Von den Prozessgrundrechten (Gewährung des gesetzlichen Richters, Gleichbehandlung und Willkürverbot, faires Verfahren, effektiver Rechtsschutz und rechtliches Gehör) erweist sich die Beachtung des rechtlichen Gehörs wegen der damit verbundenen erhöhten Richtigkeitsgewähr als bedeutsamstes Prozessgrundrecht. Das erweist sich gerade in der Konstellation der ergänzenden oder ausschließlichen mündlichen Erstattung eines Gutachtens, bei der § 285 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass die Parteien über das Ergebnis der Beweisaufnahme zu verhandeln haben. Die damit angeordnete sofortige Verhandlung im Termin nach der Erstattung des Gutachtens entspricht dem Prozessgrundrecht des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG), führt aber bei einer Unzumutbarkeit sofortiger Stellungnahme der durch die ergänzenden Ausführungen des Gutachters zu einer einem fairem Verfahren (Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3 GG) widersprechenden Verfahrensweise. In dieser Situation kollidierender Prozessgrundrechte gibt das Gebot der Beachtung rechtlichen Gehörs den Ausschlag dafür, dass entweder dem gestellten Antrag auf Gewährung der Schriftsatzfrist zu entsprechen oder ohne diesen gestellten Antrag eine Vertagung anzuordnen ist (Art. 103 Abs. 1 GG; § 227 ZPO). Die nicht sachkundige Partei ist in die Lage zu versetzen, nach Vorliegen des Sitzungsprotokolls und der kritischen Verarbeitung des Beweisergebnisses Stellung zu nehmen (vgl. BGH NJW 1988, 3202; BGH NJW 1982, 1335).
Zur Vorbereitung dieser Stellungnahme ordnet § 279 Abs. 3 ZPO an, dass das Gericht in der sog. Schlusserörterung erneut den Sach- und Streitstand und soweit dies möglich ist, das Ergebnis der Beweisaufnahme mit den Parteien zu erörtern hat. Der im Einzelnen streitige Umfang dieser Pflicht zur Erörterung (vgl. hierzu Greger, JZ 2004, 810) erfasst in jedem Falle die Darlegung des Gerichts, ob die Beweisbehauptung geklärt ist oder ob es weiterer Beweismittel bedarf (vgl. Prechtel, Erfolgreiche Taktik im Zivilprozess, 3. Aufl., 435). Bei einem Unterlassen dieser Erörterung liegt ein Verfahrensfehler des Gerichts vor, sodass das Beweisergebnis nicht im Urt. verwertet werden darf (BGH MDR 2001, 830; BGH NJW 1990, 121). Allerdings ist in rügelosem Verhandeln ein wirksamer Verzicht auf Beweisverhandlung gem. § 295 ZPO zu sehen (vgl. BGHZ 63, 94, 95; Prechtel, a.a.O.). Der Prozessbevollmächtigte sollte darauf bestehen, dass das Fehlen einer Erörterung im Sitzungsprotokoll festgehalten wird, um die Heilungswirkung des § 295 ZPO auszuschließen.
Fehlt in der Sitzungsniederschrift der Vermerk, dass erörtert worden ist, gilt die Verhandlung wegen der formellen Beweiskraft des Sitzungsprotokolls als unterblieben (vgl. BGH MDR 2001, 830; E. Schneider, MDR 2001, 781; Prechtel, a.a.O. 436). Die Nichtprotokollierung begründet nach § 165 ZPO den Schluss, dass die Parteien keine Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme hatten (vgl. BGH NJW 1990, 121; vgl. auch OLG Frankfurt FamRZ 1982, 808, 810).
RiOLG a.D. Heinz Diehl, Neu-Isenburg