Bereits auf dem 50. Deutschen Verkehrsgerichtstag (VGT) im Jahr 2012 wurde die Empfehlung ausgesprochen, Verkehrsunfälle unter Beteiligung von Pedelecs bzw. E-Bikes wissenschaftlich zu untersuchen und statistisch gesondert zu erfassen. Trotzdem mussten Interessierte über das Jahr 2014 hinaus auf die Vorlage valider Ergebnisse warten.
Trotz eines beeindruckenden Detaillierungsgrads hinsichtlich Verkaufszahlen und Inland-Einlieferungen lässt sich die Verkehrsbeteiligung getrennt nach Altersgruppen und Geschlecht nicht darstellen. Vielfach verbreitete Thesen, dass nach wie vor ältere Menschen die größte Gruppe der E-Bike-Käufer darstellen oder ältere Fahrer die Hauptnutzergruppe bilden, bleiben plakativ und sind nicht mit belastbaren Daten belegt. Mit der fortschreitenden Nutzung von Fahrrädern mit Elektroantrieb ergeben sich allerdings auch in der Bundesrepublik neue Herausforderungen für die Verkehrssicherheit. In der Schweiz werden Elektrofahrräder bereits seit 2011 in der Unfallstatistik abgebildet. Erste Ergebnisse zeigen eine erhöhte Schwere im Vergleich zu Fahrradunfällen, auch sind besonders Personen ab 45 Jahren betroffen. Mit validen Verkehrsunfallzahlen ist aber auch dort nicht vor 2017 zu rechnen.
Die Unfallforschung der Versicherer untersuchte gemeinsam mit der Technischen Universität Chemnitz die Mobilität, die Geschwindigkeit und die Verkehrssicherheit von Elektroradfahrern im Vergleich zu Fahrradfahrern in Deutschland. Im Rahmen dieses Projekts wurden Aspekte des Mobilitäts- und Sicherheitsverhaltens von Zweiradfahrern in einer sogenannten "Naturalistic Cycling Study" untersucht. Bei diesem methodischen Ansatz wurden die Zweiräder von Versuchsteilnehmern mit Kameras und zusätzlicher Sensorik ausgestattet, um das "normale" Fahr- und Nutzungsverhalten der jeweiligen Fahrer über einen längeren Zeitraum hinweg dokumentieren zu können. Insgesamt konnten 90 Teilnehmer akquiriert werden, 49 davon waren Nutzer von Pedelecs, weitere 10 Teilnehmer fuhren ein E-Bike. Als Kontrollgruppe nahmen zudem 31 Radfahrer an der Untersuchung teil. Um der aktuellen Nutzerstruktur Rechnung zu tragen, wurden die Teilnehmer zusätzlich auch nach Alter ausgewählt. Jeweils etwa ein Drittel der Teilnehmer war 40 Jahre alt oder jünger, zwischen 40 und 65 Jahre alt oder 65 Jahre und älter. In dem vierwöchigen Erhebungszeitraum wurden insgesamt mehr als 4.000 Fahrten mit einer Gesamtlänge von knapp 17.000 km aufgezeichnet.
Für die Beurteilung der Verkehrssicherheit wurde auf die Art und Anzahl von kritischen Situationen im Straßenverkehr zurückgegriffen. Dazu wurden die Videoaufnahmen von vorher geschulten Beobachtern mittels eines Kategorienschemas ausgewertet. Als kritisch wurde eine Situation dann eingestuft, wenn der Teilnehmer oder der/die Beteiligte sehr wahrscheinlich die Kontrolle über das Zweirad verlieren könnte.
Es traten 202 kritische Situationen auf. In der Untersuchung wurde bei älteren Fahrern keine Häufung kritischer Situationen im Vergleich zu Fahrern anderer Altersgruppen festgestellt. Dies entkräftet die Befürchtung, dass ältere Nutzer aufgrund eingeschränkter körperlicher Fitness oder Beweglichkeit bzw. Defiziten im Reaktionsvermögen in Verbindung mit potenziell höheren Geschwindigkeiten einem gesteigerten Sicherheitsrisiko bei der Pedelec-Nutzung unterliegen. Dies ist umso bemerkenswerter, da vor allem die ältesten Pedelec-Nutzer einen Ausgleich von körperlichen Einschränkungen und mangelnder Fitness als Anschaffungsgrund für ihr Elektrofahrrad angaben. Einschränkend muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Akquise einer Freiwilligenstichprobe dazu beigetragen haben mag, dass verstärkt besonders agile und mobile ältere Personen an der Studie teilnahmen.
Im Fazit kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Pedelec-Nutzer im Vergleich zu Fahrradfahrern keinem erhöhten Sicherheitsrisiko unterliegen. Pedelecs wurden etwas schneller im Straßenverkehr bewegt als klassische Fahrräder, wenn das Alter der Teilnehmer berücksichtigt wurde. Die Fahrenden scheinen die Motorunterstützung in erster Linie einzusetzen, um ähnliche Geschwindigkeiten mit geringerem Aufwand zu realisieren. Anders verhielt es sich bei E-Bike-Nutzern, die deutlich höhere Geschwindigkeiten erreichten als Fahrradfahrer. Dies ging jedoch in keiner Gruppe mit einer erhöhten Anzahl kritischer Situationen einher. Jüngere Pedelec-Nutzer erreichten zudem höhere Geschwindigkeiten als ältere Teilnehmer, die die Hauptnutzergruppe von Pedelecs darstellen. Deren Geschwindigkeit ist mit der Geschwindigkeit von älteren Fahrradfahrern vergleichbar. Generell jedoch hatten die unterschiedlichen Geschwindigkeiten, die Nutzer verschiedener Fahrzeugtypen und Altersgruppen mit dem (Elektro-)Fahrrad erreichten, keine Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit.
Zu vergleichbaren Erkenntnissen kommen Otte et al. bei ihrer Gegenüberstellung der Unfalldaten von 30 verunfallten und verletzten Pedelec-Fahrenden mit den Unfalldaten von ...