StVG § 3 Abs. 1 S. 1; FeV § 46 § 13 S. 1 Nr. 1, Nr. 2e; Anlage 4 FeV Ziff. 8.3 8.4; Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung Nr. 3.13.2; GG Art. 12

 

Leitsatz

1. Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit, welche die Fahreignung ausschließt, ohne dass es darauf ankommt, ob die betroffene Person strafrechtlich oder verkehrsrechtlich negativ aufgefallen ist; gem. § 3 Abs. 1 S. 1 StVG und § 46 Abs. 1 S. 1 FeV ist die Fahrerlaubnis deswegen bei bestehender Alkoholabhängigkeit zwingend zu entziehen.

2. Weder ein positives Fahreignungsgutachten noch die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis steht der Berücksichtigung früherer Zuwiderhandlungen (etwa einer Trunkenheitsfahrt) bei Aufgabe der erforderlichen Abstinenz durch erheblichen Alkoholkonsum entgegen.

3. Drängt sich anhand der Vorgeschichte, der erhobenen Befunde und anhand der eigenen Angaben des Betr. zu seinem Umgang mit Alkohol die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit unmittelbar auf, so bedarf es im Rahmen einer diesbezüglichen ärztlichen Begutachtung keiner vertieften Auseinandersetzung mit den Kriterien für eine Alkoholabhängigkeit nach der ICD-10 gem. Nr. 3.13.2 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung.

4. Allein der Umstand, dass der Betr. unter dem Druck des Wiedererteilungsverfahrens ein Jahr lang abstinent gelebt und seit einem erneuten Auffälligwerden unter dem Druck des Entziehungsverfahrens keinen Alkohol mehr konsumiert hat, vermag nicht zu belegen, dass er nicht (mehr) alkoholabhängig ist.

5. Die Entziehung der Fahrerlaubnis eines Alkoholabhängigen stellt regelmäßig keinen unzulässigen oder unverhältnismäßigen Eingriff in dessen Grundrecht auf Berufsfreiheit nach Art. 12 GG dar.

6. Zum Nachweis der dauerhaften Abstinenz sind gem. Tz. 3.13.2 der Begutachtungs-Leitlinien regelmäßig ärztliche Untersuchungen erforderlich, einschließlich der relevanten Labordiagnostik; zudem verpflichtet § 13 S. 1 Nr. 2 Buchst. e FeV die Fahrerlaubnisbehörde dazu, vom Betr. die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu verlangen, wenn zu klären ist, ob Alkoholabhängigkeit nicht mehr besteht, das heißt, ob der Betr. nach seinem Zustand der Alkoholabhängigkeit wieder als geeignet zum Führen von Kfz angesehen werden kann.

OVG des Saarlandes, Beschl. v. 21.12.2017 – 1 B 720/17

zfs 4/2018, S. 239

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