StVO § 37 Abs. 2
Leitsatz
Dem bloßen Überfahren einer der LZA zugeordneten Haltelinie (die ergänzend zu dem durch die LZA gegebenen Halt- und Wartegebot anordnet: “Hier halten') kommt für den Verstoß nach § 37 Abs. 2 StVO keine eigenständige Bedeutung zu. Lediglich hinsichtlich der Berechnung der Rotlichtdauer – insb. der in Nr. 34.2 BKatV genannten Rotphase von mehr als einer Sekunde – kommt es in den Fällen, in denen vor der LZA eine Haltelinie angebracht ist, auf den Zeitpunkt an, in dem der Betr. die Haltelinie überfährt.
OLG Dresden, Beschl. v. 10.11.2016 – OLG 22 Ss 717/16 (Z)
Sachverhalt
Das AG hatte den Betr. wegen vorsätzlichen Rotlichtverstoßes zu einer Geldbuße von 90 EUR verurteilt. Gestützt wurde die Verurteilung auf die Aussage von die LZA gezielt beobachtenden städtischen Bediensteten, die bekundeten, dass die LZA rot angezeigt habe, als das Fahrzeug des Betr. die Haltelinie überquerte. In den weiteren Feststellungen ist zu lesen: "Aus diesem Lichtbild ist erkennbar, dass das Fahrzeug des Betr. die Haltelinie noch nicht vollständig erreicht hat und die LZA noch nicht vollständig auf rot umgeschaltet hat. Es kann deshalb nicht abschließend ausgeschlossen werden, dass die Front des Fahrzeugs des Betr. die Haltelinie bereits gequert hat, obwohl die Lichtzeichenanlage noch nicht vollständig auf rot geschaltet hat. Bei Auswertung der [weiteren] Lichtbilder steht jedoch fest, dass die LZA auf rot geschaltet hat, bevor die Vorderachse des Fahrzeugs des Betr. die Haltelinie überquert hat."
Das OLG Dresden hat den Antrag des Betr. auf Zulassung der Rechtsbeschwerde verworfen.
2 Aus den Gründen:
" … Da gegen den Betr. eine Geldbuße von nicht mehr als 100 EUR festgesetzt worden ist, führt der Antrag nur dann zur Zulassung der Rechtsbeschwerde, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zuzulassen oder wenn das Urt. wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben ist (§ 80 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 2 OWiG)."
Danach kommt hier eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht in Betracht.
1. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zur Fortbildung des materiellen Rechts nicht erforderlich. Der Fortbildung des Rechts obliegt lediglich die Klärung von Rechtsfragen, die in der Rspr. noch offen, zweifelhaft oder umstritten sind. Der Einzelfall muss Veranlassung geben, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen. Derartige Fragen des materiellen Rechts zeigt der Antrag des Betr. weder auf noch sind diese anderweitig ersichtlich. Insb. ist durch den BGH (vgl. Beschl. v. 24.6.1999 – 4 StR 61/99, NZV 1999, 430) bereits Folgendes entschieden: “Ein Rotlichtverstoß liegt vor, wenn gegen das Gebot des § 37 Abs. 2 Nr. 1 S. 7 StVO – “Halt vor der Kreuzung' – verstoßen wird, ein Fahrzeugführer also bei Rotlicht in den durch die LZA gesicherten Bereich, im Regelfall den Kreuzungs- oder Einmündungsbereich einfährt. … Dem bloßen Überfahren einer der LZA zugeordneten Haltelinie (die ergänzend zu dem durch die LZA gegebenen Halt- und Wartegebot anordnet: “Hier halten') kommt insoweit keine eigenständige Bedeutung zu. Zwar verstößt ein Fahrzeugführer, der bei Rotlicht die Haltelinie überfährt, gegen §§ 41 Abs. 3 Nr. 2, 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, wenn er noch vor dem geschützten Kreuzungsbereich anhält. Diese Ordnungswidrigkeit tritt aber hinter dem Verstoß gegen §§ 37 Abs. 2 Nr. 1 S. 7, 49 Abs. 2 Nr. 2 StVO zurück, wenn er anschließend in den durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich einfährt'. Lediglich hinsichtlich der Berechnung der Rotlichtdauer – insb. der in Nr. 34.2 BKatV genannten Rotphase von mehr als einer Sekunde – kommt es in den Fällen, in denen vor der LZA eine Haltelinie angebracht ist, auf den Zeitpunkt an, in dem der Betr. die Haltelinie überfährt (vgl. dazu auch Burmann u.a., Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl., § 37 StVO Rn 30 g m.w.N.).
2. Soweit der Betr. die Verletzung rechtlichen Gehörs wegen des unterlassenen Hinweises des Gerichts an den Betr., dass eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Begehungsweise in Betracht kommt, rügt, hat er dies bereits nicht in der für eine Verfahrensrüge gebotenen Form ausgeführt. Denn nach §§ 344 Abs. 2 S. 2 StPO müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen so genau bezeichnet und vollständig angegeben werden, dass das Beschwerdegericht schon anhand der Rechtsbeschwerdeschrift (ohne Rückgriff auf die Akte) prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, falls die behaupteten Tatsachen zutreffen, wobei eine Bezugnahme auf den Akteninhalt, Schriftstücke oder das Protokoll unzulässig ist (vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 344 Rn 21 m.w.N.). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen des Betr. im Hinblick auf den Umstand genügt, ein entsprechender Hinweis sei in der Hauptverhandlung nicht erteilt worden. Jedenfalls gehört zur ordnungsgemäßen Ausführung einer auf die Verletzung des § 265 StPO gestützten Rüge die Darlegung, dass der Betr. auf die Möglichkeit der Schuldformverschärfung (auch) nicht v...