" … I. Das LG hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch der Kl. auf Erstattung des ersatzfähigen Schadens i.H.v. 5.666,39 EUR (Schaden 5.966,39 EUR abzüglich Selbstbeteiligung i.H.v. 300 EUR) nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verneint."

1. Das LG hat sich vorliegend mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, davon überzeugt, dass sich der Zeuge W. als Repräsentant der Kl. in Kenntnis des Umstandes, dass ein erheblicher Fremdschaden am Metallzaun entstanden war, von der Unfallstelle entfernt hat. Bei einer Gesamtschau ist die Beweiswürdigung des LG, die ja auch besagt, dass es dem Zeugen nicht glaubt, den Fremdschaden nicht bemerkt zu haben, nicht zu beanstanden. (wird ausgeführt)

Daher ist es nicht zu beanstanden, wenn das LG sich davon überzeugte, dass der Zeuge den offensichtlichen Fremdschaden wahrgenommen hat.

2. Die unterbliebene Mitteilung gegenüber der Bekl., dass beim Unfall auch ein Pfosten des Wildschutzzaunes umgeknickt und der Zaun beschädigte wurde und die weiter unzutreffende Angabe, dass es keine Verletzten gegeben habe, führt vorliegend im Ergebnis auch zur Leistungsfreiheit der Bekl.

a) Das LG ging aufgrund der bereits in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme davon aus, dass sich der Sohn der Kl. mangels feststellungsbereiter Personen nach Ablauf der Wartefrist berechtigt vom Unfallort entfernen durfte. Einwendungen gegen dieses Beweisergebnis wurden nicht erhoben.

b) Zutreffend ist weiter, dass der Sohn der Kl. die erforderlichen Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich gem. § 142 Abs. 2 Nr. 1 StGB ermöglich hat. Indessen führt nicht jeder Verstoß gegen § 142 Abs. 2 StGB zur Leistungsfreiheit.

(1) Eine nachträgliche Mitteilung ist dann noch unverzüglich i.S.v. § 142 Abs. 2 StGB, wenn sie noch den Zweck erfüllt, zugunsten des Geschädigten die zur Klärung der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit notwendigen Feststellungen treffen zu können. Weiteres Zögern ist also vorwerfbar, wenn es geeignet ist, den Beweiswert dieser notwendigen Feststellungen zu beeinträchtigen. Das ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Insoweit können Fahrtauglichkeit und Alkoholisierung von Bedeutung sein, müssen es aber nicht stets. Unfallzeitpunkt, Schadenhöhe und Erreichbarkeit des Berechtigten sind weitere Kriterien. Bei nächtlichen Unfällen mit eindeutiger Haftungslage kann die Unverzüglichkeit je nach Sachverhalt noch zu bejahen sein, wenn der Unfallbeteiligte die Feststellungen bis zum frühen Vormittag des darauf folgenden Tages ermöglicht hat (OLG Köln VRS 64, 116, 118 f.; OLG Hamm VRS 61, 263, 265; BayObLG VRS 58, 406). Das Aufklärungsinteresse des VR wird durch einen Verstoß gegen § 142 Abs. 2 StGB nicht in jedem Falle beeinträchtigt, weil ein Handeln des VN unter Umständen noch zu einem Zeitpunkt genügt, zu dem Erkenntnisse bezüglich des Unfalls nicht mehr in gleicher Weise zu gewinnen sind. Dann sind die Interessen des VR durch die unmittelbar an ihn oder seinen Agenten erfolgende Mitteilung mindestens ebenso gut gewahrt wie durch eine nachträgliche Benachrichtigung des Geschädigten (OLG Karlsruhe VersR 2002, 1021). Der VN, der seinen VR zu einem Zeitpunkt informiert, zu dem er durch Mitteilung an den Geschädigten eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 StGB noch hätte abwehren können, verletzt deshalb allein durch die unterlassene Erfüllung der Pflicht nach § 142 Abs. 2 StGB keine Aufklärungsobliegenheit (BGH VersR 2013, 175).

(2) Vorliegend erfolgte eine Unterrichtung der Bekl. zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem auch durch Mitteilung an den Geschädigten eine Strafbarkeit gem. § 142 Abs. 2 StGB noch hätte abgewehrt werden können.

c) Die Unterrichtung der Bekl. war aber mit einer Obliegenheitsverletzung verbunden, die vorliegend auch zu deren Leistungsfreiheit führt.

(1) Der als Zeuge vernommene Sohn der Kl. bestätigte im Termin vom 4.4.2014, dass er den Zeugen N., der seinerzeit eine Versicherungsagentur betrieb, am Morgen des 18.4.2011 gegen 8.00 Uhr oder 9.00 Uhr davon unterrichtete, dass er einen Unfall hatte, sich darauf ins Büro des Zeugen N. begab, der die Sachbearbeiterin der Bekl. unterrichtete, welche die Fahrzeugbesichtigung durch den Sachverständigen P. veranlasste. Der Sohn der Kl. gab hierbei zwar an, dass er an der Unfallstelle, weil er die Kurve übersehen habe, mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h von der Fahrbahn in die angrenzende Wiese abgekommen sei und der Pkw an einem Erdwall erheblich beschädigt worden sei. Einen Fremdschaden verneinte der Sohn der Kl. trotz Nachfrage und gab den von ihm bemerkten Schaden am Wildschutzzaun nicht an. Der Sohn der Kl. als deren Repräsentant hat damit wie auch bei Beantwortung des ihm später nebst Belehrung gem. § 28 Abs. 4 VVG zugesandten Fragebogens gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, die Fragen nach den Umständen des Schadensfalles wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten. Weiter hat er im Fragebogen angegeben, dass es keine Verletzten gegeben habe...

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