ARB 2002 § 3 Abs. 2c
Leitsatz
Rechtsschutz ist nicht ausgeschlossen, wenn ein dem VN zustehender Anspruch nach Eintritt des Versicherungsfalls auf einen Sozialversicherungsträger übergeht und später wieder an den VN zurück übertragen wird.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Hamm, Beschl. v. 23.11.2011 – I-20 U 166/11
1 Aus den Gründen:
"… Der Ausschluss nach § 3 Abs. 2c) ARB 2002 verlangt, dass der Anspruch, für dessen Geltendmachung Rechtsschutz begehrt wird, nach Eintritt des Rechtsschutzfalles auf den VN übertragen worden oder übergegangen ist. So liegt der Fall hier aber nicht. Denn der Kl. will mit der beabsichtigten, insb. auf Feststellung zukünftiger Leistungen aus der von ihm bei der N AG unterhaltenen Berufsunfähigkeitsversicherung gerichteten Klage, für die er von der Bekl. Rechtsschutz begehrt, ein ursprünglich in seiner Person entstandenes und ihm originär zustehendes Recht einklagen. Der Leistungsanspruch gegen die N AG – und damit auch der Rechtsschutzfall – ist (sein Bestehen an dieser Stelle denknotwendig vorausgesetzt) mit Eintritt der behaupteten Berufsunfähigkeit in der Person des im November 2007 entstanden. Erst danach, nämlich mit Schreiben v. 17.7.2009 hat die Stadt B – Sozialamt – durch Überleitungsanzeige an die N AG gem. § 93 Abs. 1 SGB XII bewirkt, dass die Ansprüche auf Leistungen des Kl. wegen Berufsunfähigkeit auf sie übergehen. Vorliegend handelt es sich also im Ausgangspunkt um den umgekehrten, vom Regelungsgehalt des § 3 Abs. 4c) ARB 2002 nicht erfassten Fall: ein ursprünglich dem Kl. als VN zustehender Anspruch ist nach Eintritt des Rechtsschutzfalls auf einen Dritten, nämlich den Sozialversicherungsträger übergegangen."
An diesem Ergebnis ändert auch die spätere Rückübertragung des Anspruches an den Kl. nichts. Denn § 3 Abs. 2c) ARB 2002 ist – wie im Übrigen auch der hier weiter in Rede stehende § 3 Abs. 2d) ARB 2002 – nach der st. Rspr. des BGH von ihrem erkennbaren Zweck her einschränkend auszulegen: Der Zweck geht dahin zu verhindern, dass der nicht versicherte eigentliche Rechtsinhaber in den Genuss der Versicherungsleistung kommt, indem an seine Stelle eine versicherte Person tritt, die den Anspruch geltend macht. Die Klausel will ausschließen, dass ein nicht rechtsschutzversicherter Rechtsinhaber durch rechtliche Gestaltung seine Klagebefugnis auf einen Rechtsschutzversicherten verlagert. In beiden Fällen, sei es durch eine Verlagerung der Prozessführungsbefugnis auf den Rechtsschutzversicherten – etwa durch gewillkürte Prozessstandschaft – oder sei es durch eine Übertragung des Anspruchs nach Eintritt des Versicherungsfalls, würde der Rechtsschutz-VR durch nachträgliche Nutzung rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten mit einem Kostenrisiko belastet, für das er keine Prämien erhalten hat (vgl. BGH VersR 2009, 216 … ).
Was die mit Schreiben der Stadt B v. 14.3.2011 erfolgte Rückübertragung der Ansprüche an den Kl. angeht, wurde letztlich nur die alte Rechtslage (i.e. originäre Forderungsinhaberschaft des Kl.) wiederhergestellt. Ein Fall der (unzulässigen) Übertragung des Anspruchs nach Eintritt des Versicherungsfalls auf den Kl., den § 3 Abs. 4c) ARB 2002 – wie ausgeführt – im Blick hat und durch den die Bekl. durch nachträgliche Nutzung rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten mit einem Kostenrisiko belastet würde, für das sie keine Prämien erhalten hat, liegt darin gerade nicht. Denn hätte die Stadt B von ihrem Überleitungsrecht gem. § 93 SGB XII, das allein in ihrem Ermessen stand und das dem Einflussbereich des Kl. vollständig entzogen war … keinen Gebrauch gemacht, hätte ein Fall des § 3 Abs. 4c) ARB 2002 von vornherein nicht vorgelegen: dem Kl. hätte Rechtsschutz für ein in seiner Person entstandenes und ihm zustehendes Recht zugestanden. Gleiches muss aber dem Sinn und Zweck der Ausschlussklausel nach zugunsten eines VN gelten, dem ein ihm ursprünglich zustehender Anspruch durch – seinem Einflussbereich, wie ausgeführt, vollständig entzogenen – Forderungsübergang gem. § 93 SGB XII zunächst entzogen, später aber wieder zurückübertragen wird: denn die Prämien für den Fall der eigenen Betroffenheit hat er in der Vergangenheit bereits entrichtet, so dass der VR mit einem außerhalb des von ihm übernommenen Risikos liegenden Kostenrisiko letztlich nicht belastet wird. Hinzu kommt, dass der betroffene VN … den Sozialhilfeträger im Rahmen des § 93 SGB XII im Fall – wie hier – bestrittener Forderungen nicht zu einer Übernahme des Prozessrisikos zwingen kann: vielmehr kann der Sozialhilfeträger im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens – z.B. aus fiskalischen Erwägungen – von seinem Überleitungsrecht jederzeit wieder Abstand nehmen … Dies darf nicht zu Lasten des VN gehen, der für den Fall der eigenen Betroffenheit gerade eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen und hierauf auch die entsprechenden Prämien entrichtet hat. …“