Was ist der Grund dafür, dass bei einem Unfall im Straßenverkehr der Unfallbeteiligte unter Androhung von Strafe zur Mitwirkung an der Beweissicherung verpflichtet wird, während er bei einem sonstigen Schadensfall beliebig seiner Wege ziehen kann? Der Grund liegt darin, dass bei einem Unfall im Straßenverkehr die Beweissicherung typischerweise erschwert ist. Und warum ist dies so? Dafür lassen sich mehrere Aspekte anführen. Zuerst und am wichtigsten: die Fortbewegung. Verkehrsteilnahme ist immer darauf gerichtet, von einem Ort an einen anderen zu gelangen und dies in der Regel zügig. Die Schnelligkeit der Abläufe im Straßenverkehr führt dazu, dass die Schadensherbeiführung anders als bei einem eher statischen Verhalten schwieriger zu rekonstruieren ist. Hinzu kommt, dass die Beteiligten sich – anders als im beruflichen oder privaten Alltag – typischerweise nicht kennen. Der Verkehrsteilnehmer bewegt sich anonym im Verkehr, ohne dass er andere Verkehrsteilnehmer als individuelle Person wahrnimmt oder diese ihn. Kommt es zu einem Unfall, tritt der Verkehrsteilnehmer zwar kurzzeitig aus dieser Anonymität heraus und macht etwa durch das Unfallgeräusch auf sich aufmerksam. Der fortlaufende Verkehrsfluss verdeckt dieses kurzfristige Heraustreten umgehend aber wieder und zieht ggf. den Unfallverursacher mit. Der auf Fortbewegung und Dynamik angelegte Straßenverkehr kann damit auch eine Sogwirkung auslösen. Der durch das Unfallereignis ebenso erschreckte Unfallverursacher muss der Verlockung widerstehen, schnell wieder in die Anonymität des Verkehrsflusses einzutauchen. Und schließlich: Anders als auf privatem Grund befindet sich der Unfallbeteiligte im öffentlichen Verkehrsraum auf einer Fläche, die umgehend von anderen wieder zur Fortbewegung benötigt wird; die Rekonstruktion des Unfalls steht dem nachdrängenden Verkehrsfluss entgegen. Kurzum: Der Fortbewegungscharakter im Straßenverkehr, die Anonymität der Teilnehmer untereinander und die Beanspruchung der Verkehrsfläche durch andere ist typisch dafür, dass die Beweissicherung dem Geschädigten – im Vergleich zu einem Unfall zwischen Nachbarn auf privatem Grund – schwerer fällt und er auf eine Mitwirkung der anderen Unfallbeteiligten angewiesen ist.
Schadensfälle, die zwar im öffentlichen Verkehrsraum auftreten, aber nicht auf einen Vorgang zurückzuführen sind, der auf eine Fortbewegung gerichtet ist, fallen daher aus dem Anwendungsbereich des § 142 StGB heraus. Als Beispiele seien das beim Fußballspiel beschädigte Scheinwerferglas, der mutwillig abgetretene Seitenspiegel oder die Leiter genannt, die beim Schneiden der Gartenhecke auf ein am Straßenrand geparktes Fahrzeug fällt. Schwieriger sind diejenigen Fälle zu beurteilen, in denen der Schaden an einem geparkten Fahrzeug z.B. durch das Beladen eines anderen Fahrzeugs, durch das Ein- und Aussteigen aus dem anderen Fahrzeug oder durch das Vorbeischieben eines Einkaufswagens entsteht.
Hier ließe sich zunächst einwenden, dass ein Unfall im Straßenverkehr doch ohnehin zwingend die Verursachung durch ein Fahrzeug voraussetzt – und daran würde es hier ja fehlen. Denn nach § 142 Abs. 1 StGB müsse der Unfallbeteiligte die Feststellung seines Fahrzeugs dulden, so dass er eben mit seinem Fahrzeug und nicht als Fußgänger den Unfall herbeigeführt haben muss. Diese Folgerung ist jedoch nicht treffend. Die in Abs. 1 genannten Feststellungen, die der Unfallbeteiligte durch Anwesenheit ermöglichen soll, sind Maximalvoraussetzungen; d.h. je nach Unfallart sind ggf. solche Feststellungen erforderlich. Eine Unfallverursachung durch das Fahrzeug wird damit nicht vorausgesetzt. Vielmehr ist auch der unbedachte Fußgänger, der Fahrzeuge zum Ausweichen zwingt und dadurch einen Unfall verursacht, nach ganz h.M. ein Unfallbeteiligter.
Stellt man nun auf das Kriterium der Fortbewegung im Verkehr ab, so ist auch derjenige auf öffentlicher Verkehrsfläche ("von A nach B") unterwegs, der seinen Einkaufswagen auf dem Parkplatz zu seinem Fahrzeug lenkt oder sein Fahrrad auf dem Bürgersteig an parkenden Fahrzeugen vorbei schiebt. Ebenso wird man die beim Ein- und Aussteigen angeschlagene Tür noch als Unfall im Straßenverkehr begreifen können, sofern sie sich unmittelbar an das Ein- und Ausparken anschließt. Auch hier besteht noch die typische Gefahr, dass der Schadensverursacher schnell in der Anonymität des Verkehrsflusses verschwindet, also einem Fluchtimpuls nachgibt, dem der Verhaltensbefehl des § 142 StGB gerade entgegenwirken will. Erfolgt der Schaden hingegen aus einem eher statischen Vorgang, wie dem umfangreichen Beladen eines Fahrzeugs oder der Reparatur eines Fahrzeugs, so fehlt die Dynamik des Fortbewegungsvorgangs. Ein Unfall im Straßenverkehr ist deshalb zu verneinen. Denn zum einen fehlt die typische Gefahr des sofortigen Wiedereintauchens in die Anonymität, dem über § 142 StGB entgegengewirkt werden soll. Zum anderen ist die Beweissicherung im Vergleich zu einem sonstigen Schadensfall nicht typischerweise erschwert, s...