BGB § 434 § 437 Abs. 1 Nr. 2 und 3
Leitsatz
1. Für den Rücktritt vom Pkw-Kaufvertrag ist eine Fristsetzung zur Nachbesserung nur entbehrlich, wenn mindestens zwei fehlgeschlagene Nachbesserungsversuche vorgelegen haben und zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der Mangel noch bestanden hat.
2. Schließt ein Kfz-Sachverständiger aus dem Zustand des Lenkrades, der Sitze, des Schalthebels und des gesamten stark verschmutzen und verschlissenen Innenraums eines Fahrzeugs, dass die tatsächliche Laufleistung höher sein muss, als die Angaben im Kaufvertrag, ist nicht zu beanstanden, wenn das Gericht diese Schlussfolgerung als rein spekulativ betrachtet und keine Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit von der Sollbeschaffenheit annimmt.
OLG Koblenz, Hinweisbeschl. v. 7.11.2013 – 3 U 751/13
Sachverhalt
Die Bekl. zu 2) und zu 3) betrieben die Bekl. zu 1), die an den Kl. einen gebrauchten PKW mit einer im schriftlichen Kaufvertag angegebenen Gesamtfahrleistung von 113.850 KM zu einem vereinbarten Kaufpreis von 7.750 EUR verkaufte. Der Kl. hat die Verurteilung der Bekl. zur Rückzahlung des Kaufpreises sowie Schadensersatz Zug um Zug gegen Abholung des PKW verfolgt. Der Kl. hat vorgetragen, nach der Übergabe des Fahrzeugs habe das Getriebe die Gänge nicht geschaltet, die Einspritzdüsen seien defekt gewesen und hätten nicht genügend Kraftstoff in den Motor eingespritzt, so dass dieser keine Leistung aufgewiesen habe. Die Benzinpumpe sei defekt gewesen, so dass der Motor nicht ausreichend mit Sprit versorgt worden sei. An Stelle des üblichen Verbrauchs von acht bis neun Litern habe das Fahrzeug vierzehn bis sechszehn Liter verbraucht. Weiterhin habe sich nach Fahrtantritt nach der Übergabe des Fahrzeugs der Defekt des Tachos gezeigt. Insb. habe der Tacho die zurückgelegte Fahrtstrecke nicht mehr angezeigt. Daraus lasse sich schließen, dass das Fahrzeug nicht lediglich die im Kaufvertrag angegebene Fahrleistung aufgewiesen habe. Vielmehr habe das Fahrzeug über 300.000 km zurückgelegt gehabt. Sämtliche Mängel habe er gegenüber dem Bekl. gerügt, die den Wagen zweimal in Reparatur genommen habe. Die Mängel seien allerdings nach wie vor vorhanden gewesen. Der Bekl. zu 2) hat behauptet, der Kl. sei nach der Übergabe des Fahrzeugs in seiner Werkstatt vorstellig geworden und habe erklärt, dass das Getriebe nicht ordnungsgemäß schalte. Eine Überprüfung dieses angeführten Mangels in einer Fachwerkstatt habe keine Feststellungen ergeben. Nach weiteren zehn Tagen sei der Kl. erneut erschienen und habe mitgeteilt, dass die Reifen des PKW durchdrehten und das Auto rutsche. Die Überprüfung habe keine Mängel ergeben. Der Kl. habe zu keinem Zeitpunkt unter Setzung einer angemessenen Frist eine Mängelbeseitigung gefordert. Mängel des Fahrzeugs lägen nicht vor.
Nach Erlass eines Versäumnisurteils gegen den Bekl. zu 2) hat das LG Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erhoben, das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
In dem Hinweisbeschluss führte das gegen die Klageabweisung angerufene BG aus, dass die Berufung des Kl. keine Aussicht auf Erfolg habe.
2 Aus den Gründen:
"Dem Kl. stehen gem. § 437 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BGB i.V.m. § 434 BGB keine Gewährleistungsansprüche gegen den Bekl. zu 2), weder auf Rückgängigmachung des Kaufvertrags noch auf Schadensersatz zu. Der Kl. hat im Rahmen der vom LG durchgeführten Beweisaufnahme nicht den Nachweis erbringen können, dass der verkaufte PKW Mercedes Benz bei Gefahrübergang nicht die nach dem Vertrag vereinbarte Beschaffenheit hatte."
Der Rücktritt vom Kaufvertrag setzt gem. §§ 437 Abs. 1 Nr. 2, 323 BGB voraus, dass bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbracht hat und der Gläubiger dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Die vom LG vernommenen Zeugen HB und AB vermochten nicht zu bestätigen, dass die vom Kl. geschilderten Mängel sämtlich gegenüber dem Bekl. gerügt worden seien und der Bekl. zu 2) den PKW Mercedes Benz dann zunächst drei bis vier Tage in Reparatur und schließlich erneut zur Reparatur hereingenommen habe. Der Sohn des Kl., der Zeuge AB, habe lediglich bekundet, dass am Kofferraum eine Dichtung gefehlt und der PKW beim Wechseln der Gänge Schwierigkeiten gehabt habe. Außerdem habe ein Zweitschlüssel gefehlt. Nach einer Woche habe sein Vater den PKW nochmals überprüfen lassen. Der Zeuge AB habe zwar bekundet, sein Vater habe schließlich nochmals Mängel bei dem Bekl. gerügt, der Bekl. habe die Mängel am Telefon jedoch bestritten.
Aus den Bekundungen des Zeugen AB lässt sich mit dem LG jedoch nicht entnehmen, dass die Bekl. unter Fristsetzung aufgefordert worden wären, die vom Kl. geschilderten Mängel zu beheben. Das LG ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zutreffender Weise zu der Überzeugung gelangt, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Bekl. eine Mängelbeseitigung abgelehnt hätten. Eine Frist zur Nachbesserung war auch nicht entbehrlich. Für den Rücktritt vom Pkw-Ka...