"" … Der Kl. steht gegen die Bekl. ein Anspruch auf Deckungsschutz zur Verfolgung deliktischer Schadensersatzansprüche gegen die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen der G-Gruppe im beantragten Umfang zu."
3. Dem Anspruch auf Versicherungsschutz steht nicht die Vorvertraglichkeit des Rechtsschutzfalls entgegen (§ 4 Abs. 1 S. 1 lit. a ARB 94).
a. Der Privat-, Berufs- und Familienrechtsschutz umfasst nach § 26 Abs. 3 ARB 94 die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen nach § 2a ARB 94. Rechtsschutz erhält die Kl. unter der Voraussetzung, wenn sich der dem Haftpflichtstreit zugrunde liegende Rechtsschutzfall in versicherter Zeit, d.h. ab dem 1.2.1999 ereignet hat. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 lit. a ARB 94 gilt bei Schadensersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen als Versicherungsfall das erste Ereignis, durch das der Schaden verursacht wurde oder verursacht worden sein soll, wenn die Voraussetzungen nach Beginn des Versicherungsschutzes gem. § 7 und vor dessen Beendigung eingetreten sind. Bestehen Zweifel, ob der Versicherungsfall innerhalb der versicherten Zeit eingetreten ist, trägt der VN die Darlegungs- und Beweislast (OLG Saarbrücken VersR 1993, 876; OLG Celle RuS 1993, 303; Maier, in: Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Aufl., 2010, § 4 ARB 2000 Rn 2). Dabei kommt es für den Eintritt des Versicherungsfalls darauf an, mit welchem Tatsachenvortrag der VN den Schadensersatz begründet (BGH NJW 2003, 1936 – juris Tz. 9; Maier, in: Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Aufl., 2010, § 4 ARB 2000, Rn 15). Im Streitfall stützt die Kl. das Bestehen ihrer Schadensersatzansprüche gegen die Haftpflichtigen auf die Erstellung falscher Testate (1993) über die Tragfähigkeit des Beteiligungsmodells der G-Gruppe und damit – auch – auf ein Handeln der Haftpflichtigen vor Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrags.
b. Die Auslegung von § 4 Abs. 1 S. 1 lit. a ARB 94 ergibt, dass das den Versicherungsfall i.S.d. § 4 Abs. 1 S. 1 lit. a ARB 94 darstellende Erstereignis einen fassbaren Bezug auch zur Person des VN voraussetzt. Als Erstereignis sind daher vom Haftpflichtigen zurechenbar gesetzte Ursachen zu betrachten, die den Eintritt eines Schadens gerade für den VN wahrscheinlich machen.
Versicherungsbedingungen sind nach der st. Rspr. so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGH VersR 2001, 489; BGH VersR 2003, 454). Eine systematische Auslegung, aber auch die Entstehungsgeschichte der Bedingungen haben auch dann außer Betracht zu bleiben, wenn ihre Berücksichtigung zu einem dem VN günstigen Ergebnis führen würde (BGH NJW 2003, 139).
Der durchschnittliche VN wird erwägen, ob die Klausel dazu dienen kann, für den VR das Risiko einer Leistungsverpflichtung bei wegen Zeitablauf schwer aufzuklärenden Sachverhalten zu begrenzen. Dabei wird er aber einerseits bedenken, dass sich diese Erschwernis für den VR auch verwirklichen kann, wenn der Versicherungsvertrag eine entsprechend lange Laufzeit aufweist, ohne dass gerade diese Belange des VR hier hinreichend gewahrt werden könnten. Andererseits muss ihm ein Blick auf die Bestimmung des § 4 Abs. 2 ARB 94 den Eindruck vermitteln, als käme es dem VR nicht darauf an, Rechtsschutzfälle, die bei Beginn des Versicherungsschutzes schon länger als ein Jahr zurückliegen, ohne dass sich hieraus ein Rechtskonflikt ergeben hat, auf jeden Fall vom Versicherungsschutz auszuschließen.
Der durchschnittliche VN geht vom Wortlaut der Klausel aus. Danach kommen auch vor Abschluss des Versicherungsvertrags liegende Umstände als erste Ereignisse i.S.d. Klausel in Betracht. Der VN wird erkennen, dass die streitige Klausel nicht voraussetzt, dass ein Fortsetzungszusammenhang zwischen der ersten Ursache und dem Schadenseintritt bestehen müsse oder dass der Schaden erst nach Vertragsschluss vorhersehbar geworden sei; sie verlangt nach ihrem Wortlaut nicht einmal, dass das erste Kausalereignis von dem Haftpflichtigen gesetzt worden ist, der auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden soll. Damit nimmt die Klausel in außerordentlich weitem Umfang, der auch durch das Erfordernis der Adäquanz des Kausalzusammenhangs nicht wesentlich eingeschränkt wird, Schäden von der Versicherbarkeit in der Rechtsschutzversicherung aus (BGH NJW 2003, 139 – Tz. 12; Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. § 4 ARB 2008/II, Rn 4; Maier, in: Harbauer, Rechtsschutzversicherung, 8. Aufl., 2010, § 4 ARB 2000 Rn 14). Der verständige VN wird erkennen, dass der Wortlaut von § 4 Abs. 1 S. 1 lit. a ARB 94 zu weit gefasst ist und Versicherungsschutz des § 2a ARB 94 bei einer rein am Wortlaut orientierten Auslegung faktisch leer läuft, so dass der VN auch den Sinnzusammenhang und den Zweck der ...