Mit dem unmittelbaren Besitz gibt der Eigentümer dann nämlich auch für ihn erkennbar das Risiko des Eigentumsverlustes aus der Hand. Sofern er oder sein Besitzmittler das Fahrzeug freiwillig an den nichtberechtigten Veräußerer herausgegeben hat, hält die Rechtsordnung daher grundsätzlich den Erwerber für schutzwürdiger.
Dies folgt aus der negativen Formulierung der §§ 932 bis 934 BGB, welche konstatieren, dass ein Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten grundsätzlich möglich ist, es sei denn, dass der Erwerber zum jeweils maßgeblichen Zeitpunkt ausnahmsweise nicht in gutem Glauben an die Eigentümerstellung des Nichtberechtigten war. Nach der Legaldefinition des § 932 Abs. 2 BGB ist der Erwerber dann nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.
Entscheidend sind in den oben genannten Fällen die Vorstellungen des Erwerbers über die Eigentümerstellung des Veräußerers, § 932 Abs. 2 BGB. Auf die Verfügungsbefugnis des Veräußerers kommt es hierbei nicht an.
I. Maßgebender Zeitpunkt
Der ursprüngliche Eigentümer kann sein Eigentum auch nicht dadurch retten, dass er den Erwerber umgehend über den Sachverhalt aufklärt, sobald er selbst Kenntnis hierüber erlangt. Denn maßgebender Zeitpunkt für den gutgläubigen Erwerb ist die Vornahme des letzten Erwerbsaktes. In der Praxis erfährt der Händler aber regelmäßig zu spät, nämlich durch die Polizeibehörden, von der Sicherstellung des Fahrzeuges beim neuen Besitzer.
II. Kenntnis vom wahren Eigentümer
Die positive Kenntnis des Erwerbers von den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen wird in den seltensten Fällen vorliegen. Doch selbst wenn dies der Fall sein sollte, wird ein dahingehender Beweis oft schwer zu führen sein, da der Erwerber das Fahrzeug behalten will und damit seine Kenntnis vehement bestreiten wird.
III. Fahrlässige Unkenntnis
In den meisten Fällen wird es daher auf die grob fahrlässige Unkenntnis des Erwerbers von der fehlenden Eigentümerstellung des Veräußerers ankommen.
Der ursprüngliche Eigentümer muss hierfür ein Handeln des Erwerbers darlegen und beweisen, bei dem die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden und bei dem dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Hierfür wird das Institut der Nachforschungsobliegenheit bemüht. Inwieweit der Erwerber dabei zur Nachforschung angehalten ist, bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Geschäftsabschlusses im Einzelfall.
1. Sachkunde des Erwerbers
Maßgeblich ist zunächst die Sachkunde des Erwerbers auf dem Kfz-Markt. Während die Anforderungen an die Gutgläubigkeit einer Privatperson beim gelegentlichen Erwerb eines Neufahrzeuges von einem Vertragshändler am geringsten anzusetzen sind – in der Regel bedarf es hierbei nicht einmal der Vorlage des Kfz-Briefes – hat ein Kfz-Händler beim Erwerb eines Gebrauchtwagens von einem Privaten höchste Umsicht walten zu lassen.
Fremde Fahrzeuge werden meist an leichtgläubige Privatpersonen verkauft, weshalb von den denkbaren Abwandlungen im Folgenden allein auf diese Variante abgestellt wird.
2. Mindestvoraussetzungen
Als Mindestvoraussetzung muss sich der private Erwerber sowohl den Kfz-Zulassungsschein, als auch den Originalfahrzeugbrief vorlegen lassen und einsehen, denn erst diese weisen den Besitzer des Kfz als Eigentümer aus. Sofern der Brief vom Veräußerer nicht vorgelegt wird, liegt in der Regel die grob fahrlässige Unkenntnis bereits vor. Im Gegensatz zum oben genannten Neuwagenerwerb ist bei der Veräußerung von Gebrauchtwagen der Brief stets vorzulegen, wobei jedoch die Gepflogenheiten des Gebrauchtwagenhandels zu berücksichtigen sind. Dies ändert an der Vorlageobliegenheit selbst aber nichts, sondern allenfalls am Zeitpunkt der Überprüfung.
Auch kann die Vorlage eines gefälschten Fahrzeugbriefes ausreichen, wobei weitergehende Nachforschungsobliegenheiten erst bestehen, wenn die Fälschung "ohne weiteres und ex ante" als solche erkennbar ist. Schreibfehler und Auslassungen werden dabei von der Rechtsprechung ausdrücklich als nicht unüblich angesehen. Da gefälschte Briefe meist mit gestohlenem Originalpapier erstellt werden und Privatpersonen im Gegensatz zu Händlern solche Urkunden ohnehin selten in Händen halten, kann es auf marginale Abweichungen im äußeren Erscheinungsbild auch nicht ankommen.