BUZV § 3 Nr. 2b; StGB § 308; B-BUZ § 3 Nr. 2b
Leitsatz
Zündet ein dies für erlaubt haltender VN vor Beginn eines Eishockeyspiels eine ihm von einem Arbeitskollegen veräußerte Kugelbombe mit einem Gewicht von 61 g, die dann explodiert und ihm beide Hände abreißt, so genießt er keinen Unfallversicherungsschutz.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 25.6.2014 – 5 U 83/13
Sachverhalt
Vor Weihnachten 2008 hatte der Kl. von einem Arbeitskollegen, dem polizeibekannten P K, zwei Kugelbomben erworben, darunter die am 26.12.2008 gezündete. Es handelt sich dabei um pyrotechnische Gegenstände i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Sprengstoffgesetzes in der bis zum 30.9.2009 geltenden Fassung (im Folgenden: SprengG a.F.), und zwar solche der Gefahrenklasse IV ("Großfeuerwerk").
Am 26.8.2008 reiste der Kl. mit acht weiteren Personen nach G-P zu einem Eishockey-Bundesligaspiel. Während der Fahrt wurde Alkohol getrunken. Der Kl. führte zwei sprengstoffrechtlich nicht zugelassene Kugelbomben mit sich. Auf dem Parkplatz der Eissporthalle in G-P verließ die Gruppe das Fahrzeug. Der Kl. stand neben dem Zeugen B am Kofferraum. Er bat diesen um ein Feuerzeug, steckte damit die Zündschnur einer der Kugelbomben an und warf sie von sich. Als sie nach etwa 30 Sekunden noch nicht explodiert war und die Zündschnur nicht mehr brannte, ging der Kl. zu ihr hin, hob sie auf und nahm sie mit zurück zum VW-Bus. Der Zeuge B gab dem Kl. erneut sein Feuerzeug. Dieser zündete die Zündschnur nochmals an und beobachtete die Flamme. Dann explodierte die Kugelbombe. Dem Kl. wurden die Finger an beiden Händen abgerissen, der Zeuge B erlitt eine Splitterwunde unterhalb des rechten Auges. Der Kl. wurde durch Strafbefehl des AG G-P- wegen §§ 40 Abs. 1 Nr. 3, 27 Abs. 1 SprengG, § 308 Abs. 1, Abs. 5 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Sein Verlangen nach einer Invaliditätsentschädigung (und Leistungen aus einer BU-Versicherung) wies der VR zurück.
Der Kl. hat in seinem Verhalten keine vorsätzlichen Straftaten i.S.d. versicherungsvertraglichen Ausschlussklauseln gesehen und behauptet, den Verkäufer K. nicht nach der Herkunft der Gegenstände gefragt und von der Erlaubnispflicht nichts gewusst zu haben; vielmehr habe er angenommen, es handele sich "um einen ganz normalen Feuerwerkskörper".
2 Aus den Gründen:
" … 2. Der Kl. kann von der Bekl. Leistungen weder aus der Unfallzusatzversicherung noch aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung verlangen."
Allerdings ist der Versicherungsfall für beide Versicherungen eingetreten. Der Kl. hat durch ein Unfallereignis schwerste Amputationsverletzungen an beiden Händen erlitten und ist dadurch erwerbsunfähig und berufsunfähig geworden (§ 179 VVG a.F., §§ 1, 2 BUZV; §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 BBUZ). Die Parteien streiten darüber nicht.
Die Bekl. ist von ihrer Leistungspflicht jedoch wegen der in § 3 Abs. 2b BUZV und in § 3 Abs. 2b BBUZ vereinbarten Risikoausschlüsse frei geworden.
3. Ansprüche aus der Unfallzusatzversicherung scheitern daran, dass der Unfall infolge der vorsätzlichen Begehung einer Straftat eingetreten ist.
a. Gem. § 3 Abs. 2b BUZV besteht kein Versicherungsschutz für Unfälle, die der versicherten Person dadurch zustoßen, dass sie vorsätzlich eine Straftat ausführt oder versucht. Die Klausel ist rechtlich unbedenklich. … Der Risikoausschluss will die Einstandspflicht des VR für ein selbstverschuldetes besonderes Unfallrisiko ausschalten, das mit der Ausführung einer strafbaren Handlung gewöhnlich verbunden ist. Die Klausel macht die Leistungsfreiheit mit der Formulierung “dadurch‘ davon abhängig, dass die Begehung der Straftat eine nicht hinweg zu denkende, adäquate Bedingung für den Unfall gewesen sein muss. Dazu genügt es, wenn eine erhöhte Gefahrenlage geschaffen worden ist, die generell Unfälle der eingetretenen Art herbeizuführen geeignet ist. Die Rspr. legt das recht weit aus und verneint die Adäquanz des Ursachenzusammenhangs nur dann, wenn der Zusammenhang zwischen der Straftat und dem Unfall ein rein zufälliger ist und der dem Delikt eigentümliche Gefahrenbereich für den Schaden gar nicht ursächlich gewesen sein kann (BGH VersR 1998, 1410 … ).
Was eine Straftat i.S.d. Risikoausschlusses ist, richtet sich nach dem deutschen (Haupt- und Nebenstrafrecht. Es fallen darunter Verbrechen und Vergehen i.S.d. § 12 StGB. … Auch die Beurteilung, ob sie “vorsätzlich‘ begangen wurde, folgt strafrechtlichen Grundsätzen (Senat VersR 1989, 1184). Danach ist Vorsatz der Wille – zumindest im Sinne eines billigenden Inkaufnehmens – zur Verwirklichung des Straftatbestands in Kenntnis aller relevanten objektiven Umstände einschließlich der wesentlichen Züge des Kausalverlaufs. …
b. Nach diesen Maßstäben hat der Kl. eine die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2b BUZV erfüllende vorsätzliche Straftat begangen. Der Kl. hat vorsätzlich eine Explosion herbeiführt und dadurch fahrlässig Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet (§ 308 Abs. 1, Abs. 5 StGB). Zu Recht ist er deshalb im Strafbefehl des AG G-P v. 16.7.2009 verurteilt worden.
(1) Dass der Kl. am 26.12.2008 durch das Anbrennen der Zün...