusammensetzenden Rechtsfolgenausspruch des Bußgeldbescheids in seiner Gesamtheit hinausgehende Einspruchsbeschränkung isoliert auf die Frage der Fahrverbotsanordnung, der Fahrverbotsdauer oder der Fahrverbotsbeschränkung auf Kfz einer bestimmten Art scheidet aufgrund der engen Wechselwirkung zwischen Fahrverbot und Geldbuße grds. aus (u.a. Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschl. v. 2.11.2016 – IV-2 RBs 157/16, DAR 2017, 92; OLG Rostock NZV 2002, 137; OLG Hamm NZV 2002, 142; BayObLG NZV 2000, 50).
OLG Bamberg, Beschl. v. 30.10.2017 – 3 Ss OWi 1206/17
Sachverhalt
Gegen den Betr. erging wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 62 km/h eine Geldbuße von 880 EUR mit Fahrverbot von zwei Monaten und Schonfrist. Mit am selben Tag bei Gericht eingegangenem Verteidigerschriftsatz vom 2.12.2016 ließ der Betr. erklären, dass sein Einspruch vom 15.9.2016 gegen den Bußgeldbescheid vom 13.9.2016 "auf die Rechtsfolgen beschränkt" und angeregt werde, "im Beschlusswege das Fahrverbot auf 1 Monat zu reduzieren bei einer Feststellung von einem fahrlässigen Verstoß", wobei "im Falle dessen [ … ] auf eine Begründung verzichtet" werde, da der Betr. beabsichtige, "das Fahrverbot über die Festtage abzuleisten". Das AG hat hierauf mit Beschl. v. 22.12.2016 "unter Bezugnahme auf den ansonsten rechtskräftigen Bußgeldbescheid vom 13.9.2016 [ … ] das FV auf 1 Monat festgesetzt" und dem Betr. die Kosten des Verfahrens sowie seine notwendigen Auslagen auferlegt. Das OLG Bamberg hat auf die Rechtsbeschwerden des Betr. und der StA den Beschl. des AG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
2 Aus den Gründen:
" … II. Die nach § 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 OWiG bzw. nach den §§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 OWiG statthaften Rechtsbeschwerden sind jeweils zulässig und begründet, weil das AG den Umfang seiner Prüfungs- und Feststellungspflicht verkannt hat, indem es bei seiner Beschlussfassung nach § 72 OWiG – was das Rechtsbeschwerdegericht auf die Sachrügen von Amts wegen zu prüfen hat – schon zu Unrecht von einer wirksamen Einspruchsbeschränkung nach § 67 Abs. 2 OWiG auf den Rechtsfolgenausspruch des Bußgeldbescheids vom 13.9.2016 ausgegangen ist; es hat deshalb rechtsfehlerhaft nicht über alle im Rechtssinne angefochtenen Bestandteile des Bußgeldbescheids entschieden."
1. Zwar enthält der Verteidigerschriftsatz vom 2.12.2016 die einleitende Formulierung, dass der Einspruch “auf die Rechtsfolgen beschränkt‘ werde. Schon im Rahmen der folgenden “Anregung‘ einer Entscheidung im Beschlussverfahren wird seitens der Verteidigung aber deutlich gemacht, dass es dem Betr. nicht allein um die Reduzierung der im Bußgeldbescheid angeordneten Fahrverbotsdauer geht, sondern auch um die “Feststellung‘, d.h. Abänderung der im Bußgeldbescheid angenommenen vorsätzlichen Schuldform hin zu einem nur noch “fahrlässigen Verstoß‘. Letzte Zweifel am Anfechtungsumfang werden anhand der dem Verteidigerschreiben angehefteten und von diesem ausdrücklich in Bezug genommenen persönlichen “Stellungnahme des Betr. zum Tathergang‘ vom 2.12.2016 beseitigt, in welcher sich der Betr. gerade gegen den ihn treffenden “Vorwurf des Vorsatzes‘ argumentativ, u.a. unter Berufung auf ein sog. Augenblicksversagen, zur Wehr setzt, weshalb es sich nach seine Ansicht bei dem ihm vorgeworfenen Verkehrsverstoß “in keinster Weise um Vorsatz, sondern nur um ein sehr unglückliches Versehen‘ gehandelt habe.
2. Wie die Einlegung des Einspruchs selbst ist auch die Beschränkung des Einspruchs als Prozesshandlung bedingungsfeindlich, weshalb bei entsprechenden Erklärungen der Verteidigung oder des Betr. in oder – wie hier – außerhalb der Hauptverhandlung auf unmissverständliche Formulierungen und widerspruchsfreie transparente Prozesserklärungen zu achten ist. Ergibt sich aus den als Einspruchsbeschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch zu wertenden Erklärungen des Betr. oder seiner Verteidigung, dass (weiterhin) auch die Schuld oder deren Umfang angegriffen wird, ist die Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch unwirksam (OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.3.2016 – 2 Ss OWi 52/16, NStZ-RR 2016, 152; BayObLG, Beschl. v. 4.9.2000 – 1 ObOWi 443/00; vgl. auch Burhoff [Hrsg.]/Gieg, Handbuch OWi-Verfahren, 5. Aufl., Rn 944, und Göhler/Seitz/Bauer OWiG 17. Aufl., § 67 Rn 29, 37).
3. Wegen der sich aufgrund der widersprüchlichen Erklärungen der Verteidigung aufdrängenden Zweifel am Beschränkungsumfang hätte da...