VVG § 59 Abs. 3 § 115 Abs. 1 S. 1 § 117; AVB Vermögensschadenshaftpflichtversicherung Versicherungsmakler § 4 Abs. 3, Nr. 5, Besondere Bedingungen Ziff. 2.1
Leitsatz
1. Zu den haftpflichtversicherten Geschäften eines Versicherungsmaklers gehört die Anlageberatung außerhalb des Bereiches von Versicherungsprodukten nicht.
2. Rät ein Versicherungsmakler dazu, eine bestehende Lebensversicherung aufzulösen, ohne über die Nachteile eines solchen Vorgehens aufzuklären, stellt das die wissentliche Verletzung einer elementaren beruflichen Pflicht dar und schließt den Versicherungsschutz aus.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Köln, Urt. v. 24.7.2015 – 20 U 44/15
Sachverhalt
Der Kl. nimmt die Bekl. als Vermögensschadenhaftpflichtversicherer der insolventen D GmbH in Anspruch. Der Kl. hat behauptet, er habe 2010 auf Anraten eines Mitarbeiters der D zwei bestehende Lebensversicherungen an die Q GmbH verkauft und die Verkaufserlöse i.H.v. 22.280 EUR der F Corp. zum Ankauf von Gold überlassen, wobei innerhalb von 2 Jahren eine Rendite von annähernd 100 % habe erzielt werden sollen. Diese Anlage sei ihm als absolut sicher und ohne Verlustrisiko geschildert worden. Tatsächlich seien die vereinnahmten Geldbeträge für andere Zwecke ausgegeben worden. Der Kl. hat die Rechtsauffassung vertreten, er könne die Bekl. gem. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VVG direkt auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Sowohl die Empfehlung, die bestehenden Lebensversicherungsverträge zu verkaufen, als auch die Empfehlung zur Anlage in Goldgeschäfte unterfielen dem Versicherungsschutz.
2 Aus den Gründen:
" … 1. Hauptantrag"
Mit dem Hauptantrag hat die Klage keinen Erfolg. Mit diesem Antrag macht der Kl. einen Direktanspruch gegen die Bekl. als Vermögensschadenhaftpflichtversicherer der D GmbH, die sich in der Insolvenz befindet, geltend (§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VVG). Dabei handelt es sich nicht um einen versicherungsrechtlichen Anspruch, sondern der Dritte (hier der Kl.) macht seinen Haftungsanspruch gegen den Schädiger unmittelbar gegen den VR geltend. Dieser haftet allerdings nach § 115 Abs. 1 S. 2 VVG nur im Rahmen seiner Leistungspflicht bzw., wenn eine solche nicht besteht, nach § 117 Abs. 1 und 4 VVG. Das bedeutet in der Sache, dass der VR sich gegenüber dem Dritten nicht auf eine Leistungsfreiheit im Verhältnis zum VN (etwa wegen einer Obliegenheitsverletzung) stützen kann. Er kann sich allerdings auch gegenüber dem Dritten auf Leistungsausschlüsse berufen (vgl. nur Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl., § 117 Rn 7 und 27).
Nach § 4 Abs. 3 der vereinbarten AVB besteht grds. kein Versicherungsschutz für die Vermittlung und Empfehlung von Geldgeschäften. Vorliegend allerdings gelten die Besonderen Vereinbarungen für Finanz- und Versicherungsmakler. Der Kl. beruft sich in der Berufungsinstanz nur noch auf das Eingreifen von Ziff. 2.1 dieser Besonderen Bedingungen, wonach für die Ausübung der Tätigkeit als Versicherungsmakler im handelsüblichen Rahmen Versicherungsschutz besteht. Das bedeutet, ausgelegt nach den anerkannten Auslegungskriterien, wonach es auf das Verständnis des durchschnittlichen VN ankommt (vgl. BGHZ 123, 83), dass die üblichen Versicherungsmaklertätigkeiten versichert sind. Das ist nach § 59 Abs. 3 VVG vor allem die gewerbsmäßige Vermittlung oder der Abschluss von Versicherungsverträgen (s. allg. auch § 93 Abs. 1 HGB). Darüber hinaus gehört es zum üblichen Umfang der von einem Versicherungsmakler geschuldeten Leistungen, den VN im Rahmen eines bestehenden Versicherungsverhältnisses zu begleiten und zu beraten (vgl. Römer/Langheid, a.a.O., § 59 Rn 8; Dörner, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., § 59 Rn 74). Dazu mag auch noch gerechnet werden, den VN über die Möglichkeiten der Beendigung eines Versicherungsvertrags zu beraten. Es gehört aber nicht mehr zu den handelsüblichen Tätigkeiten eines Versicherungsmaklers, seinen Kunden über andere Anlagemöglichkeiten außerhalb des Versicherungsbereichs zu beraten. Das ist die Aufgabe von Anlagevermittlern und Anlageberatern.
Die gegenteilige Auffassung des Kl. überzeugt nicht. Die von ihm herangezogene Entscheidung des BGH zur Anwaltshaftung (VersR 1994, 811) betrifft eine andere Fallkonstellation und ist für die hier zu entscheidende Frage nicht einschlägig. Dort ging es darum, ob ihm Rahmen einer zivilrechtlichen Haftung des Anwalts auch atypische Tätigkeiten (nämlich eine Anlageberatung) unter einen Anwaltsdienstvertrag zu fassen sind. Auch im hier gegebenen Fall mag es so sein, dass die D, auch wenn sie mit dem Kl. nur einen Versicherungsmaklervertrag abgeschlossen haben sollte, in dessen Rahmen auch für eine dann tatsächlich vorgenommene unzureichende Anlageberatung außerhalb des Versicherungsbereichs haftet. Vorliegend geht es aber darum, in welchem Umfang eine tatsächlich übernommene Beratungstätigkeit auch vom Versicherungsschutz der bei der Bekl. unterhaltenen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung gedeckt ist. Das richtet sich alleine danach, ob die Tätigkeit, wie es Ziff. 2.1 der Besonderen Bedingungen vorsieht, handelsüblich für einen Ve...