"… . II. … .Die in dem angefochtenen Urt. getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen nach §§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG, 53 StGB nicht."

Aus ihnen lässt sich nicht entnehmen, der Angeklagte habe zu den Tatzeitpunkten nicht über eine gültige Fahrerlaubnis verfügt.

a) Die ihm am 30.12.2004 durch die tschechischen Behörden mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 29.12.2014 erteilte Fahrerlaubnis berechtigt den Angeklagten nach § 28 Abs. 1 S. 1 FeV grds. dazu, im Umfang ihrer Berechtigung Kfz auch im Inland zu führen.

b) Die Feststellungen des LG tragen nicht die Annahme, diese Berechtigung sei wegen Verstoßes gegen das so genannte Wohnsitzerfordernis gem. § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FeV ausgeschlossen.

Danach gilt die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 S. 1 FeV nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellermitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Information zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten, es sei denn, dass sie als Studierende oder Schüler i.S.d. § 7 Abs. 2 die Fahrerlaubnis während eines mindestens sechsmonatigen Aufenthalts erworben haben.

Der EuGH hat insoweit entschieden, dass allein der die Fahrerlaubnis erteilende Staat berechtigt ist, die Einhaltung des Wohnsitzprinzips zu prüfen (Urt. v. 29.4.2004 – C-476/01, Rechtssache Kapper, NJW 2004, 1725, 1727 [= zfs 2004, 287]). Dabei ist der Besitz eines von einem anderen EU-Staat ausgestellten Führerscheins grds. ausreichender Nachweis dafür, dass die in der EG-Führerscheinrichtlinie vorgesehenen Voraussetzungen für die Ausstellung des Führerscheins am Tag der Erteilung der Fahrerlaubnis erfüllt waren (EuGH, a.a.O., 1726).

Der Ausnahmefall des § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 FeV liegt nicht vor, weil in dem am 30.12.2004 ausgestellten tschechischen Führerschein eine tschechische Anschrift nämlich Decin, vermerkt ist.

Der Ausnahmefall des § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 FeV kann nach den Urteilsfeststellungen ebenfalls nicht angenommen werden.

Entsprechende Informationen betreffend den Wohnsitz können nämlich nur verwertet werden, wenn sie sowohl unbestreitbar sind als auch vom Ausstellermitgliedstaat herrühren. Diese Aufzählung der Erkenntnisquellen ist nach der Rspr. des EuGH abschließend. Zwar können Behörden und Gerichte des Aufnahmestaates selbst Informationen beim Ausstellermitgliedstaat einholen, wenn ernstliche Zweifel daran bestehen, dass der Erwerber der Fahrerlaubnis bei deren Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat hatte. So gewonnene Erkenntnisse können aber eben nur dann zur Verweigerung der Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis führen, wenn es sich dabei um vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen handelt, die beweisen, dass der Führerscheininhaber zum Zeitpunkt der Erteilung der Fahrerlaubnis seinen ordentlichen Wohnsitz nicht im Gebiet des Ausstellermitgliedstaates hatte. Solche unbestreitbaren Informationen liegen nur dann vor, wenn bei Heranziehung allein der Informationen des Ausstellermitgliedstaates der Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip so sehr wahrscheinlich ist, dass kein vernünftiger Mensch noch daran zweifelt (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage, § 28 FeV Rn 21, 22 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend aufgrund der in Tschechien eingeholten Informationen bislang nicht hinreichend erwiesen, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis am 30.12.2004 seinen Wohnsitz im Inland hatte.

Die Urteilsgründe teilen insoweit mit, die Auskunft des gemeinsamen Zentrums der deutsch-tschechischen Polizei- und Zollzusammenarbeit in Schwandorf v. 25.10.2010 habe ergeben, dass der Angeklagte in der Zeit v. 10.1.2005 bis 10.1.2006 unter der Anschrift … in Decin zum vorübergehenden Aufenthalt als EU-Bürger gemeldet gewesen sei. Daraus lässt sich nicht mit der für die Annahme “unbestreitbarer' Informationen erforderlichen Sicherheit entnehmen, der Angeklagte habe entgegen dem Ausweis in der Fahrerlaubnis zum Zeitpunkt ihrer Erteilung am 30.12.2004 seinen Wohnsitz im Inland gehabt, und zwar schon deshalb nicht, weil der Mitteilung auch eingedenk des Fehlens weiterer Auskünfte der tschechischen Behörden auf die Anfrage des Landratsamtes des Wartburgkreises vom 20.10.2010 der für einen solchen Umkehrschluss erforderliche abschließende Charakter fehlt.

c) Die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 S. 1 FeV ist auch nicht wegen vorangegangener Entziehung der Fahrerlaubnis gem. § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 FeV ausgeschlossen.

Danach gilt die Berechtigung nach § 26 Abs. 1 S. 1 FeV unter anderem nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht entzogen worden ist.

Diese Norm ist nach der Rspr. des EuGH nur insoweit mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Fahrerlaubnissen der Mitgliedstaaten nach Art. 1 Abs...

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