1. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Verletzten bei der Bemessung des Schmerzensgeldes dokumentiert der Vorlagebeschluss als ständige Praxis der Rspr. (Rn 11, 19 und 20).
Auch der vorlegende Strafsenat hatte noch im Jahre 1998 unter Bezugnahme auf vorangegangene Entscheidungen von Strafsenaten des BGH betont, dass bei der Bestimmung der Höhe des Schmerzensgeldes nicht nur die Schwere der Tat und die dadurch verursachten Gesundheitsstörungen, sondern regelmäßig auch die wirtschaftlichen Verhältnisse von Täter und Opfer zu berücksichtigen seien (BGH, Beschl. v. 14.10.1998 – 2 StR 436/08, NJW 1999, 437 unter Hinweis auf BGHR StPO § 403 Anspruch 3, 4; BGH StV 1996, 473). Folge dieser Festlegung der Rspr. war es, dass häufig unzureichende Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Beteiligten die Strafsenate des BGH – jedenfalls was die Höhe der Schmerzensgeldsumme betraf – dazu zwangen, den Ausspruch zur Höhe des Anspruchs aufzuheben. Günstig für die verfahrensökonomische Bewältigung dieser Situation wirkte es sich aus, dass seit der Neufassung des Opferschutzgesetzes vom 18.12.1986 der Senat ein Grundurteil zum Schmerzensgeldanspruch erlassen darf und damit für das weiter fortzusetzende Verfahren nach Teilaufhebung des Schmerzensgeldausspruchs zu einer Abschichtung der allein noch offenen Frage der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldanspruchs gelangen kann (vgl. beispielhaft die Entscheidung BGH NJW 1999, 437).
2. Als Begründung für die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage des Schädigers hatte der 2. Strafsenat in der erwähnten Entscheidung angeführt, dies solle verhindern, dass die Verpflichtung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes zu einer "unbilligen Härte" für den Täter werde. Sollte diese Zumessungserwägung weiterhin angestellt werden, würde damit eine verfehlte Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers vorgenommen. Das stünde zum einen im Widerspruch zu der einleuchtenden st. Rspr., dass der Strafanspruch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit zum Gegenstand hat, den Täter für seine Tat strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Davon zu trennen ist die im Verhältnis von Opfer und Täter durch Bestimmung des Schmerzensgeldes unter Zugrundelegung des Ausgleichsgedankens, ggf. auch des Genugtuungsgesichtspunkts vorgenommene Zuweisung des Schmerzensgeldes für entgangene Lebensfreude (vgl. BGH VersR 1995, 351, 353; OLG Frankfurt OLGR 1998, 257; Jaeger/Luckey, Das Schmerzensgeld, 6. Aufl., Rn 990 und 991, vgl. auch Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldbeträge 2015, S. 19). Die angeblich schmerzensgeldvermindernde Wirkung einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen des zu einer Einbuße an Lebensfreude des Geschädigten führenden Sachverhalts ist auch aus einem anderen Grunde verfehlt:
Die Höhe des Schmerzensgeldbetrags davon abhängig zu machen, ob der Täter durch die Belastung mit diesem zugesprochenen Anspruch "unbillig" belastet werde, wird das Opfer bei Vorliegen einer schwerwiegenden Verletzungshandlung als "Verhöhnung" betrachten (vgl. Jaeger/Luckey, a.a.O., Rn 1351). Mit einer solchen angeblich gebotenen Einwirkung der Zubilligung von Schmerzensgeld auf eine Resozialisierung des Täters wird damit nicht nur die notwendige Trennung von Schmerzensgeld und Strafzumessungserwägung verkannt.
Dass etwa bei schwerwiegenden Vorsatztaten (z.B. von Vergewaltigungen, vgl. BGH NJW 1999, 437) die Verringerungen des "an sich" gerechtfertigten Schmerzensgeldbetrags wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung für den gleichen Lebenssachverhalt und auch daraus resümierender Härten für den Täter eine Reduzierung des zivilrechtlichen Schmerzensgeldanspruchs angezeigt sein solle, lässt sich nicht vermitteln. Diese verfehlte Berücksichtigung von Strafzwecken bei der Bestimmung von Schmerzensgeldbeträgen hat sich nach den Ausführungen von Jaeger/Luckey (a.a.O., Rn 1402–1407) dadurch verschärft, dass bei schwerwiegenden Straftaten im Adhäsionsverfahren unter Billigung des BGH gänzlich unzulängliche Schmerzensgeldbeträge zugesprochen werden.
3. Die Notwendigkeit der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Verletzten ist für nach ausländischem Recht zuzubilligende Schmerzensgeldbeträge oft auch mindernd angenommen worden. Neben der Konstellation, dass ausländisches Recht – oft auch für den Verletzten günstiger als die Anwendung deutschen Rechts – heranzuziehen ist (vgl. OLG Köln NJW-RR 1694, 95), sind die Fallgestaltungen heranzuziehen, dass eine Verletzung eines Ausländers vorliegt, der in sein Heimatland unter "Mitnahme" des Schmerzensgeldes zurückkehren will. Ist die Kaufkraft des Heimatlandes des Verletzten deutlich niedriger als die Deutschlands, wird eine Reduzierung des Schmerzensgeldes wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Verletzten angenommen werden. So nahm das OLG Köln für einen in Polen lebenden Geschädigten an, dass unter Berücksichtigung der damals noch in Polen bestehenden geminderten Kaufkraft st...