BGB § 100 § 288 § 348 Abs. 2 S. 1
Leitsatz
Ein Anspruch auf Zinsen als Kapitalnutzungsersatz (hier des Käufers gegen den Verkäufer bei der Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs für den überlassenen Kaufpreis) kommt nur insoweit in Betracht, als sie nicht von einem – inhaltsgleichen – (gesetzlichen) Verzugszinsenanspruch umfasst sind.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2014 – I–3 U 29/14
Sachverhalt
Der Kl. hat die Bekl. erfolgreich auf die Rückabwicklung des Kaufs eines gebrauchten Pkw in Anspruch genommen. Unter anderem wurde die Bekl. auf die Rückgewähr des gezahlten Kaufpreises abzüglich des Wertes der gezogenen Nutzungen nebst Verzugszinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.1.2010 und zur Zahlung von 5 % Zinsen aus dem Kaufpreis von 15.880 EUR v. 13.2.2009 (gezogene Nutzungen) verurteilt. Mit der Berufung verfolgt die Bekl. die teilweise Abänderung und Aufhebung insoweit, als die Bekl. verurteilt wurde, an den Kl. Zinsen i.H.v. 5 % aus einem Betrag von 15.880 EUR seit dem 13.2.2009 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des gekauften Pkw und als die Bekl. verurteilt wurde, an den Kl. einen Betrag von 300,41 EUR zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.2.2013 zu zahlen, Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Pkw.
Die Berufung der Bekl. hatte Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von 5 % Zinsen aus dem Kaufpreis wendet.
2 Aus den Gründen:
" … Der Anspruch auf Zahlung von 5 % Zinsen kann unter dem Gesichtspunkt gezogener Nutzungen (§§ 346 Abs. 2 S. 1, 100 BGB) zu beurteilen sein. Hat der Schuldner einer Geldforderung mit dem überlassenen Geld Nutzungen in Gestalt von Zinsen erzielt, ist er dem Gläubiger zur Herausgabe dieser Nutzungen verpflichtet. In dem Umfang dieser Herausgabepflicht besteht dann allerdings kein Anspruch auf Verzugszinsen nach § 288 BGB (BGH NJW 1998, 2529 [zu § 818 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Anspruch auf Prozesszinsen; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rn 1148, 1151; vgl. auch OLG Zweibrücken ZIP 2002, 1680, und OLG Saarbrücken ZIP 1997, 1961). Dahinter steht die Erwägung, dass Verzugszinsen die Funktion haben, den Nachteil auszugleichen, den der Gläubiger dadurch erleidet, dass er infolge nicht rechtzeitiger Zahlung des Schuldners daran gehindert ist, einen ihm zustehenden Geldbetrag zu nutzen. Ein solcher Nachteil entstünde dem Gläubiger indes in dem Umfang nicht (mehr), in welchem der Schuldner ihm Kapitalnutzungsersatz nach Rücktrittsrecht schuldet."
Daraus folgt, dass der Kl. gesetzliche Verzugszinsen nicht zeitgleich mit Zinsen als Kapitalnutzungsersatz verlangen kann. Da die Verzugszinsen dem Kl. rechtskräftig zugesprochen sind, bedeutet dies, dass ein Anspruch auf Zinsen als Kapitalnutzungsersatz nur insoweit in Betracht kommt, als sie nicht von einem – inhaltsgleichen – Verzugszinsanspruch umfasst sind. Dies bedeutet vorliegend, dass ein Anspruch auf Nutzungsherausgabe (Zahlung von 5 % Zinsen auf den vom Kl. angesetzten Betrag von 15.880 EUR) nur für die Zeit v. 13.2.2009 bis zum 29.1.2010 (= 351 Tage) gerechtfertigt ist; für die Folgezeit ab dem 30.1.2010 wird das Interesse des Kl. an der rechtzeitigen Nutzung des zurückzuzahlenden Kaufpreises durch den rechtskräftig zuerkannten Verzugszinsanspruch abgedeckt.
Der Kl. hat vorgetragen, dass die Bekl. Nutzungen von etwa 5 % aus dem gezahlten Kaufpreis gezogen hat. Diesem Vortrag ist die Bekl. im Rechtsstreit konkret nicht entgegengetreten, sodass er als zugestanden anzusehen ist.
Ausgehend von dem Zeitraum v. 13.2.2009 bis zum 29.1.2010, für den der Kl. die gezogenen Nutzungen herausverlangen kann, beträgt der für diese Zeitspanne zu beanspruchende Zinsbetrag 763,55 EUR (5 % Zinsen aus 15.889 EUR v. 13.2.2009 bis 29.1.2010: 794 EUR : 365 Tage x 351 Tage).“
Mitgeteilt von RiOLG Peter von Wnuck-Lipinski, Düsseldorf
3 Anmerkung:
Bei der Bezifferung des Anspruchs aus der Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs ist wegen der wirtschaftlichen Identität des Anspruchs auf Ersatz der durch den Anteil gezogenen Nutzungen gem. §§ 346 Abs. 2 S. 1, 100 BGB mit dem Anspruch auf Verzugszinsen gem. § 288 BGB zu vermeiden, beide Ansprüche kumulativ geltend zu machen. Dass routinemäßig neben der Rückgewähr gezogener Nutzungen ein Verzugszinsenanspruch geltend gemacht wird, begründet die sichere Gefahr einer Teilabweisung. Angesichts des Zinsverfalls sind allerdings für frühere Zeiträume angesetzte Zinsen von 5 % möglicherweise unrealistisch.
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 3/2015, S. 144 - 145