" … Die selbstständigen Berufungen beider Seiten sind jeweils statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat die Berufung des Kl. jedoch gar keinen und die Berufung der Bekl. nur geringfügigen Erfolg, nämlich lediglich insofern, als sich die Bekl. (auch) gegen die landgerichtliche Verurteilung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung wenden (dazu Ziff. 2). Ohne Erfolg beanstanden die Parteien demgegenüber zuvorderst die landgerichtliche Haftungsquotierung und machen weiterhin eine Alleinverantwortlichkeit der jeweils anderen Seite für die Unfallfolgen geltend (dazu unter Ziff. 1).
1. Zu Recht hat das LG mit dem angefochtenen Urteil der auf Schadensersatz infolge eines Verkehrsunfalls v. 13.5.2011 in M an der Einmündung der K- in die R-Straße gerichteten Klage nur unter Zugrundelegen einer Haftungsverteilung von 2/3 : 1/3 zu Lasten des Kl. stattgegeben. Die dagegen von beiden Parteien mit ihren jeweils selbstständigen Berufungen vorgebrachten Bedenken rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.
a) Eine Unabwendbarkeit des streitgegenständlichen Unfalls gem. § 17 Abs. 3 StVG hat das LG zu Recht für keinen der Unfallbeteiligten festzustellen vermocht.
b) Im Rahmen der danach vorzunehmenden Haftungsabwägung gem. § 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG ist vorliegend von einem überwiegenden Verursachungsbeitrag des Kl. zu dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall auszugehen, dem das LG durch eine Haftungsverteilung von 2/3 : 1/3 zutreffend Rechnung getragen hat.
aa) In Konkretisierung der allgemeinen Sorgfaltsanforderungen des § 1 StVO, beruhend auf dem Gedanken ständiger Vorsicht und gegenseitiger Rücksichtnahme gebieten § 11 Abs. 1 und 3 StVO im Falle von Verkehrsstauungen dem – an sich – Vorrangberechtigten durch – ausnahmsweisen – Vorrangverzicht zur Entwirrung verwickelter Verkehrslagen beizutragen (so die Gesetzes-Begründung, zit. nach König in: Hentschel/Dauer/König, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 11 StVO, Rn 5). Sie sind damit Ausfluss der übergeordneten Grundregel, dass Verkehrsregeln nicht ins Gegenteil des Bezweckten umschlagen dürfen und stellen dementsprechend auch keine Ausnahmevorschriften dar (König a.a.O.).
Daraus folgt im Interesse der Verkehrssicherheit die allgemein anerkannte, klare und eindeutige Regel, dass ein Kraftfahrer, der bei Grünlicht in eine Kreuzung einfahren will, zunächst dem in der Kreuzung "hängengebliebenen" Querverkehr die Möglichkeit geben muss, die Kreuzung zu verlassen. Mit anderen Worten: Nachzüglern muss, um Stauungen zu vermeiden, die Möglichkeit gegeben werden, die Kreuzung alsbald zu verlassen (sog. Vorrecht des Kreuzungsräumers; st. Rspr., vgl. BGH VersR 1961, 524; VRS 34, 358; BGHZ 56, 146).
Infolgedessen ist bei einem Unfall auf einer Kreuzung, auf welcher der Fahrzeugverkehr durch eine Lichtzeichensignalanlage geregelt ist, und bei dem es zu einem Zusammenstoß zwischen einem Fahrzeug, das bei dem Umschalten der Ampel auf "grün" anfährt, und einem Fahrzeug des Querverkehrs, das die Kreuzung räumen will, in der Regel von einer überwiegenden Verursachung des in die Kreuzung einfahrenden Querverkehrs auszugehen bzw. sogar von der Alleinschuld von dessen Fahrer, wenn dieser den Kreuzungsräumer rechtzeitig erkennen konnte oder aus dem Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer mit Kreuzungsräumern rechnen musste (vgl. KG VerkMitt 1993, Nr. 27; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 37 StVO, Rn 61 m.w.N.). Das gilt erst recht, wenn der Einfahrende den Kreuzungsräumer sogar positiv wahrgenommen hat (vgl. KG NZV 2004, 574). Räumt der Nachzügler die Kreuzung allerdings nicht mit der gebotenen Sorgfalt, so haftet er mit (König, a.a.O., m.w.N.).
bb) Nach diesen Maßstäben hat das LG im Rahmen der gem. § 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG vorzunehmenden Abwägung zu Recht angenommen, dass der Kl. den streitgegenständlichen Unfall überwiegend verschuldet hat.
(1) Ausweislich der vom Kl. selbst vorgelegten Lichtbilder handelte es sich bei dem vom Bekl. Ziff. 1 seinerzeit gesteuerten (Groß-)Lkw (a) um einen etliche Meter langen, der nach Sachlage, ausgehend (b) von der dokumentierten Unfallendstellung, (c) der Länge der Streifschäden am klägerischen Pkw und (d) einem – zumindest – gewissen Abstand zu diesem Fahrzeug unmittelbar vor der Kollision – beim Anfahren des Lkw jedenfalls noch einen erheblichen Teil des Einmündungs-/Kreuzungsbereichs ausfüllte. Der vor dem Lkw verbliebene (Sicherheits-)Abstand zu dem vom Zeugen ( … ) gesteuerten – habe er nun 2 m oder 3 m betragen (wie vom Zeugen ( … ) vorgerichtlich gegenüber der Polizei bzw. bei seiner Vernehmung durch das LG zu Protokoll gegeben) – reichte jedenfalls unstreitig nicht aus, um sich mit dem – wie im Berufungstermin unwidersprochen thematisiert – rund 4,80 m langen Pkw des Kl. vollständig in den auf der R-Straße kurzzeitig stehenden Verkehr einzugliedern. Angesichts dessen hätte der Kl. – trotz (unterstellt) grünen Lichtzeichens – gem. § 11 Abs. 1 StVO von vornherein auf ein Einfahren in die Kreuzung einstw...