AVB Berufshaftpflichtversicherung Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für Insolvenzverfahren § 4 Nr. 5
Leitsatz
1. Für den Ausschlussgrund der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung ist der VR darlegungs- und beweispflichtig.
2. Hierfür hat er – wenn es sich nicht um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen vorausgesetzt werden kann – Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die als schlüssige Indizien für eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden können. Erst wenn dieses geschehen ist, obliegt es dem VN im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast, Umstände aufzuzeigen, warum die vorgetragenen Indizien den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht zulassen.
BGH, Urt. v. 17.12.2014 – IV ZR 90/13
Sachverhalt
Der Kl. war Insolvenzverwalter der Fa. … GmbH (im Folgenden: F). Seine gesetzliche Haftpflicht aus dieser Tätigkeit hatte er durch einen Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag bei der Bekl. versichert. Nach § 4 Nr. 5 der diesem Vertrag zugrunde liegenden AVB sind Haftpflichtansprüche wegen Schadenverursachung durch wissentliche Pflichtverletzung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.7.2000 führte der Kl. den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin zunächst fort. Unter anderem hielt er die Geschäftsbeziehung zur F aufrecht, die die Schuldnerin weiter belieferte. Nach Eintritt eines Liquiditätsengpasses Anfang 2001 sagte er der F mit Schreiben v. 1.3.2001 nochmals ausdrücklich den Ausgleich ihrer Neuforderungen zu. Infolge weiterer Lieferungen der F wurden Forderungen gegen die Schuldnerin von mehr als 1 Mio. EUR begründet.
Nachdem die Gläubigerversammlung den vom Kl. erarbeiteten Insolvenzplan nicht angenommen hatte und auch eine von ihm angestrebte sanierende Übertragung des Unternehmens an einen Erwerber gescheitert war, zeigte er am 18.9.2001 dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an. Die Forderungen der F wurden nicht mehr befriedigt.
Der Insolvenzverwalter der inzwischen ebenfalls insolventen F. nahm daraufhin den Kl. auf Schadensersatz gem. §§ 60, 61 InsO in Anspruch. In diesem Haftpflichtprozess wurde der hiesige Kl. rechtskräftig zur Zahlung von 830.451,86 EUR nebst Zinsen verurteilt. Er begehrt nunmehr im Wege der Deckungsklage die Feststellung, dass die Bekl. verpflichtet sei, ihm Versicherungsschutz für die im Klageantrag näher bezeichneten Haftpflichtforderungen des Insolvenzverwalters der F zu gewähren. Die Klage ist erfolglos geblieben.
2 Aus den Gründen:
[10] "… II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand."
[11] 1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des BG, dass hinsichtlich der zum Schadensersatzanspruch führenden Pflichtverletzung Bindungswirkung an das Haftpflichturteil und die dort getroffenen Feststellungen besteht. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut in Frage gestellt werden können (Senat VersR 2011, 203 unter II 1b … ).
[12] Danach besteht die vom Kl. verletzte Pflicht in der Begründung von Masseverbindlichkeiten, die schon im Zeitpunkt ihrer Begründung aus der Masse voraussichtlich nicht vollständig erfüllt werden konnten (§ 61 InsO). Allein hierauf ist die Verurteilung im Haftpflichtprozess gestützt. Im Deckungsprozess ist es nicht mehr möglich, eine andere schadenverursachende Pflichtverletzung des VN zugrunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (Senat VersR 2001, 1103 unter II 2b). Dabei ist allein auf die im Haftpflichtprozess festgestellten tatsächlichen Elemente der Pflichtwidrigkeit abzustellen (Senat VersR 2011, 203 Rn 13).
[13] 2. Weiter zutreffend erkennt das BG, dass hinsichtlich der Wissentlichkeit der somit maßgeblichen Pflichtverletzung keine Bindungswirkung besteht. Dieser Ausschlussgrund ist vielmehr im Deckungsprozess selbstständig zu prüfen (Senat VersR 2007, 641 unter II 2 und 3 … ).
[14] 3. Die vom BG auf dieser Grundlage getroffene Feststellung einer wissentlichen Pflichtverletzung des Kl. beruht jedoch auf einer Verkennung der Darlegungs- und Beweislast.
[15] a) Wissentlich handelt nur derjenige Versicherte, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie eine fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen hat (Senat VersR 2006, 106 unter II 2b).
[16] Darlegungs- und beweispflichtig für die Verwirklichung der subjektiven Tatbestandsmerkmale des Risikoausschlusses ist der VR (Senat VersR 2001, 1103 unter II 3 … ). In diesem Rahmen muss vom VR dargelegt werden, der VN habe gewusst, wie er sich hätte verhalten müssen.
[17] b) Von dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist das BG zwar im Grundsatz ausgegangen. Es schränkt die den VR treffende Darlegungslast jedoch unzulässig ein, indem es ausfü...