OWiG § 78; StVO § 37 Abs. 2
Leitsatz
1. Das Absehen von der Verlesung bzw. Bekanntgabe des wesentlichen Inhalts des Bußgeldbescheides ist in einfach gelagerten Fällen nicht zu beanstanden. Das Interesse der Öffentlichkeit an der Mitteilung des Verfahrensgegenstandes dürfte in aller Regel durch den Inhalt der Verhandlung gewährleistet sein.
2. Derjenige, der bei einer Fahrbahn mit mehreren durch Richtungspfeile gekennzeichneten Spuren mit jeweils eigener Lichtzeichenregelung auf der durch Grünlicht freigegebenen Geradeausspur in eine Kreuzung einfährt und nach Überfahren der Haltelinie auf den durch Rotlicht gesperrten Fahrstreifen für Linksabbieger wechselt, begeht jedenfalls dann einen Rotlichtverstoß und nicht nur eine Zuwiderhandlung gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung, wenn er den Spurwechsel von vornherein zum Zweck des Umfahrens des Rotlichts beabsichtigt hatte. Dabei kommt es für das Vorliegen eines Rotlichtverstoßes nicht darauf an, ob der Entschluss zum Fahrstreifenwechsel vor oder erst nach Passieren der Haltelinie gefasst wurde
OLG Köln, Beschl. v. 7.8.2015 – III-1 RBs 250/15
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Das AG hat die Betroffene wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit gem. §§ 37 Abs. 2, 1 Abs. 2, 49 StVO, §§ 24, 25 StVG zu einer Geldbuße von 600 EUR, zahlbar in monatlichen Raten, verurteilt. Von der Verhängung eines Fahrverbots hat es abgesehen.
Zum Tatgeschehen hat das AG folgende Feststellungen getroffen:
"Die Betroffene befuhr in Begleitung des Zeugen B (Beifahrersitz) in K, Innenstadt, die M-Straße Richtung Norden auf die Kreuzung A-Straße zu. In dieser Richtung verfügt die M-Straße über drei Fahrspuren, wobei die rechte Spur gem. Zeichen 297 mit einem Geradeauspfeil markiert ist. Zusätzlich ist an dem rechts neben dem Haltestreifen befindlichen Ampelmast das Zeichen 214 (nur Geradeausfahrt) angebracht. Die beiden Linksabbiegerspuren sind ebenfalls mit den Zeichen 297 nur für Linksabbiegerrichtung und zusätzlich dem Zeichen 209 (hier links) bezeichnet bzw. beschildert. Die Betroffene näherte sich der Kreuzung M-Straße/A-Straße auf der rechten Spur und hielt an der Haltelinie bei zunächst für sie rotlichtzeigender Ampel an. Links neben ihr stand mindestens ein Fahrzeug, zu späterer Zeit auch mindestens ein Fahrzeug hinter ihr. Der Zeuge C stand als Fußgänger auf dem Gehweg der A-Straße und wollte die M-Straße Richtung Westen (stadtauswärts) überqueren. Seine Fußgängerampel zeigte rot. Der Zeuge wurde auf das Geschehen und die weiteren Abläufe aufmerksam durch ein Hupen. Er sah dann, wie die Betroffene auf der Geradeausspur bei dann für sie grünlichtzeigender Ampel losfuhr, dann im Kreuzungsbereich aber nach links abbog und dort mit dem Fahrzeug der Zeugin Stock zusammenstieß. Diese war ebenfalls auf der M-Straße unterwegs aus Richtung Norden kommend Richtung Süden und überquerte gerade die A-Straße Richtung Süden. Die Linksabbiegerampel aus Fahrtrichtung der Betroffenen zeigte zu dieser Zeit noch rot."
Gegen die Entscheidung des AG wendet sich die Betroffene mit der Rechtsbeschwerde. Das OLG Köln hat das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
2 Aus den Gründen:
"Die gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde begegnet hinsichtlich ihrer Zulässigkeitsvoraussetzungen keinen Bedenken. Sie hat auch in der Sache (vorläufigen) Erfolg, indem sie gem. §§ 353 StPO, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das AG (§ 79 Abs. 6 OWiG) führt."
1. Das angefochtene Urteil ist auf die Verfahrensrüge der Verletzung des §§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 261 StPO aufzuheben, dass die der Entscheidung u.a. zugrunde liegenden Ausdrucke aus Google-maps nicht Gegenstand der Hauptverhandlung waren.
Die Rüge ist vorliegend den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechend in zulässiger Weise erhoben worden. Soweit die Generalstaatsanwaltschaft ihre gegenteilige Auffassung u.a. auf Entscheidungen des Senats stützt, beziehen sich diese ausnahmslos auf Urkunden. Nur insoweit ist aber der Beschwerdeführer gehalten, im Rahmen der Beschwerdebegründung auch auf das Nichtgebrauchmachen von Beweissurrogaten einzugehen. Ausweislich des Sitzungsniederschrift sind die (im Übrigen auch nicht ordnungsgemäß gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO in Bezug genommenen) Google-maps-Ausdrucke in der Hauptverhandlung nicht in Augenschein genommen worden. Da sich das AG wegen der Einzelheiten der Örtlichkeit maßgeblich auf die Darstellung in den Ausdrucken bezogen hat, während die Betroffene auch insoweit geschwiegen hat, vermag der Senat nicht auszuschließen, dass die Entscheidung auf dem gerügten Mangel beruht.
2. Damit bedarf es eines Eingehens auf die weiter von der Betroffenen erhobenen Verfahrensrüge der Verletzung des § 78 Abs. 1 S. 2 OWiG nicht, wonach das AG vorliegend nicht von der Verlesung bzw. Bekanntgabe des wesentlichen Inhalts des Bußgeldbescheides absehen durfte. Der Senat neigt allerdings entgegen Senge (in: KK-OWiG, 4. Aufl., § 71 Rn 71) zu der Auffassung, dass ein solches Vorgehen in einfach gelagerten...