" … Entgegen der Ansicht des LG in dem angefochtenen Urt. ist auf der Grundlage des Beweisergebnisses bei zutreffender rechtlicher Würdigung von keiner Unterschlagung, sondern von einem von der Teilkaskoversicherung umfassten Diebstahl auszugehen (1). Ob hingegen eine Einstandspflicht der Bekl. auch für den Fall einer Unterschlagung in Betracht gekommen wäre, kann deshalb dahinstehen (2). …"
1. Der Diebstahlsbegriff in der Teilkaskoversicherung wie auch die übrigen in den Allgemeinen wie Besonderen Vertragsbedingungen genannten Beispielfälle der Entwendung richten sich nach deren rein strafrechtlicher Definition (vgl. etwa Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, AKB 2008, A.2.2, Rn 6 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall könnte allein die Wegnahme i.S.d. § 242 Abs. 1 StGB Bedenken aufwerfen, die jedoch, ebenso wie die übrigen unproblematisch erfüllten Merkmale des Diebstahlstatbestands, bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu bejahen ist.
Unter Wegnahme wird der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams verstanden. Gewahrsam bedeutet ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis zwischen einer Person und einer Sache, das von einem Herrschaftswillen getragen wird, wobei sich die Beurteilung dieser Elemente nach der natürlichen Auffassung des täglichen Lebens richtet.
Das LG ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass der Zeuge G das Fahrzeug nach der Probefahrt vereinbarungsgemäß am Sonntagnachmittag gegen 16:00 Uhr auf dem Betriebsgelände abstellte, wo es gegen 20:00 Uhr und ein weiteres Mal gegen 2:45 Uhr vom Sicherheitsbeamten Gt bei seinem Kontrollgang ordnungsgemäß verschlossen festgestellt worden sei. Demgegenüber, so das LG, stände aufgrund der Angaben der Zeugen G und M nicht sicher fest, dass die Schlüssel und Fahrzeugpapiere wie abgesprochen in den Sicherheitsbriefkasten der Kl. eingeworfen worden seien. … (wird ausgeführt).
Nicht zu beanstanden ist weiterhin die Ansicht des LG, die Kl. habe aufgrund der Übergabe des Fahrzeugs an den Zeugen G ihren Gewahrsam hieran verloren, da angesichts der zweitägigen Probefahrt nicht mehr von einer bloßen Gewahrsamslockerung ausgegangen werden könne. Der Zeuge G durfte das Fahrzeug nämlich völlig frei ohne Kilometerbeschränkung oder sonstige Vorgaben über einen längeren Zeitraum von zwei Tagen nutzen und war deshalb während dieser Zeit Alleingewahrsamsinhaber.
Unzutreffend ist hingegen die Ansicht des LG, die Kl. habe aufgrund des Abstellens des Fahrzeugs auf ihrem Betriebsgelände am Sonntagnachmittag keinen Gewahrsam an dem Pkw wieder erlangen können. Das LG hat zur Begründung hierfür ausgeführt, eine Gewahrsamswiedererlangung sei deshalb ausgeschlossen, weil der Betrieb am Sonntagnachmittag nicht besetzt gewesen sei und die Kl. folglich keine tatsächliche Sachherrschaft über das Fahrzeug habe ausüben können. Selbst wenn man dies im Hinblick auf einen möglichen, bei der Kl. verbliebenen Zweitschlüssel anders sehe wolle, habe diese dennoch keinen für einen anschließenden Diebstahl erforderlichen Alleingewahrsam begründen können, da der Zeuge G weiterhin über den von ihm nicht abgegebenen Schlüssel verfügt habe.
Diese Ausführungen des LG zu einem erforderlichen Alleingewahrsam sind, wie die Berufung zu Recht beanstandet, nicht haltbar. Ein Alleingewahrsam ist für den Bruch fremden Gewahrsams im Rahmen des Wegnahmebegriffs nämlich gerade nicht erforderlich. Vielmehr genügt für die Tatbestandsverwirklichung eines Diebstahls der Bruch jeden fremden Gewahrsams und damit auch der eines bloßen Mitgewahrsams.
Ungeachtet dessen spricht hier allerdings auch alles für eine Wiedererlangung nicht nur des Mitgewahrsams, sondern sogar des Alleingewahrsams der Kl. an dem auf ihrem Betriebshof abgestellten Fahrzeug.
Auf Grund der natürlichen Auffassung des täglichen Lebens, die gerade bei Fragen eines Gewahrsamswechsels mit heranzuziehen ist (vgl. etwa Eser/Bosch, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 242 Rn 23–26 m.w.N.), kann es hier entgegen der Ansicht des LG keine maßgebliche Rolle spielen, dass zur Abstellzeit am Sonntag keine Mitarbeiter der Kl. vor Ort anwesend waren. Wenn sogar auf dem Feld zurückgelassene Gerätschaften im Gewahrsam des Bauern verbleiben (vgl. BGHSt 16, 278), kann beim vereinbarungsgemäßen Abstellen eines Pkw nach Beendigung einer Probefahrt auf dem Betriebsgelände der Gewahrsam des Autohauses nicht ernsthaft in Zweifel stehen. Denn bei unbefangener Lebensbetrachtung wird der Betriebsparkplatz, auf dem auch sonst nur Fahrzeuge der Kl. stehen – der fragliche Pkw befand sich nach den Angaben des Wachmanns Gt gerade nicht auf den ebenfalls dort vorhandenen Kundenparkplätzen – als Herrschaftssphäre der Kl. zugeordnet, zumal dieser Bereich auch abends und nachts in ihrem Auftrag von einem Wachmann regelmäßig kontrolliert wurde. Angesichts dieser klaren Zuordnung kommt dem Umstand, dass Fahrzeugschlüssel und Fahrzeugpapiere nicht mit zurückgegeben wurden, für den Gewahrsam an dem Pkw, um den es hier allein geht, keine Rele...