" … Die zulässige Berufung der Bekl. ist begründet."
Der Kl. kann für den behaupteten Einbruchdiebstahl keine Versicherungsleistungen verlangen, weil die Bekl. gem. §§ 23 Abs. 1, 26 VVG wegen einer vorsätzlichen Gefahrerhöhung von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden ist (s. Ziff. II).
I. Allerdings ist bei dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht auszuschließen, dass ein Versicherungsfall in Form eines Einbruchdiebstahls vorliegt.
Entgegen der Ansicht der Bekl. war das Wohnhaus zum Zeitpunkt des behaupteten Einbruchdiebstahls noch Versicherungsort gem. § 10 Nr. 1 VHB 2000. Durch den unstreitigen Umzug des Kl. in dieses Haus ging gem. § 11 Nr. 1 VHB 2000 der Versicherungsschutz auf diese neue Wohnung über. Das Wohnhaus blieb in der Folgezeit auch weiterhin Versicherungsort. Die Inhaftierung des Kl. steht dem nicht entgegen. Eine Inhaftierung ist kein Wohnungswechsel und ein Haftraum ist keine “neue Wohnung‘ i.S.d. § 11 Nr. 1 VHB 2000. (…)
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach st. Rspr. des BGH so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. (…) Nach dieser Maßgabe sieht ein durchschnittlicher, um ein Verständnis der Klausel bemühter VN einen Haftraum nicht als Wohnung an. Eine Gleichsetzung ist schon mit dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht vereinbar. Niemand wird bei einer Inhaftierung (ohne Ironie) davon sprechen, dass der Inhaftierte einen Wohnungswechsel vorgenommen und eine neue Wohnung bezogen habe.
Auch der Kontext der Regelung bietet keinen Anlass für ein von dem Wortlaut abweichendes Verständnis. Wenn der VN – wie hier – die bisher genannte Wohnung beibehält, soll gem. § 11 Nr. 1 S. 2 VHB 2000 nur ein Wohnungswechsel vorliegen, wenn die neue Wohnung in derselben Weise wie die bisherige genutzt wird. Auch dies ist bei einem Haftraum ersichtlich von vornherein nicht der Fall. U.a. darf der VN nur in ganz geringem Umfang Hausratgegenstände in den Haftraum mitnehmen.
Darüber hinaus legt § 11 Nr. 5 VHB 2000 nahe, dass dann, wenn bei einer Ehewohnung ein Ehegatte in der Ehewohnung zurückbleibt, nur im Falle einer Trennung der Ehegatten der Versicherungsschutz auf die neue Wohnung des ausgezogenen VN übergehen soll. Ein durchschnittlicher VN geht im Falle der Inhaftierung nicht von einer solchen “Trennung‘ der Ehegatten aus. Auch im Gesamtkontext der Regelungen zum Wohnungswechsel wird ein VN nicht annehmen, dass er im Falle seiner Inhaftierung den Versicherungsschutz für die beibehaltene Ehewohnung verliert.
II. Hinsichtlich des Einbruchdiebstahls hat der Senat jedoch aus verschiedenen Gründen Zweifel an der Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen des LG. Einer Wiederholung der Beweisaufnahme bedarf es insoweit aber nicht. Ob ein Einbruchdiebstahl vorliegt, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist die Bekl. wegen einer vorsätzlichen willentlichen Gefahrerhöhung durch den Kl. von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei geworden (§§ 23 Abs. 1, 26 VVG).
1. Gem. § 23 Abs. 1 VVG darf der VN nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des VR keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten. Diese Verpflichtung hat der Kl. verletzt.
a) Die Annahme einer Gefahrerhöhung setzt voraus, dass der neue Zustand erhöhter Gefahr mindestens von einer solchen Dauer ist, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Gefahrenablaufs bilden kann, und so den Eintritt des Versicherungsfalls zu fördern geeignet ist. (…) Es ist daher erforderlich, dass die Gefahrerhöhung einen gewissen Dauerzustand erreicht.
Für eine willentliche Gefahrerhöhung gem. § 23 Abs. 1 VVG muss der VR Kenntnis der gefahrerhöhenden Umstände haben, während insoweit eine Kenntnis des gefahrerhöhenden Charakters oder gar eine zutreffende rechtliche Einordnung nicht erforderlich ist (BGH, a.a.O., Rn 7).
b) Nach dieser Maßgabe ist von einer willentlichen Gefahrerhöhung auszugehen. Die – unstreitige – Aufnahme einer Drogenproduktion in der versicherten Wohnung zum Zweck des gemeinschaftlichen Drogenhandels erhöhte die Gefahr eines Einbruchdiebstahls erheblich. Die hergestellten Drogen waren von beträchtlichem Wert. Der Kl. erhielt nach den Feststellungen im Strafurteil für 1 g Methamphetamin 35 EUR, der Weiterverkauf erfolgte zu 110 EUR. Der Kl. hatte eine große Menge – insgesamt ca. 4.500 g – hergestellt. Für Mittäter, Abnehmer und andere Personen aus dem Milieu, die von der im großen Stil durchgeführten Drogenproduktion Kenntnis erlangen konnten, ergab sich ein erheblicher Anreiz für einen Einbruchdiebstahl. Diese Personen konnten vermuten, dass sich – wie es tatsächlich unstreitig auch noch zum Zeitpunkt des behaupteten Einbruchdiebstahls der Fall war – Drogen in solcher Menge in dem Haus befinden, dass ein Wohnungseinbruch sehr lohnend erscheint. Darüber hinaus lag für diese Personen auch nahe, dass sich aus den mit dem Drogenhandel erzielten Einnahmen noch Bar...